Lausitzer Rundschau: Sieg für die Kleinen Zur Aufhebung der Drei-Prozent-Hürde für die Europa-Wa

Lausitzer Rundschau: Sieg für die Kleinen

Zur Aufhebung der Drei-Prozent-Hürde für die Europa-Wahl

ID: 1025299
(ots) - Wieder einmal hat das Bundesverfassungsgericht dem
Berliner Politikbetrieb eine satte Rüge erteilt. So wie schon beim
großen Lauschangriff und bei der Vorratsdatenspeicherung setzten die
obersten Richter auch gestern wieder ein Stoppzeichen gegen die allzu
große Laxheit des Gesetzgebers im Umgang mit dem Grundgesetz. Diesmal
wegen der erst vor einigen Monaten beschlossenen Drei-Prozent-Hürde
für die Europa-Wahl. Dabei hätten es alle politisch Beteiligten ahnen
können. Schon 2011 kippte das Gericht die Fünf-Prozent-Hürde und
erklärte dabei unmissverständlich, dass jegliche Wahlbenachteiligung
von Parteien beim Urnengang für Europa zu unterlassen sei. Doch die
Bundestagsfraktionen mit Ausnahme der Linken scherten sich einen
Dreck darum. Sie zimmerten ein Gesetz nach der abenteuerlichen
Devise, dass sich ein Fahrverbot umgehen lässt, wenn man nur ein
kleines Auto benutzt. Kurzum, die Politik war ignorant und blind.
Deshalb ist sie in Karlsruhe gegen die Wand gefahren. Dabei ist der
Richterspruch selbst keineswegs unproblematisch. Und die Frage, wie
wenig oder wie viel Demokratie es braucht, damit sie ordentlich
funktionieren kann, auch noch nicht hinreichend beantwortet. Im
Grundsatz besteht natürlich die Gefahr der Zersplitterung, wenn auch
kleinste Parteien ins Parlament einziehen können. Im Europa-Parlament
sind allerdings ohnehin schon mehr als 160 Parteien vertreten. Auf
ein paar mehr wird es da kaum ankommen. Zumal es in Straßburg ja auch
keine klassischen Fraktionen gibt, die sich der Unterstützung einer
Regierung verschrieben haben. Auf der anderen Seite war es für
Mini-Gruppierungen wie die ÖDP oder Tierschutzpartei immer von großem
Nachteil, wegen der Drei- oder Fünf-Prozent-Hürde praktisch von
vornherein chancenlos zu sein. Gute Wahlkandidaten lassen sich so
kaum finden. Von bereitwilligen Großspendern ganz zu schweigen. Und


die Wähler halten ihre Stimme für verschenkt. Mit dem Karlsruher
Richterspruch verändert sich diese Situation nun fundamental. Denn
bei 96 Abgeordneten, die Deutschland in Straßburg stellt, genügen
künftig nur noch rund ein Prozent der Stimmen, um ins
Europa-Parlament einzuziehen. Das ist die neue Hürde, mit der sich
die Aussichten der Kleinen natürlich erheblich verbessern und die
auch einem gesellschaftlichen Trend Rechnung trägt: der wachsenden
Individualisierung und der nur noch mäßigen Bindungskraft der großen
Volksparteien. Vor diesem Hintergrund muss das Karlsruher Urteil -
obwohl ganz auf Europa fokussiert - dann auch unweigerlich zu einer
Debatte über die Fünf-Prozent-Hürde bei Bundestagswahlen führen. Beim
jüngsten Urnengang waren immerhin rund 15 Prozent der Stimmen unter
den Tisch gefallen, weil sie sich allesamt auf Parteien verteilten,
die unter dieser Marke blieben. "Verlorene Stimmen" also, von denen
aber die größeren Parteien profitierten. Denn ihnen wurden sie am
Ende zugeschlagen. Im Bundestag bleibt ja kein Mandat unbesetzt.
Angesichts dieser Entwicklung macht es schon Sinn, über eine
niederschwelligere Hürde nachzudenken, bevor auch dazu womöglich
Karlsruhe durch Klagen animiert wird. Inzwischen ist die Demokratie
im Land so gefestigt, dass sie eine größere Anzahl von Parteien im
Bundestag durchaus aushalten würde. Allerdings sollten sich die
Anhänger kleiner Gruppierungen trotzdem nichts vormachen. Der
demokratische Parteienstaat funktioniert über die Bildung von
parlamentarischen Fraktionen. Voraussetzung dafür sind gemeinsame
politische Grundüberzeugungen ihrer Mitglieder, mindestens die
Fähigkeit zum Kompromiss. Viele Kleinstparteien sind dazu nicht
fähig, weil zu radikal. Ein Votum für einflusslose Einzelkämpfer aber
wäre am Ende dann genauso eine "verlorene Stimme" wie die, die durch
die Fünf-Prozent-Hürde aussortiert wird.



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Datum: 26.02.2014 - 20:40 Uhr
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