Behinderungsbedingter Mehraufwand – Hilfe für Betroffene und deren Familien

Behinderungsbedingter Mehraufwand – Hilfe für Betroffene und deren Familien

ID: 142236

Euskirchen – Die in Euskirchen lebende Rechtsanwältin Astrid Maigatter-Carus ist seit 1994 als Patientenanwältin auch überregional tätig. Aktuell informiert Maigatter-Carus behinderte Menschen und deren Familien zum Thema Schadensersatz infolge eines ärztlichen Behandlungsfehlers.



(firmenpresse) - Andrea Moersdorf, geschäftsführende Inhaberin von Moersdorf Consulting, ist selbst Mutter einer behinderten Tochter, die wegen eines Arztfehlers viel zu früh in der 25. Schwangerschaftswoche geboren wurde und heute mehrfach behindert ist. Moersdorf führt zu diesem komplexen Thema das Interview mit Astrid Maigatter-Carus.

Andrea Moersdorf: Frau Maigatter-Carus, Schadensersatz kann – nach erfolgtem und irreversiblem Schaden - für viele Betroffene und deren Familien wenigstens eine finanzielle Entlastung sein. Welche Informationen haben Sie für Interessenten, die darüber nachdenken, inwiefern sie aus dieser Möglichkeit schöpfen können?

Astrid Maigatter-Carus:
Der infolge eines ärztlichen Behandlungsfehlers in seiner Gesundheit beeinträchtigte Patient hat Anspruch auf Ersatz der Schäden, die ihm infolge der Fehlbehandlung entstanden sind. Hierzu zählt neben einem Anspruch auf Schmerzensgeld der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens.

Andrea Moersdorf: Was verstehen Sie unter einem materiellen Schaden?

Astrid Maigatter-Carus:
Materielle Schäden sind die Vermögenseinbußen, die ursächlich auf die gesundheitliche Beeinträchtigung bzw. bleibende Behinderung zurückzuführen sind. Diese werden im Wege der Differenzrechnung ermittelt, d.h. ein Schaden ist gegeben, wenn der jetzige tatsächliche Wert des Vermögens des Geschädigten geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde. Zum materiellen Schaden zählt z.B. auch der Erwerbsschaden, der jedoch keinen Mehrbedarf im eigentlichen Sinn darstellt und deshalb nicht Gegenstand der nachfolgenden Erörterungen sein soll.

Andrea Moersdorf: Das klingt für den Laien kompliziert.

Astrid Maigatter-Carus:
Die Berechnung des Schadens ist eigentlich nicht sehr schwierig, nur sehr arbeitsaufwendig. Richtig ist, dass der juristische Laie nicht wissen kann, wie der Schaden zu berechnen ist. Ich bespreche deshalb mit meinem Mandanten im Vorfeld sehr eingehend, wie der Mehrbedarf ermittelt werden kann.



Grundsätzlich ist vor jeder Berechnung folgendes zu beachten:

Das Schadensersatzrecht gewährt dem Verletzten vorrangig Anspruch auf Herstellung des Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde, oder auf Entrichtung des dazu erforderlichen Geldbetrages. Soweit die Herstellung nicht möglich oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden ist, hat der Ersatzpflichtige eine Entschädigung in Geld zu leisten. Der Herstellungsanspruch umfasst nicht lediglich – wie der Wortlaut vielleicht vermuten lässt - den Ersatz der Heilbehandlungskosten im engeren Sinne, sondern die Erstattung aller Aufwendungen, die der Erhaltung oder Verbesserung des körperlichen Zustands, der Linderung des Leidens oder der Befriedigung zusätzlicher Bedürfnisse dienen. Der Geschädigte kann z.B. die Kosten orthopädischer Hilfsmittel, einer Pflegekraft, einer Haushaltshilfe, für den Umbau der Wohnung und dergleichen ersetzt verlangen. Bei dauernden, immer wiederkehrenden Mehraufwendungen für die persönliche Lebensführung, die durch die fortwährende Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens bedingt sind und nicht der Wiederherstellung der Gesundheit dienen, steht ihm auch Schadensersatz in Form einer Geldrente, der sogenannten Mehrbedarfsrente zu.

Konkret bedeutet dies:
Der persönliche Bedarf des Geschädigten wird ermittelt und mit dem Bedarf verglichen, den er gehabt hätte, wäre er nicht Opfer einer Fehlbehandlung geworden. Die sich hieraus ergebende Differenz stellt dann materiellen Schaden des Geschädigten dar.

Bei der Ermittlung des individuellen Schadens unterscheidet man zunächst den personellen Mehrbedarf und den sachlichen Mehraufwand.

Unter personellem Mehrbedarf versteht man den Pflege- und Betreuungsaufwand, der für einen behinderten Menschen anfällt.

