WESTERWELLE-Interview für die "Passauer Neue Presse
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WESTERWELLE-Interview für die "Passauer Neue Presse"
Frage: General Motors ist offenbar bereit, Opel zu verkaufen. Ein guter Tag für Deutschland?
WESTERWELLE: Ich rate von vorschnellem Jubel ab. Wie immer sind es die vertraglichen Details und die Bedingungen, um die es jetzt gehen wird. Ich hoffe darauf, dass die Opel-Beschäftigten eine sichere Zukunft haben. Dass die Arbeiter jetzt erstmal vorsichtig abwarten, was tatsächlich herauskommt, kann ich gut verstehen. Die Bundesregierung hat sehr früh auf nur einen Bieter gesetzt ? das hat ihre Verhandlungsposition nicht gestärkt.
Frage: Themenwechsel: Schwarz-Gelb verliert laut Umfragen in der Wählergunst. Dabei ist die FDP relativ stabil. Hat die Union auf die falsche Strategie für den Wahlkampf gesetzt?
WESTERWELLE: Es gibt in der Union zuviel Wackelei. Viele setzen insgeheim auf die Fortsetzung der großen Koalition. Das ist ein Fehler. Die FDP will Schwarz-Rot beenden und eine Linksregierung verhindern. Wir setzen ohne Wenn und Aber auf eine bürgerliche Regierung. Diese Klarheit fehlt der Union leider. Das zeigen die irrationalen Attacken der CSU auf die FDP.
Frage: CSU-Chef Horst Seehofer vermisst bei der FDP die soziale Balance. Nach viel Begeisterung für schwarz-gelbes Regieren klingt das tatsächlich nicht...
WESTERWELLE: Von diesen Fingerhakeleien lassen wir uns nicht beeindrucken. Wer Schwarz-Gelb will, muss die FDP wählen. Wo wir regieren, geht es den Bürgern besser. Mittlerweile sitzt die FDP, wenn Sachsen hinzukommt, in den sechs größten Bundesländern mit am Kabinettstisch. Wir verbinden wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit miteinander. Die Union muss wissen, welchen Wahlkampf sie führt. Wir schießen auf das richtige Tor: Der Gegner steht links.
Frage: Geht die FDP nach 1998, 2002 und 2005 ein weiteres Mal in die Opposition, sollte es für Schwarz-Gelb nicht reichen?
WESTERWELLE: Wenn die Bürger sich nicht für eine bürgerliche Formation entscheiden würden, hätten wir wieder eine linke Mehrheit im Bundestag ? mit SPD, Grünen und Linkspartei. Dann werden wir auch eine linke Regierung bekommen ? vielleicht noch mit einer schwarz-roten Übergangsregierung. Die SPD wird unmittelbar nach der Bundestagswahl einen Generationswechsel einleiten: Herr Steinmeier und Herr Müntefering werden dann keine Rolle mehr spielen. Herr Wowereit, Frau Nahles und Herr Gabriel übernehmen. Alle drei haben mit Linkskoalitionen nicht das geringste Problem. Frau Ypsilanti lässt grüßen.
Frage: Reicht es nicht für Schwarz-Gelb, wäre auch Ihr Traum vom Amt des Außenministers geplatzt...
WESTERWELLE: Ich kämpfe nicht für eine bürgerliche Mehrheit, um selbst etwas zu werden. Ich will, dass Deutschland wieder richtige Politik bekommt.
Frage: Wie sehr hat das Verhältnis zu Ihrer Duzfreundin Angela Merkel in den Jahren der Großen Koalition gelitten?
WESTERWELLE: Das Verhältnis zwischen Angela Merkel und mir ist sehr solide. Und zwar so solide, dass wir gemeinsam eine hervorragende Regierung bilden werden.
Frage: Sie werben im Wahlkampf mit Steuersenkungen. Was wollen Sie sofort umsetzen?
WESTERWELLE: Ich verspreche, dass eine schwarz-gelbe Bundesregierung sofort nach der Bundestagswahl die Weichen für ein familienfreundlicheres Deutschland stellt. Wir wollen die Familien bei der Steuer deutlich entlasten. Die Grundfreibeträge für Kinder werden so erhöht, dass eine vierköpfige Familie ab 40000 Euro Jahreseinkommen überhaupt erst steuerpflichtig wird. Und Betreuungskosten sollen deutlich stärker als bisher steuermindernd geltend gemacht werden können.
