Börsen-Zeitung: Stark stärken, Kommentar von Stephan Balling zu Mario Draghi als wahrscheinlichem Nachfolger von Jean-Claude Trichet als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB)
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die Bundesrepublik nun die Kandidatur des Italieners Mario Draghi für
die Nachfolge von Jean-Claude Trichet als Präsident der Europäischen
Zentralbank (EZB). Hat man in Berlin so lange gezögert, weil man
Draghi eigentlich nicht wollte, und muss jetzt dem Druck der
Südschiene - Frankreich, Italien und Spanien - nachgeben? Oder wollte
Berlin mit seiner Verzögerungstaktik einfach nur den Preis für eine
Zustimmung hochtreiben und so zum Beispiel die Haushaltsdisziplin in
Euroland stärken? Beides wäre eine Katastrophe. Die erste Variante
hieße, dass Berlin nur noch hinter Paris herläuft. Nicht besser die
zweite Variante: Denn eine deutsche Handschrift ist in der bisherigen
Krisenpolitik nicht zu erkennen. Von Preis hochtreiben keine Spur. So
oder so gilt also: Berlin kann sich gegen die geschickte Pariser
Diplomatie nicht durchsetzen.
Umso bedeutender wird Draghis Rolle: Der Euro kann nur überleben,
wenn er auf ausreichend Zustimmung in der größten Volkswirtschaft der
Währungsunion stößt, wenn er also stabil ist und wenn die EZB damit
aufhört, Pleitestaaten durch die Käufe von deren Staatsanleihen zu
subventionieren. Draghi könnte zu Beginn seiner Amtszeit erstens
diese geldpolitische Unart beenden. Zweitens sollte er ein Zeichen
setzen, indem er dafür sorgt, dass die wichtige Forschungsabteilung
wieder in den Bereich des EZB-Chefökonomen fällt. Jürgen Stark musste
diesen Bereich - mit dessen Hilfe sein Vorgänger Otmar Issing die
stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie der EZB in den ersten
acht Jahren der Währungsunion prägte - einst auf Betreiben Trichets
an den Griechen Lucas Papademos abgeben. Nach Papademos' Ausscheiden
übernahm der Spanier José Manuel González-Páramo den Bereich. Trichet
wollte durch die Aufspaltung der wichtigen Bereiche Volkswirtschaft -
dieser blieb bei Stark - und Forschung seine eigene Position stärken.
Das Gegenteil sollte nun Draghi tun. Zumal er selbst bisher eher
in Regulierungsfragen aufgefallen ist. Deshalb sollte es ihm nicht
allzu schwerfallen, in geldpolitischen Fragen dem Chefvolkswirt den
Vortritt zu lassen. So hatte es auch der erste EZB-Präsident Wim
Duisenberg gehalten. Er konzentrierte sich auf
Repräsentationspflichten. Draghi sollte also Stark stärken. Die
Bundesregierung würde eine solche Arbeitsteilung zwischen Draghi und
Stark freilich nicht entlasten. Sie muss schleunigst einen Nachfolger
für den amtierenden Chefökonomen aufbauen. Starks Amtszeit endet im
Mai 2014.
(Börsen-Zeitung, 12.5.2011)
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Datum: 11.05.2011 - 19:00 Uhr
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