Börsen-Zeitung: Zurück am Abgrund, Kommentar zur Schuldenkrise von Detlef Fechtner
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Europas Schuldenkrise eskaliert erneut. Gewiss, richtig entspannt ist
es in Euroland schon seit anderthalb Jahren nicht mehr. Aber immerhin
ist es den Euro-Regierungen in den vergangenen Monaten gelungen, die
Krise auf drei kleinere Mitgliedstaaten einzugrenzen. Die
Schwergewichte Spanien und Italien konnten sich seit vergangenem
Sommer abkoppeln - bis vor kurzem.
Seit jedoch sichtbar ist, dass die Hilfen für mindestens einen der
drei Quarantäne-Patienten verlängert werden müssen, die Bereitschaft
dafür aber in den Garantieländern an Grenzen stößt, kehrt die große
Unsicherheit zurück. Die Schuldenkrise ist wieder hochansteckend.
Eindrückliches Beispiel ist Italien. Jahrzehntelang gehörte die
Meldung, das Land habe gerade mal wieder eine Regierungsumbildung
hinter sich, fast schon zum Stehsatz der Tagesschau. Nun jedoch sorgt
bereits die Angst vor dem Abtritt des Finanzministers für Alarm an
den Märkten - allen Gründen zum Trotz, die dafür sprechen, dass
Italiens Volkswirtschaft leistungsfähiger und sein Bankensystem
solider ist als in Griechenland oder Portugal.
Es wäre freilich zu einfach, die gestiegenen Renditedifferenzen
als Übertreibung der Märkte abzutun. Europas Politik trägt nämlich
durchaus Mitschuld daran, dass die Nervosität steigt und die Geduld
schwindet. Die EU-Regierungen hatten so gut wie zugesagt,
Griechenland zu verarzten und die große Stabilitätspakt-Reform
abzuschließen - und zwar vor der Sommerpause. Wer unzuverlässig ist,
darf sich nicht wundern, wenn Investoren unruhig werden.
Nun machen erneut Pläne mit gigantischen Zahlen die Runde - ein
Rettungsschirm von 1,5 Bill. Euro, in den dann auch Spanien und
Italien plumpsen könnten? Wer darüber herumbramarbasiert, sollte
daran erinnert werden, dass nicht einmal die Ausweitung des
bestehenden Schirms auf gut die Hälfte dieser Summe ratifiziert ist.
Statt verwegene Modelle zur Rettung Italiens zu konzipieren, tun
Europas Regierungen gut daran, sich auf die Lösung der ausstehenden
Probleme zu konzentrieren. Die Vorarbeiten für "Griechenland II"
dürfen nicht bis September dauern, und das "Six Pack" der Paktreform
muss endlich abgesegnet werden. Die Hängepartie kostet Nerven und
noch dazu Geld - vor allem die Italiener. Dass das Land tatsächlich
in arge Not gerät, könnte zu einer sich selbst erfüllenden
Prophezeiung werden, wenn es Europa nicht schafft, wieder etwas
Abstand zum Abgrund zu gewinnen.
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Datum: 11.07.2011 - 20:50 Uhr
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