Frage: Noch einmal zurück zu möglichen Koalitionen: Schließen Sie eine Ampelkoalition definitiv aus?
WESTERWELLE: Wenn es mir nur darum gehen würde, Vizekanzler zu werden, hätte ich das bereits seit 2005 sein können: in einer Ampelkoalition mit Gerhard Schröder. Aber wir haben Wort gehalten. Auf unserem Bundesparteitag eine Woche vor der Wahl werden wir eine klare Koalitionsaussage für Schwarz-Gelb beschließen. Mit Rot-Grün geht es inhaltlich nicht, denn unter dem Strich geht es SPD und Grünen um mehr Belastungen der Bürger.
Frage: Thema Atom: Union und SPD streiten um den idealen Standort für ein Endlager in Deutschland. Welchen Weg würde hier eine schwarz-gelbe Koalition gehen?
WESTERWELLE: Wir suchen die Entscheidung. Was Herr Gabriel in Sachen Endlager betreibt, stinkt zum Wahlkampf-Himmel. Dass er kurz vor der Wahl 25 Jahre alte angebliche Skandalakten der Kohl-Regierung ausgegraben haben will, nimmt ihm doch keiner ab.
Frage: Bleibt die FDP bei der Forderung nach längeren Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke und einem Ausstieg vom Ausstieg?
WESTERWELLE: Wir wollen die Wende hin zu erneuerbaren Energien. Bis dahin werden wir aber saubere Kohle und sichere Kernkraft als Brücke brauchen. Den Ausstieg vom Ausstieg wird es für die Industrie nicht zum Nulltarif geben. Die Betreiber werden dafür Milliarden bezahlen müssen. Dieses Geld wollen wir über eine Stiftung in Energieforschung investieren.
Frage: Zur Afghanistan-Politik: Die NATO hält den Befehl eines Bundeswehr-Oberst zur Bombardierung zweier Tanklastwagen nahe Kundus für "eine Fehlentscheidung". Müssen hier Konsequenzen gezogen werden?
WESTERWELLE: Die Faktenlage ist noch nicht sicher. Die Bundesregierung muss jetzt alles offen legen, was sie weiß. Die verwirrende Informationspolitik der letzten Tage ist inakzeptabel und schadet der gesellschaftlichen Akzeptanz unseres Engagements in Afghanistan. Wir wollen den Einsatz so schnell wie möglich beenden, aber das darf nicht überstürzt und kopflos geschehen. Die Afghanen müssen selbst für ihre Sicherheit sorgen können. Es war ein Fehler, dass die Bundesregierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Ausbildung einheimischer Polizisten nur unzulänglich nachgekommen ist.
Frage: Opel, Afghanistan, Atomenergie ? alles Themen, um die es auch im TV-Duell zwischen Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier am Sonntag gehen wird. Sie werden nur Zuschauer sein. Schmerzt Sie das?
WESTERWELLE: Es wird ein Selbstgespräch der Regierungsparteien. Das ist kein Duell, sondern eine Farce. Demokratie ohne Opposition funktioniert nicht. Die Oppositionsparteien stehen in Deutschland für 35 bis 40 Prozent der Wähler. Über deren Argumente hinwegzugehen, ist ein schwerer Fehler der gebührenfinanzierten Fernsehsender. Das ist undemokratisch und unfair.
Frage: Konkret: Was fordern Sie?
WESTERWELLE: Eigentlich war in ARD und ZDF vor der Wahl noch eine Runde mit allen Parteivorsitzenden geplant. Daraus wird jetzt offenbar nichts, weil die Kanzlerin dazu keine Zeit hat. Das TV-Duell am Sonntag darf so nicht stattfinden. Es muss in eine Sendung mit allen Spitzenkandidaten umgewidmet werden. Das würde dem Geist unserer Verfassung und dem Prinzip der Gleichbehandlung entsprechen.
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Datum: 11.09.2009 - 13:05 Uhr
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