Finanzielle Ausbeutung: Risiko und Stress in der häuslichen Pflege

Finanzielle Ausbeutung: Risiko und Stress in der häuslichen Pflege

ID: 2204762

(ots) - Eine neue Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) verdeutlicht: Pflegebedürftige sind bei alltäglichen Finanzangelegenheiten oft auf Hilfe angewiesen und Angehörige eine wichtige Stütze für sie. Viele Angehörige befürchten, dass der Hilfebedarf der pflegebedürftigen Person von anderen ausgenutzt wird - und hatten bereits Berührung mit den Themen finanzieller Missbrauch, Betrug oder Trickdiebstahl zum Nachteil Pflegebedürftiger.

Finanzielle Ausbeutung ist eine zentrale Form von Gewalt gegen ältere Menschen. Diese kann erhebliche gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Folgen für Betroffene und ihre Familien haben. Die Relevanz ist also hoch, gleichzeitig gibt es zu wenig Daten über das Phänomen im Pflegekontext. In einer aktuellen bundesweiten Studie des ZQP wurden nun über 1.000 pflegende Angehörige zur Unterstützungspraxis pflegebedürftiger Menschen im Umgang mit ihren Finanzen - etwa bei alltäglichen Bankgeschäften - befragt. Außerdem wurden Angaben zu ihren Befürchtungen und Erfahrungen rund um Ausbeutung und finanzielle Schädigung der Pflegebedürftigen erhoben.

Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, das Thema finanzielle Selbstbestimmung und Schutz vor finanzieller Ausbeutung in der häuslichen Pflege ernst zu nehmen und pflegende Angehörige in ihrem Handeln zu unterstützen. PD Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP, erläutert dazu: "Es wird zum Teil unterschätzt, dass sowohl Vertraute und Bekannte als auch unbekannte Täter, die zum Teil hochgradig organisiert agieren, ein Risiko für die finanzielle Sicherheit und Selbstbestimmung von älteren pflegebedürftigen Menschen darstellen können. Mit unserer Studie wollen wir deswegen nicht nur die Forschung zum Thema in Deutschland weiter anregen, sondern auch zur gesellschaftlichen Sensibilisierung beitragen." Ein wichtiger Aspekt der Untersuchung ist deshalb, inwieweit pflegebedürftige Menschen ihre finanziellen Angelegenheiten selbst bewältigen können: 33 Prozent der befragten Angehörigen berichten hierzu, dass die pflegebedürftige Person jederzeit einen guten Überblick über ihre Finanzen hat. 25 Prozent sagen, dass diese ihre Bankgeschäfte immer oder häufig eigenständig erledigt. Eine klare Mehrheit der Angehörigen (57 Prozent) unterstützt allerdings die pflegebedürftige Person regelmäßig bei finanziellen Angelegenheiten.



Dabei sorgen sich viele Befragte um die finanzielle Sicherheit der Pflegebedürftigen und nehmen das Thema finanzielle Ausbeutung als relevante Bedrohung wahr.

Neun von zehn befragten Angehörigen (90 Prozent) sind der Meinung, dass pflegebedürftige Menschen allgemein besonders gefährdet sind, einen finanziellen Schaden durch Betrug oder Ausnutzung zu erleiden.

50 Prozent der Befragten befürchten, dass die von ihnen unterstützte pflegebedürftige Person Schaden durch Betrug erleiden könne. Liegt bei der pflegebedürftigen Person eine Demenz vor, gehen von ihrer Gefährdung sogar 55 Prozent aus.

19 Prozent äußern Sorgen in Bezug auf eine finanzielle Ausnutzung aus dem persönlichen Umfeld - und 24 Prozent geben dies an, wenn bei der pflegebedürftigen Person eine Demenz vorliegt.

Ferner sorgen sich 43 Prozent, bei einer Schädigung der pflegebedürftigen Person, selbst finanziellen Belastungen ausgesetzt zu werden, etwa, weil sie dann für deren Lebenshaltungs- oder Pflegekosten aufkommen müssten.

