Expertengruppe baut Deutschlands größte Datenbank zum "Diabetischen Fußsyndrom" auf / Neues Instrument zur Bewertung von Therapiemaßnamen zum DFS / Grundlage für neue Therapieempfehlungen
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Diabetiker ein Fuß oder ein Bein amputiert oder teilamputiert. Mit
knapp 28.000 Amputationen pro Jahr gehört das Diabetische Fußsyndrom
(DFS) zu den gefürchtesten Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus.
Um die Therapieoptionen und Heilungschancen für die rund 200.000
Diabetiker mit DFS in Deutschland zu verbessern, hat sich um den
Diabetologen Dr. med. Alexander Risse, Leiter des Diabeteszentrums am
Klinikum Dortmund, eine Expertengruppe "Diabetisches Fußsyndrom"
formiert. Die interdisziplinäre Gruppe will Deutschlands größtes
Register zum Diabetischen Fußsyndrom aufbauen. Eine unabhängige
Datenbank, die sämtliche therapierelevante Daten aus ganz Deutschland
erfasst, gibt es bislang nicht. Geplant ist, dass künftig alle
Schwerpunktkliniken ihre Daten kontinuierlich zur Verfügung stellen.
"Wir benötigen dringend eine fundierte Datenlage zum Diabetischen
Fußsyndorm, um angewandte therapeutische Maßnahmen vernünftig
evaluieren zu können", sagt der Sprecher der Gruppe Dr. Alexander
Risse. "Ziel ist es, die Datenlage in Deutschland signifikant zu
verbessern und später auch Therapieempfehlungen auszusprechen." Risse
und seine Mitstreiter, zu denen Diabetologen, Angiologen, Chirurgen,
Hygieniker, Mikrobiologen Physiotherapeuten, Wundmanager und
Gesundheitsökonomen gehören, erhoffen sich langfristig ein
verbessertes Therapiemanagement.
Die Wundversorgung beim Diabetischen Fuß ist meist langwierig und
aufwändig. "Bei infizierten Wunden sind oft tägliche Verbandwechsel
notwendig", berichtet Prof. Dr. Axel Kramer, Direktor des Instituts
für Hygiene und Umweltmedizin an der Uniklinik Greifswald. "Für die
Therapie mit antiseptischen Lösungen bzw. den unterstützenden Einsatz
antimikrobieller Wunddressings sind Antiseptika mit einer hohen
therapeutischen Breite auszuwählen. Die antiseptische Therapie ist
nur dann erfolgversprechend, sie in einen überwachten klinischen
Behandlungspfad integriert ist."
Doch das ist nicht immer der Fall. Einer Studie (1) zu Folge ist
die Wundversorgung in Deutschland ein Sorgenkind: Obwohl vier
Millionen Patienten an chronischen Wunden leiden, beurteilen nur 16
Prozent der befragten Ärzte die Wundversorgung als gut bis sehr gut.
Mehr als 40 Prozent der Patienten kommen erst gar nicht in den Genuss
einer modernen Wundversorgung.
Aus Sicht des Gefäßchirurgen Dr. Dipl. Oec. Colin M. Krüger vom
Vivantes Humboldt-KIinikum in Berlin ist der Aufbau einer umfassenden
Datenbank zum Diabetische Fußsyndrom längst überfällig: "Der
Diabetische Fuß stellt ein zunehmendes Behandlungsfeld in der
Gefäßchirurgie dar. Doch bislang können wir nicht auf unabhängige,
fachübergreifende Daten zurückgreifen. Die Datenbank ist deshalb ein
entscheidender Schritt, um langfristig das Therapiemanagement zu
optimieren."
Die neue Datenbank wird auch Kosten-Nutzen-Bewertungen
ermöglichen. Experten erwarten, dass sich die Zahl der Diabetiker in
Deutschland von heute rund sechs Mio. bis zum Jahr 2030 verdoppeln
wird. Entsprechend steigen auch die Kosten, die im Zusammenhang mit
Diabetes stehen. "Diabetes und seine Folgeerkrankungen belasten
bereits heute die Krankenkassen, die Solidargemeinschaft und die
Volkswirtschaft erheblich", sagt der Medizinökonom Prof. Dr. Dr.
