NOZ: Historikerin: Die Neue Rechte nutzt alte Mittel
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Gilcher-Holtey sieht 1968 nicht als Revolution - Kritik an
"Erinnerungsunternehmern" wie Götz Aly und Gerd Koenen
Osnabrück. AfD, Pegida und Identitäre haben nach Auffassung der
Historikerin Ingrid Gilcher-Holtey wesentliche Strategien der
68er-Bewegung adaptiert. In einem Interview mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte die Bielefelder Historikerin,
"die Neue Rechte hat ohne Frage Elemente der Transformations- und
Aktionsstrategie der Neuen Linken übernommen. Sie wendet auch die
Strategie der begrenzten Regelverletzung an, um Aufmerksamkeit zu
erzeugen, und besetzt im Sinne der Revolution der Wahrnehmung
Begriffe und Ideen neu".
Wenn auch die Neue Rechte wie die 68er für sich in Anspruch nehme,
in Staat und Medien nicht hinreichend repräsentierten
gesellschaftlichen Strömungen basisdemokratisch Gehör zu verschaffen,
handele es sich gleichwohl um keine 68er-Bewegung von rechts,
erklärte Gilcher-Holtey. "Wichtig ist doch die Frage, für welche
andere Gesellschaft treten Pegida oder die Identitären ein? Die
Bewegung, die von rechts angestrebt wird, zielt nicht auf Basis-,
sondern Elitendemokratie. Sie zielt nicht auf konsensuale
Entscheidung, sondern auf Führer. Das ist das Gegenteil von 1968."
Die Historikerin wandte sich dagegen, das Jahr der
Studentenproteste zu überschätzen. Es habe sich um keine Revolution
gehandelt. "1968 war eine soziale Bewegung. Solche Bewegungen setzen
ihre Leitwerte nicht direkt um. Täten sie das, hätten wir eine
Revolution. Aber sie tun das nicht", sagte sie. "Die reale
Veränderung obliegt anderen Trägergruppen", sagte Gilcher-Holtey und
gab ein Beispiel: "1968 hat nicht die Familie abgeschafft. 1968 hat
ein verändertes Verhältnis von Mann und Frau experimentell erprobt,
was oft scheiterte - die Kommunen überlebten nicht lang. Aber es
wurde etwas in Bewegung gesetzt. Das Männerbild, das Frauenbild
begann sich zu verändern", erklärte die Wissenschaftlerin, die drei
Standardwerke über die Studentenproteste in Europa verfasst hat.
Gilcher-Holtey kritisierte zudem Historiker wie Götz Aly und Gerd
Koenen als "Erinnerungsunternehmer", die in vielen Dingen kein
realistisches Bild und ein in der Regel zu negatives Bild der
damaligen Zeit zeichneten. Ihre "Wahrnehmung eines Scheiterns" der
dogmatischen Phase der Demobilisierung überdecke, dass vieles aus der
frühen Phase der Bewegung bis heute weiterlebe.
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Datum: 05.03.2018 - 05:00 Uhr
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