Suhr erklärt in diesem Zusammenhang: "In Bezug auf die Prävention finanzieller Ausbeutung von älteren pflegebedürftigen Menschen kann es Zielkonflikte geben. Denn zum einen ist der Erhalt der finanziellen Selbstbestimmung älterer pflegebedürftiger Menschen zentral. Dazu gehört, deren finanzwirksame Entscheidungen nicht prinzipiell infrage zu stellen, auch wenn man diese als Nahestehender vielleicht nicht immer nachvollziehen kann. Gleichzeitig sehen sich Angehörige oft in der Verantwortung dafür, zu verhindern, dass der pflegebedürftigen Person ein Schaden entsteht, weil sie bestimmte Aspekte von Bankgeschäften oder anderen finanziellen Aufgaben nicht mehr gut allein bewältigen kann. Zusätzlich müssen auch pflegende Angehörige vor einer Überlastung im Umgang mit dem Thema finanzielle Ausbeutung sowie einer möglichen Mitschädigung geschützt werden."

Die ZQP-Studie weist darauf hin, dass viele der befragten Angehörigen bereits mit den Themen Betrug, Trickdiebstahl oder finanziellem Missbrauch im Rahmen der Pflegesituation konfrontiert waren.

37 Prozent berichten von mindestens einem entsprechenden Fall von versuchtem oder vollendetem Betrug oder Trickdiebstahl durch außenstehende Dritte zum Nachteil der pflegebedürftigen Person. 19 Prozent sagen, ein solcher habe sich innerhalb der letzten 12 Monate ereignet. In jedem fünften Fall ist der Person laut Auskunft der Angehörigen dabei ein Schaden entstanden.

Außerdem berichten 16 Prozent der pflegenden Angehörigen von Verdachtsfällen auf finanziellen Missbrauch innerhalb der letzten 12 Monate. Das heißt, dass hier Personen aus dem Kreis von Familie, Freunden und Nachbarn oder zum Beispiel aus einem Pflegedienst unter Verdacht gerieten beziehungsweise beschuldigt wurden, sich an der pflegebedürftigen Person finanziell bereichert zu haben. Befragte, bei deren pflegebedürftigen Angehörigen eine Demenz vorliegt, nennen solche Verdachtsfälle noch deutlich häufiger - 23 Prozent machen eine entsprechende Angabe.

Die Mehrheit der Befragten hat zudem von fragwürdigen Geschäftspraktiken erfahren: Über die Hälfte (53 Prozent) berichtet von mindestens einem Versuch Dritter, mit der pflegebedürftigen Person ein für diese offenkundig unvorteilhaftes Geschäft abzuschließen. 30 Prozent berichten von mindestens einem entsprechenden Versuch innerhalb der letzten 12 Monate. In knapp einem Viertel solcher Fälle ist der pflegebedürftigen Person daraus offenbar ein Schaden entstanden.

"Unsere Studie umreißt die erheblichen Herausforderungen und Risiken, die rund um das Thema finanzielle Selbstbestimmung, Unterstützung bei finanziellen Angelegenheiten und Schutz vor finanzieller Ausbeutung in der häuslichen Pflege bestehen. Die dabei ermittelten Angaben zu Verdachtsfällen von finanzieller Ausbeutung dürfen zwar nicht mit nachweislichen Handlungen verwechselt werden, sind für das Gesamtbild aber sehr bedeutsam. Denn, auch wenn hier berichtete Verdachtsmomente oder Vorwürfe letztlich unzutreffend sein sollten, kann es für alle Beteiligten sehr zeitaufwendig und emotional belastend sein, sich damit auseinanderzusetzen oder diesen nachzugehen. Schließlich kann dies zu erheblichen Konflikten führen und negative Folgen für die pflegebedürftigen Menschen, deren Familie und Unterstützungssystem mit sich bringen - ähnlich wie bei letztlich bestätigten Übergriffen auch", ordnet Dr. Simon Eggert, Leiter der Studie, die Ergebnisse ein.

Hintergrund

Für die Studie wurde eine bundesweite Befragung von 1.006 pflegenden Angehörigen durchgeführt. Befragt wurden Personen im Alter von 40 bis 85 Jahren, die seit mindestens sechs Monaten eine Person ab 60 Jahren mit anerkanntem Pflegegrad im häuslichen Umfeld unterstützen. Die Stichprobe wurde aus einem offline rekrutierten Online-Panel gezogen und nach Alter, Geschlecht und formaler Bildung nachgewichtet, um eine möglichst repräsentative Abbildung der Grundgesamtheit zu erreichen. Die statistische Fehlertoleranz der Untersuchung in der Gesamtstichprobe liegt bei +/- 3 Prozentpunkten.