Patienten, die infolge einer Fehlbehandlung eine schwere Behinderung davon getragen haben, sind häufig pflegebedürftig. Ist der Pflegebedürftige in einer Pflegeeinrichtung untergebracht, ist die Berechnung des Schadens einfach. Geltend zu machen sind hier die Kosten, die für die Pflege anfallen, abzüglich des Anteils, der von der Pflegeversicherung oder dem Sozialamt übernommen wird.

Andrea Moersdorf: Wie verhält es sich denn mit der Schadensberechnung?

Astrid Maigatter-Carus:
Sie ist etwas aufwendiger gestaltet, wenn der Geschädigte zu Hause von Angehörigen gepflegt wird. Die Pflegeleistungen, die diese in der Regel unentgeltlich erbringen, dienen nicht der Entlastung des Schädigers. Der Schädiger hat diese Mühewaltung angemessen auszugleichen. Maßstab ist dabei eine marktgerechte Vergütung.

Die Ermittlung des für den Geschädigten angefallenen Pflegeaufwandes erfolgt individuell und konkret. Er bemisst sich nicht nach einem abstrakten Beeinträchtigungssatz (Minderung der Erwerbsfähigkeit), sondern nach den tatsächlich erforderlichen Mehranforderungen.

Andrea Moersdorf: Wie kann ich mir das vorstellen?

Astrid Maigatter-Carus: Lassen Sie mich dies ausführen:
In der Regel wird dabei so vorgegangen, dass die Pflegepersonen Tagesabläufe erstellen, in denen mit Uhrzeit die anfallenden Pflegetätigkeiten erfasst sind, so dass es möglich ist, den für die einzelne Pflegetätigkeit anfallenden Zeitaufwand zu ermitteln. Von besonderer Bedeutung ist es, die mit den jeweiligen Pflegetätigkeiten verbundenen Schwierigkeiten zu erwähnen, als Erklärung für den jeweiligen Zeitansatz (z.B. Füttern besonders zeitaufwendig wegen gestörter Mund- und Schluckmotorik, häufiges Verschlucken und Übergeben, deshalb Umziehen und Nachfüttern erforderlich).

Anders als bei den Pflegetagebüchern, die für die häufig für die Pflegekasse im Vorfeld der Begutachtung durch den MDK erstellt werden, sollte bei der Erstellung der Tagesabläufe jeglicher Mehraufwand berücksichtigt werden, also auch Betreuungsaufwand, der nicht zur Grundpflege zählt. Zu erstatten ist nämlich der komplette personelle Mehraufwand, der ursächlich auf die Gesundheitsschädigung zurückzuführen ist. Hierzu zählt z.B. auch die Begleitung zum Arzt durch einen Angehörigen, wenn der Geschädigte außerstande ist, selber Auto zu fahren.

Selbstverständlich ist es nicht möglich, jeden Tag im Leben des Geschädigten auf diese Weise zu erfassen, vor allem, wenn längere Zeiträume zu beziffern sind. Es reicht aus, wenn ein durchschnittlicher Tag beschrieben wird.

Die Gerichte haben dann die Möglichkeit, den Pflegeaufwand im Rahmen des § 287 ZPO zu schätzen, sofern der Kläger „greifbare Anhaltspunkte für die Ausübung des Ermessens“ liefert. Zum Teil lassen die Gerichte den klägerischen Vortrag zum Pflegeaufwand auch durch Sachverständige überprüfen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass nur die von den Angehörigen erbrachten Pflege- und Betreuungstätigkeiten schadensrechtlich relevant sind, die in vergleichbarer Weise auch von einer fremden Hilfskraft hätten übernommen werden können, da nur diese Leistungen einen Marktwert haben. Daraus folgt, dass Aufwendungen an Zeit, die sich nicht konkret in der Vermögenssphäre niederschlagen, nicht ersetzungsfähig sind. Dies betrifft insbesondere die persönliche Zuwendung, die Eltern einem kranken Kind entgegenbringen und wie sie allein Eltern zu leisten vermögen. Fremde Pflegekräfte könnten Vergleichbares in der Regel nicht bewirken. Die persönliche Verbundenheit zwischen Eltern und Kindern hat keinen Marktwert. Von Eltern in ihrer Freizeit für ihr in seiner Gesundheit geschädigtes Kind erbrachte Betreuungsleistungen sind nur dann als vermehrte Bedürfnisse des Verletzten gem. § 843 Abs. 1 BGB ersatzpflichtig, wenn sie sich so weit aus dem selbstverständlichen, originären Aufgabengebiet der Eltern herausheben, dass der entgeltliche Einsatz einer fremden Pflegekraft nicht nur theoretisch, sondern bei vernünftiger Betrachtung als praktische Alternative ernsthaft in Frage gekommen wäre.

Die Pflegeleistungen von Angehörigen sind marktgerecht zu vergüten.

Die Höhe der marktgerechten Vergütung ist nicht bundeseinheitlich geregelt, vielmehr bestimmt jedes Gericht diese individuell nach seinem Ermessen. Teilweise orientieren sich die Gerichte am BAT.