Wilfried von Eiff, Centrum für Krankenhaus Management an der
Universität Münster. "Besonderes Augenmerk ist auf die Tatsache zu
legen, dass die Amputationshäufigkeit von diabetischen
Fußulzerationen von der Einbindung der Patienten in feste Vorsorge-,
Betreuungs- und DMP-Programme abhängt. Umso wichtiger ist es, ein
Instrument zu entwickeln, mit dem man die Kosten-Nutzen-Relation von
Behandlungsmaßnahmen evaluieren kann."
Über das Diabetische Fußsyndrom (DFS)
Die diabetische Neuropathie ist die einzige notwendige und
gleichzeitig hinreichende Bedingung des DFS. Kommt zusätzlich eine
Durchblutungsstörung hinzu, werden die Verläufe zum Teil dramatisch.
Die minutiöse Diagnose und Gewichtung der Neuropathie ist somit immer
die Grundlage jeder Prophylaxe und Therapie. Ebenso gehört die
qualifizierte angiologische Diagnostik zur den Essentials der
Versorgung. Die kleinen Gefäße am Fuß sind bei Menschen mit Diabetes
weit gestellt aufgrund der Lähmung des vegetativen Nervensystems. Bei
hohen Blutzuckerwerten über längere Zeit, erkennbar am sog.
HbA1c-Wert sind alle Bestandteile des Blutes "verzuckert", also
entweder steif (Erythrozyten) und damit Ursache einer erhöhten
Zähflüssigkeit des Blutes (Viskosität), oder aber bewegungsunfähig,
z.B. sämtlich weißen Blutkörperchen und Immunglobuline. Hierdurch
besteht eine gefährliche Abwehrschwäche des Patienten
(Immunsuppression) ähnlich wie bei AIDS. Aufgrund der Neuropathie und
Schmerzunempfindlichkeit gehen die Patienten zu spät zum Arzt, sodass
sich Infektionen bereits weit ausbreiten können. Da keine Beschwerden
geäußert werden, reagieren die primär behandelnden Ärzte in der Regel
zu spät. Durch die Fontaine-Klassifikation, die die schmerzfreie
Gehstrecke als Kriterium annimmt, wird die Schwere der
Durchblutungsstörung unterschätzt. Bei bestehender Neuropathie ist
die Gehstrecke wegen der Schmerzfreiheit unendlich lang.
Die hier kurz geschilderte Komplexität des Krankheitsbildes
erklärt die schlechten Ergebnisse der Behandlung und die hohen
Amputationsraten. Gleichzeitig wird schon hier ersichtlich, dass eine
interdisziplinäre und multiprofessionelle Therapieorganisation
unabdingbar ist. Leider verhindern die Strukturen des deutschen
Gesundheitswesens gerade eine solche Zusammenarbeit.
Pflegebedürftigkeit besteht bei 5 % der Diabetiker mit DFS nach
Zehenamputation, bei 5 % nach Vorfußamputation, bei jedem dritten
Fall nach Unterschenkel- oder Oberschenkelamputation. Innerhalb von
vier Jahren nach Amputation des ersten Beines wird bei über 50 % der
Diabetiker eine Amputation am zweiten Bein durchgeführt. Da bei
frühzeitig beginnender adäquater Therapie Amputationen vermeidbar
sind, soll mit Hilfe der Datenbank der Wissenstand einer umfassenden
Analyse unterzogen werden, um daraus Schlussfolgerungen für
Therapieoptionen patientenbezogen ableiten zu können.
1) Meinungsumfrage bei 20.000 niedergelassenen Ärzten zur
Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden vom Institut für
Gesundheits-System-Forschung (IGSF) in Kiel (2006)
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Beatrice Hamberger
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Datum: 01.12.2010 - 09:14 Uhr
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