Deutsche LURIC-Studie zeigt: Kein Risiko durch moderat erhöhte Konzentrationen pflanzlicher Sterole im Plasma
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anerkannte und sehr gut belegte Risikofaktoren der Koronaren
Herzkrankheit (KHK). Deutlich unklarer ist die Situation jedoch für
die pflanzlichen Pendants des Cholesterins - die Phytosterole. Diese
zu der Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe gehörenden natürlichen
Nahrungsbestandteile werden bekanntlich in "funktionellen"
Nahrungsmitteln angereichert, deren Verzehr zu einer Absenkung des
LDL-Cholesterins um etwa 10 Prozent führt. Folge des Konsums solcher
Nahrungsmittel ist ein geringfügiger Anstieg der Phytosterole im
Blut. Seit einigen Jahren gibt es eine wissenschaftliche Diskussion
darüber, ob eine derart moderate Erhöhung der Phytosterole im Blut
mit einem erhöhten KHK-Risiko einhergehen könne (1, 2).
Eine Forschungsgruppe um Prof. Winfried März (Synlab Medizinisches
Versorgungszentrum Heidelberg) gibt aufgrund einer Untersuchung im
Rahmen der großen prospektiven LURIC-Studie Entwarnung (3). Und
diese Beurteilung passt bestens zu kürzlich veröffentlichten Daten
aus Spanien, wo die Aufnahme von Pflanzensterolen mit der Nahrung
traditionell hoch ist. Hier wiesen Patienten mit Herzinfarkt
niedrigere Phytosterol-Spiegel auf als die Kontrollen (4).
Grund für die wissenschaftliche Kontroverse ist das extrem seltene
Krankheitsbild (in Deutschland sind weniger als 5 Fälle bekannt) der
Sitosterolämie. Diese homozygot vererbte Stoffwechselstörung ist
charakterisiert durch Xanthome und eine massiv erhöhte Konzentration
(bis zu 100-fach) an pflanzlichen Sterolen im Blut (5), die mitunter
bereits im Jugendalter zu einer manifesten koronaren Herzkrankheit
führt. Doch das Modell der Sitosterolämie scheint auf moderate
Veränderungen der Phytosterole nicht übertragbar zu sein.
Denn die neuen Ergebnisse aus der LURIC-Studie zeigen, dass
Untersuchungen hinsichtlich möglicher Zusammenhänge zwischen
pflanzlichen Sterolen und der Koronaren Herzkrankheit bzw. der
Mortalität berücksichtigen müssen, dass die Konzentration der
pflanzlichen Sterole im Plasma auch Surrogate der intestinalen
Cholesterinaufnahme sind (6). "Dieser Aspekt ist sehr wichtig und
darf bei der Interpretation von Daten nie außer Acht gelassen werden,
denn eine erhöhte Cholesterinaufnahme aus dem Darm muss ja auch
selbst als kardiovaskulärer Risikofaktor betrachtet werden," sagt Dr.
Günther Silbernagel von der Universität Tübingen, der Erstautor der
Studienveröffentlichung ist.
LURIC (LUdwigshafen RIsk and Cardiovascular health Study) ist eine
prospektive Studie mit insgesamt 3.316 Teilnehmern, die zur
Koronarangiographie ins Herzzentrum Ludwigshafen eingewiesen wurden.
Silbernagel und Kollegen analysierten die Zusammenhänge des
Cholesterinstoffwechsels und der Plasmakonzentration an pflanzlichen
Sterolen mit der Gesamtmortalität und der kardiovaskulären
Mortalität. Gemessen wurden die Plasmakonzentrationen von Campesterol
und Sitosterol (pflanzliche Sterole, zeigen die Cholesterinaufnahme
aus dem Darm an), Cholestanol (kein pflanzliches Sterol, zeigt die
Cholesterinaufnahme aus dem Darm an) und Lathosterol
(Cholesterinvorstufe, zeigt die Cholesterinsynthese an) bei 1.257
Teilnehmern der LURIC-Studie, die keine Lipidsenker einnahmen. Für
die Studie wurde eine anspruchsvolle, auf Gaschromatographie und
Massenspektrometrie basierende Methode entwickelt und validiert (3).
Anreicherung von Cholestanol und Campesterol und erniedrigtes
Lathosterol zeigten ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko an. Das
Pflanzensterol Sitosterol war nicht signifikant mit der Sterblichkeit
assoziiert. Die Verhältnisse der Cholesterin-Aufnahmemarker zu
Lathosterol korrelierten positiv mit der Gesamtmortalität und der
kardiovaskulären Mortalität (3).
Die Befunde wurden so interpretiert, dass eine Erhöhung der
Cholesterinaufnahme aus dem Darm und eine regulatorisch bedingte
Verminderung der körpereigenen Cholesterinsynthese mit einer erhöhten
Sterblichkeit einhergingen. Eine kausale Rolle einer geringfügig
erhöhten Plasmakonzentration an pflanzlichen Sterolen, wie sie auch
in Verbindung mit dem Konsum von Phytosterin angereicherten Produkten
beobachtet wird, erscheint jedoch nach Ansicht der Studiengruppe für
die Pathogenese der koronaren Gefäßverkalkung unwahrscheinlich (3).
Die neuen Ergebnisse der LURIC-Studie, so die Autoren, sprechen
dafür, dass die Verwendung pflanzlicher Sterole zur
Cholesterinsenkung sicher ist. Zur definitiven Klärung der Frage, ob
sich der Konsum pflanzlicher Sterole positiv auf das kardiovaskuläre
Risiko auswirkt, wären allerdings prospektive randomisierte klinische
Studien erforderlich.
Quellen:
(1) Fransen HP, de Jong N, Wolfs M, Verhagen H, Verschuren WM,
Lütjohann D, von Bergmann K, Plat J, and Mensink RP. Customary use of
plant sterol and plant stanol enriched margarine is associated with
changes in serum plant sterol and stanol concentrations in humans. J.
Nutr. 2007; 137(5): 1301-1306.
(2) Weingärtner O, Böhm M, and Laufs U. Controversial role of
plant sterol esters in the management of hypercholesterolaemia. Eur.
Heart J. 2009; 30(4): 404-409.
(3) Silbernagel G, Fauler G, Hoffmann MM, Lutjohann D, Winkelmann
BR, Boehm BO, März W. The associations of cholesterol metabolism and
plasma plant sterols with all-cause- and cardiovascular mortality. J
Lipid Res. 2010 Mar 14. [Epub ahead of print]
(4) Escurriol V, Cofán M, Moreno-Iribas C, Larranaga N, Martínes
C, Navarro C, Rodríguez L, González CA, Corella D, Ros E. Plasma
phytosterol concentrations and coronary arteriy disease in the
prospective spanisch EPIC population study. J Lipid Res. 2010; 51(3):
618-24.
(5) Salen G, Horak I, Rothkopf M, Cohen JL, Speck J, Tint GS,
Shore V, Dayal B, Chen T, and Shefer S. Lethal atherosclerosis
associated with abnormal plasma and tissue sterol composition in
sitosterolaemia with xanthomatosis. J. Lipid Res. 1985; 26:
1126-1133.
(6) Miettinen,TA, Tilvis RS, and Kesämiemi YA. Serum plant sterols
and cholesterol precursors reflect cholesterol absorption and
synthesis in volunteers of a randomly selected male population. Am.
J. Epidemiol. 1990; 13: 20-31.
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Datum: 23.06.2010 - 17:08 Uhr
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