Zuletzt sind von dem ermittelten Betrag die sachlich und zeitlich kongruenten Leistungen Dritter in Abzug zu bringen. Zu berücksichtigen sind hier z.B. das Pflegegeld nach SGB XI sowie das Blindengeld. Insoweit findet gem. § 116 SGB X ein gesetzlicher Forderungsübergang statt, so dass die Leistungsträger die Möglichkeit haben, wegen der Leistungen, die sie behinderungsbedingt an den Geschädigten erbringen müssen, beim Schädiger zu regressieren.

Der Schädiger hat übrigens nicht die generelle Möglichkeit, den Geschädigten mit Hinblick auf die Schadensminderungspflicht auf die Heimunterbringung zu verweisen mit dem bloßen Argument, die häusliche Pflege sei zu teuer.

Der Mehrbedarf bemisst sich nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter bei der von ihm in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung getroffen hätte. Auf die Wahl der Lebensgestaltung darf nur eingeschränkt Einfluss ausgeübt werden, wenn nämlich die Kosten in keinem vertretbaren Verhältnis zu der Qualität der Versorgung des Geschädigten stehen. Weil der Geschädigte jedoch die kostenträchtigere Versorgung gewählt hat, ist er bei einzelnen Ausgabenpositionen dem Schädiger gegenüber zur Rücksichtnahme verpflichtet. Das hat zur Folge, dass nur der Mehrbedarf zu ersetzen ist, der tatsächlich bei sinnvoller Disposition anfällt.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass der Geschädigte nicht nur Anspruch auf die Minimalversorgung hat. Die Höhe des Ersatzanspruchs orientiert sich vielmehr an den Bedürfnissen des Geschädigten. Dabei ist insbesondere bei Kindern zu bedenken, dass ein Heim eine intensive liebevolle und ganzheitliche Versorgung durch das Elternhaus niemals vollständig ersetzen kann.

Andrea Moersdorf: Vielen Dank für Ihre detaillierten Ausführungen. Unsere Leser freuen sich bereits auf unser nächstes Gespräch, in dem Sie auf das Thema „Sachlicher Mehrbedarf“ eingehen.

Abschließend Frau Maigatter-Carus, wo können sich interessierte Betroffene und Angehörige zu diesem komplexen Thema erkundigen?

Astrid Maigatter-Carus:
Interessierte Betroffene oder Angehörige können die gesamte Informationsschrift zum Thema „Behinderungsbedingter Mehraufwand“ bei mir kostenfrei anfordern:

Fragen und Kontakt
Rechtsanwältin
Astrid Maigatter-Carus
Irmelsgasse 50 - 53881 Euskirchen
Tel.: 0 22 55 / 950 960
Fax: 0 22 55 / 950 961
Mail: ra@maigatter-carus.de
www.maigatter-carus.de

Rechtsanwältin Astrid Maigatter-Carus studierte Rechtswissenschaften in Bonn und Koblenz, ist verheiratet und Mutter zweier Kinder.

Seit 1994 engagiert sie sich erfolgreich als Patientenanwältin. Im Fokus ihrer Arbeit steht der Mensch als Patient und seine Angehörigen. Astrid Maigatter-Carus betreut und vertritt Patienten, die durch Arztfehler geschädigt wurden, persönlich gegenüber den behandelnden Ärzten und Krankenhäusern sowie deren Haftpflichtversicherungen.

A. Maigatter-Carus ist ausschließlich im Bereich des Arzthaftungsrechts mit dem Schwerpunkt Geburtsschadensrecht tätig. Seit 2009 rundet der Fachanwalt für Medizinrecht ihr Profil ab.






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Unternehmensinformation / Kurzprofil:

Moersdorf Consulting ist einer der führenden Experten für den Bereich PraxisMarketing. Die Unternehmensberatung für Kliniken und Praxen arbeitet auf Basis der modernsten wissenschaftlichen Forschung, u.a. von Dr. Gerhard Bittner, mit verschiedenen von Prof. Dr. Günter F. Müller entwickelten Tools sowie auf Grundlage von Arbeiten der modernen Hirnforschung und Verhaltensökonomie. In ausgesuchten Akquise-Workshops und intensiven Verkaufs-Kommunikations-Trainings bewirkt der mentale Lernansatz die von den Teilnehmern gewünschte Modifikation der eigenen Einstellung zu verschiedenen Herausforderungen im Beruf sowie im Privatleben - mit sofortiger Wirkung. Im Ergebnis steht messbar und dauerhaft mehr Umsatz für die Klinik oder die Praxis.



Leseranfragen:

Das Interview führte
Moersdorf Consulting
Medizin | Unternehmen | Personal
Höhenweg 103
53127 Bonn
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fax 0228 / 92 98 57 69
info(at)moersdorf-consulting.de
www.moersdorf-consulting.de



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Datum: 03.12.2009 - 11:55 Uhr
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Ansprechpartner: Karolina Lukasiak
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Freigabedatum: 03.12.2009

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