Chronische Schmerzen: schlechte klinische Versorgungslage könnte sich weiter zuspitzen

Chronische Schmerzen: schlechte klinische Versorgungslage könnte sich weiter zuspitzen

ID: 2203888

(ots) - Ergotherapeut:innen sind in Klinik und Praxis an der sogenannten multimodalen Schmerztherapie, die verschiedene Methoden und Therapieformen kombiniert, beteiligt

Die Deutsche Schmerzgesellschaft geht davon aus, dass es in Deutschland - Stand Juni 2025 - rund 23 Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen gibt. Heißt: fast jede:r dritte in Deutschland Lebende ist durch Schmerzen im Alltag zum Teil sogar stark eingeschränkt. Dazu der Ergotherapeut Nico Sanning, DVE (Deutscher Verband Ergotherapie e.V.): "Ergotherapeut:innen sind Spezialist:innen für Betätigung und tragen maßgeblich dazu bei, dass Patient:innen mit chronischen Schmerzen eine Verbesserung in puncto Alltag, Schmerz und Lebensqualität erleben". Dieses Wissen ist wegweisend - gerade in Hinblick auf die bereits bekannte Unterversorgung von Schmerzpatient:innen und die sich abzeichnende Schließung weiterer schmerztherapeutischer Einrichtungen.

Schmerzen sind multifaktoriell, so der aktuelle Stand der Wissenschaft. "Das bedeutet, dass bei chronischen Schmerzen außer körperlichen Aspekten wie verletzte oder beteiligte Muskeln, Sehnen, Bänder, Knochen und so fort, weitere Faktoren, die im täglichen Leben eine Rolle spielen, einen Einfluss haben", bestätigt der Ergotherapeut Nico Sanning. Dies begründet, weshalb Ergotherapeut:innen von Anfang an an der Behandlung beteiligt sein sollen: Sie analysieren den Alltag Betroffener, um Faktoren zu reduzieren oder zu eliminieren, die eine Besserung verhindern oder die die Schmerzen verschlimmern. Ergotherapeut:innen können vor oder parallel zu Terminen in Schmerzambulanzen und bei Fachärzt:innen und zusätzlich zu den üblichen Diagnose- und Behandlungsoptionen wie Röntgen, MRT, Spritzen oder Eingriffen direkt mit ihrer Intervention beginnen, da sie gegebenenfalls diagnoseunabhängig arbeiten und so schnell erste Verbesserungen herbeiführen können.

Red flags bei Schmerzen: wann zu Arzt und Ärztin?

Bei Chronischen Schmerzen denken viele als erstes an Rückenschmerzen und dort treten sie auch am häufigsten auf. Rückenschmerzen haben die ungewöhnliche Eigenschaft, oft ohne erkennbare Gründe von alleine wieder zu verschwinden. Bleiben Schmerzen - wo auch immer im Körper sie auftreten - länger bestehen, ist ein Arztbesuch ratsam. "Es ist auch dann sinnvoll, einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen, wenn die Schmerzen das tägliche Leben einschränken und ebenfalls, wenn sie eine psychische Belastung darstellen", betont der Ergotherapeut Nico Sanning. Ein Arztgespräch hat neben diagnostischen Erkenntnissen oft eine grundsätzlich beruhigende Wirkung, was sich positiv auf den Verlauf der Schmerzen auswirken kann. Darüber hinaus weist der Ergotherapeut auf sogenannte "red flags", rote Flaggen als Warnsignal, hin. Das sind Symptome, die die Schmerzen begleiten wie etwa Lähmungserscheinungen, Inkontinenz und mehr. In solchen Fällen ist der Gang zu Arzt oder Ärztin dringlich. "Dabei geht es vor allem um Klarheit", sagt Sanning. Mit einem Arzt beziehungsweise einer Ärztin zu sprechen, kann zudem das Ziel haben, für die bessere Bewältigung des Alltags zu sorgen und eine Verordnung für Ergotherapie zu erhalten. Schmerzpatient:innen können ihren Alltag dank ergotherapeutischer Unterstützung so (um-)gestalten, dass ihnen die Dinge, die ihnen wichtig sind, oder die sie tun müssen, leichter gelingen. Dazu arbeiten Ergotherapeut:innen auf körperlicher ebenso wie auf mentaler Ebene mit ihnen.



