Lausitzer Rundschau: EU setzt beim TTIP-Abkommenauf Schiedsgerichte
Extrawurst für Investoren
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ein großer demokratischer Fortschritt. Bisher nämlich öffnen die
weltweit mehr als 3000 Investitionsschutzabkommen der Willkür Tür und
Tor. Auch Deutschland, das 1959 diese Klagemöglichkeiten für Konzerne
gegen Staaten in einem Vertrag mit Pakistan quasi erfunden hat, ist
mit seinen gut 140 Abkommen dieser Art nicht immer gut gefahren. Das
Beispiel des Energieriesen Vattenfall, der vom deutschen Steuerzahler
Entschädigung wegen des Atomausstiegs verlangt, ist das bekannteste
Beispiel. Wenn nun Investitionsschutzklauseln in das
Freihandelsabkommen mit den USA integriert werden, die gute Chancen
haben, über kurz oder lang zum neuen Weltstandard zu werden, ist das
zu begrüßen. Mehr Demokratie tut dringend Not: Dass ausgebildete
Richter und nicht Lobbyisten Urteile fällen, Akteneinsicht und eine
Berufung möglich ist, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit
sein. In der Realität aber existiert tatsächlich eine Privatjustiz,
welche die EU-Staaten anfangs ohne große Debatte auf die
transatlantische Freihandelszone übertragen wollten. Es ist das große
Verdienst der TTIP-Kritiker, dieses undemokratische System attackiert
und letztlich verändert zu haben. Die neuen Vorschläge von
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nehmen viel von dieser Kritik
auf und verwandeln die private Hinterzimmer-Rechtsprechung in ein
öffentliches, kontrollierbares System. Bei allen Fortschritten bleibt
aber auch eine Art Paralleljustiz. Konzerne müssen sich nicht an
Gerichte eines Landes wenden, sondern bekommen eine Extrawurst
gebraten. Hier prallen die Interessen von Wirtschaft und Wählern
weiter unauflöslich aufeinander: Während nicht zuletzt deutsche
Firmen beharren, dass sie in den USA bei juristischem Streit ohne
weiteren Schutz in die Röhre schauen, ist vielen Bürgern nicht
einsichtig, warum zwischen Rechtsstaaten solche Zusatzgerichte
notwendig sein sollen. Zumal es Fragen aufwirft, wie sich die
internationale Rechtsprechung zur nationalen verhält. Insofern ist
Malmströms Vorschlag ein Kompromiss zwischen Ökonomie und Demokratie.
Das wird die TTIP-Debatte kaum befrieden können, sie vielleicht eher
noch weiter aufheizen.
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Datum: 16.09.2015 - 18:45 Uhr
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