In welchem Umfang pflegebedürftige Menschen in Deutschland von finanzieller Ausbeutung betroffen sind, quantifiziert die Untersuchung nicht. Insgesamt ist aus methodischen Gründen davon auszugehen, dass die Angaben zur Konfrontation mit Verdachtsfällen, Tatversuchen und vollendeten Taten aus den Bereichen Betrug, Trickdiebstahl und insbesondere finanziellem Missbrauch eine Unterschätzung darstellen. Die Werte liegen also wahrscheinlich in der Realität deutlich höher als die Studie zeigen kann.

Erläuterung zu Begriffen

Finanzielle Ausbeutung

Finanzielle Ausbeutung älterer Menschen kann in die beiden Kategorien "Finanzieller Missbrauch" und "Betrug/Onlinebetrug" unterteilt werden. Diese sind allerdings nicht im juristischen Sinne disjunkt. Beide Kategorien verbindet, dass sich Täter dabei insbesondere die gesundheitliche und soziale Verletzlichkeit älterer Menschen zunutze machen. Sie beuten Bedürfnisse, Abhängigkeiten, Ängste, Sehnsüchte und Vertrauen aus und versuchen oftmals von Überforderungen und Kompetenzverlusten zu profitieren. Die Versuche basieren häufig auf Formen von Einschüchterung, Täuschung und Manipulation.

Finanzieller Missbrauch

Finanzieller Missbrauch von älteren pflegebedürftigen Menschen umfasst beispielsweise Unterschlagung oder Diebstahl von Geld oder Wertsachen, Nötigung zu Geschenken oder Testamentsänderungen, Missbrauch von Vollmachten oder der willkürlichen Einschränkung der finanziellen Autonomie pflegebedürftiger Menschen, etwa um ein mögliches Erbe zu bewahren. Entsprechender Missbrauch findet insbesondere im Familien-, Freundes- und Bekannten- oder im erweiterten Unterstützerkreis statt. Dabei können Übergriffe auch in guter Absicht, etwa aus Fürsorgebedürfnis, erfolgen. Die Grenzen zwischen Schädigungsabsicht, fehlgegangenem Unterstützungsversuch und Missverständnis sind nicht unbedingt eindeutig. Es kann also sehr schwierig sein, objektives Fehlverhalten von Personen klar zu identifizieren beziehungsweise von Vermutungen, Verdächtigungen und unterschiedlichen Wahrnehmungen der Beteiligten abzugrenzen.

Betrug/Onlinebetrug (und Trickdiebstahl)

Unter Betrug, einschließlich Online-Betrug zum Nachteil älterer Menschen, fallen hier Straftaten, die mittels Täuschung in Bereicherungsabsicht begangen werden. Dabei besteht in der Regel keine vorherige persönliche Beziehung zwischen Opfer und Täter. Täter treten dabei über Telefon, Mobilfunk- oder Internetdienste an potenzielle Opfer heran. Typische Formen sind: Schockanrufe beziehungsweise Textnachrichten zum Beispiel nach dem Muster "Enkeltrick". Auch Phishing über E-Mails oder Social-Media-Apps zählt dazu, wobei etwa mit vermeintlichen Romanzen oder Geldgewinnen und Kapitalanlagechancen gelockt wird. Hinter solchen Taten stehen häufig kriminelle und zum Teil international vernetzte oder transnational agierende Gruppen oder Netzwerke. Auch Trickdiebstahl zielt oft auf ältere Menschen. Dabei geben sich Täter beispielsweise als Polizisten, Handwerker oder Servicemitarbeiter verschiedenster Art aus, um mit dem Ziel des Diebstahls Zugang zu Wohnungen zu erlangen.

Pressekontakt:

Torben Lenz
Tel.: 030 994 05 62 - 22
E-Mail: torben.lenz@zqp.de


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Datum: 14.10.2025 - 09:21 Uhr
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