Typisch für Ergotherapeut:innen: 360°-Blick auf (Schmerz-)Patient:innen

Ergotherapeut:innen, die sich wie Nico Sanning auf das Thema "Schmerzen" spezialisiert haben, wenden häufig einen biopsychosozialen Ansatz an. "Das Biopsychosoziale Modell bezieht alles ein, sowohl die mechanischen als auch sämtliche weiteren körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren", erklärt Sanning. Die Idee dahinter ist, dass alles in einer Wechselbeziehung stehen kann und alles, was einen Menschen ausmacht, zu berücksichtigen ist. Das entspricht der üblichen ergotherapeutischen Betrachtungsweise, denn Ergotherapeut:innen berücksichtigen jede Stellschraube und beleuchten neben anderen Elementen auch die sozialen Rahmenbedingungen: Wie ist die Beziehung in und mit der Familie, wie am Arbeitsplatz, welche kulturellen Aspekte liegen vor und wie ist der Lebensstil? Diese und viele weitere Fragen, die die Entstehung und Aufrechterhaltung von chronischen Schmerzen beeinflussen, klären Ergotherapeut:innen üblicherweise anhand von Assessments. Assessments sind Fragen, Messungen oder Beobachtungen, die der Bewertung des Gesundheitszustands dienen. Um die Geschehnisse im Alltag ihrer Klient:innen bestmöglich analysieren zu können, erstellen Ergotherapeut:innen darüber hinaus gemeinsam mit ihren Klient:innen beispielsweise Tagesprofile, um herauszufinden, was tut der- oder diejenige von morgens bis abends, wie sehen die Wochentage und wie die Wochenenden aus und was unterscheidet die einzelnen Tage, denn wie gesagt: im Rahmen eines biopsychosozialen Ansatzes können alle Faktoren entscheidend sein. "Ein weiterer Pluspunkt dieser Herangehensweise: Die Klient:innen kommen ins Reflektieren und merken meist selbst, was ihre förderlichen und was ihre störenden Faktoren sind", berichtet der Ergotherapeut aus der täglichen Praxis und fährt fort: "Bei der Frage, was los ist in ihrem Alltag, kommen die Leute meist gut ins Reden und sprechen aus, was sie belastet und wie es in ihrem Leben aussieht." Für Ergotherapeut:innen gilt: Je mehr sie über ihre Patient:innen wissen, desto zielgerichteter wird die Intervention.

Maßgeschneidert: ergotherapeutische Intervention passend für das jeweilige Individuum

"Das ganz große Ziel der meisten ist Schmerzfreiheit", gibt Sanning wieder, was auf der Wunschliste seiner Klient:innen ganz oben steht. Das gelingt auch hin und wieder, ist aber nicht bei allen von chronischen Schmerzen Betroffenen realisierbar. "Umso wichtiger", findet der Ergotherapeut "dass die Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen zunächst breit aufgestellt ist". Im Lauf der Zeit kann es jedoch dazu kommen, dass Betroffene die Summe aller Termine und Therapien als belastend empfinden. Ergotherapeut:innen regen ihre Klient:innen in einer solchen Situation zum Reflektieren an: Jede:r kann nur für sich selbst feststellen, wovon sie oder er am meisten profitiert. Und in der Folge mit den verschiedenen Therapeut:innen das Gespräch suchen, um gegebenenfalls nachzuschärfen, zu reduzieren oder zu verändern. Denn auch das ist Teil einer ergotherapeutischen Intervention: Alle Aktivitäten und Verpflichtungen auf den Prüfstand stellen und sie gemeinsam mit den Klient:innen individuell betrachten. Sofern nötig, können die Betroffenen eliminieren, was zu viel ist und zu wenig bewirkt. Und dabei neue Zeitfenster schaffen. "Hobbys und das, was einfach nur Spaß macht oder der Entspannung dient, geht oft unter", weiß der Ergotherapeut Sanning. Eine gute Balance und Ausgewogenheit zwischen Pflichten und Erholung kann ein Schritt in die richtige Richtung sein. Damit das gut funktioniert, versetzen Ergotherapeut:innen Schmerzpatient:innen in die Lage, ihren Alltag immer wieder zu hinterfragen, bei Bedarf zu delegieren, sich zu fokussieren und Lösungen zu finden. Und ihre Ziele zu erreichen, von denen eines auch so lauten kann: Ein schönes Leben trotz Schmerzen.

Informationsmaterial zu den vielfältigen Themen der Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeut:innen vor Ort; Ergotherapeut:innen in Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes unter https://dve.info/service/therapeutensuche. Zum Podcast gerne hier entlang: https://dve-podcast.podigee.io/

Pressekontakt:

Angelika Reinecke, Deutscher Verband Ergotherapie e.V. (DVE),
a.reinecke@dve.info


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