DER STANDARD-Kommentar: "Die Fesselung der Wissenschaft" von Alexandra Föderl-Schmid
ID: 1043107
Redewendung stammt aus einem Brief des französischen Diplomaten Graf
Joseph Marie de Maistre, der ein Gegner der Französischen Revolution
war und einen restaurativen Monarchismus vertrat. Wie Monarchen
verhalten sich Bundeskanzler und Vizekanzler, wenn es darum geht,
sich mit dem Volk oder seinen Vertretern im Parlament
auseinanderzusetzen - weshalb sie einen Untersuchungsausschuss
blockieren.
Das ist nicht anders, wenn es um ein ganz spezielles Volk geht,
die Denker des Landes. Knapp 50.000 haben bis Freitagnachmittag die
am 17. März gestartete Online-Petition "Österreich braucht
Wissenschaft und Wissenschaft braucht öffentliche Finanzierung"
unterzeichnet. Darin wird nicht zur Revolution aufgerufen, sondern
dazu, die "Mindestforderung von Bundesminister Mitterlehner für die
Leistungsvereinbarungsperiode von 2016 bis 2018" zu erfüllen: 1,6
Milliarden Euro. "Dieser Betrag ist zwar geringer, als angesichts
zunehmenden internationalen Wettbewerbs nötig wäre, damit können die
Universitäten zumindest ihren Betrieb aufrechterhalten, es können
verbesserte Studienbedingungen geboten werden, FWF und ÖAW erhalten
eine gesicherte Mindestbasis und können mehr Mittel für die
Grundlagenforschung zur Verfügung stellen", heißt es nüchtern.
Damit wird bei Budgetverhandlungen nur das eingefordert, was die
Politik versprochen hat. Die Petition ist ein Appell von
Wissenschaftern. Für Spindelegger ist das schon ein Aufbegehren, das
er sich verbittet. In der televisionären Welt lässt der Monarch in
"Wir sind Kaiser" immerhin bitten und empfängt seine Untertanen, im
realen Österreich verweigern Kanzler und Vizekanzler eine Audienz.
Der Kanzler ließ den Initiatoren ausrichten, er nehme generell
keine Petition an. Vizekanzler Spindelegger bot zuerst einen Beamten
an und dann seinen Staatssekretär Jochen Danninger. Die Bittsteller
für einen Fünf-Minuten-Termin sind international renommierte
Wissenschafter wie Quantenphysiker Anton Zeilinger, der auch
Präsident der Akademie der Wissenschaften ist, die langjährige Chefin
des Europäischen Forschungsrats, Helga Nowotny, und die Chefin des
Wissenschaftsfonds FWF, Pascale Ehrenfreund.
Es ist ein Affront, wenn sich die Regierungsspitzen nicht die Zeit
nehmen, die führenden Köpfe des Landes anzuhören. Das zeugt von
Ignoranz gegenüber Wissenschaft und Forschung. Dazu passt, dass der
Finanzminister den Universitäten ausrichten hat lassen, er wolle
zuerst über Leistungsvereinbarungen und erst dann übers Geld für die
nächste Periode sprechen - nach Meinung der Rektoren ein klarer
Gesetzesverstoß.
Österreich leidet seit Jahren an massivem Braindrain, bis zu
10.000 Hochqualifizierte verlassen pro Jahr das Land - fast jeder
Achte, der hier ausgebildet wurde. Umgekehrt erhielten 2013 von 1700
Graduierten aus Nicht-EU-Staaten nur 214 eine Rot-Weiß-Rot-Card, um
hier arbeiten zu können. Die vergleichsweise starke Abwanderung
Hochqualifizierter hat auch Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort
Österreich. Es geht um Arbeitsplätze und Finanzen - das sollte einen
SPÖ-Chef und einen ÖVP-Vorsitzenden, der im Wahlkampf versprochen
hat, die Wirtschaft zu entfesseln, interessieren. Die Wutbürger
wählen Petitionen, um den Regierenden außerhalb von Wahlzeiten ihre
Meinung kundzutun.
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Datum: 04.04.2014 - 19:01 Uhr
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Es ist ein Affront der Regierungsspitze, den Dialog mit Forschern zu verweigern (Ausgabe ET 05.04.20
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