Schwäbische Zeitung: Den Mörder bezwingen - Leitartikel
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abspielt, geht für viele Menschen an die Grenze des Zumutbaren. Der
Norweger Anders Behring Breivik, angeklagt des Mordes an 77 Menschen
in Oslo und auf der Insel Utøya, zeigt, wie kreativ und verbohrt
zugleich das Böse ist. Es ist gespenstisch, auch wenn der Mann selbst
nie mehr in Freiheit wird leben und einen Menschen bedrohen können.
Im Gericht schneidet der 33-Jährige Grimassen. Er salutiert mit
rechtsradikalem Gruß. Dann bricht er in Tränen aus, weil einer seiner
Propagandafilme gezeigt wird. Er verhöhnt die Opfer, wenn er sich
darauf beruft, in Notwehr gehandelt zu haben. Müssen wir uns das
antun? Vor allem aber, müssen die Angehörigen der Getöteten sich das
antun?
Ja, denn dieses Verfahren hilft den Angehörigen der Opfer. Der
Prozess ist öffentlich, mehr als 800 Journalisten aus aller Welt
beobachten das Verfahren in Oslo. Denn weit über Europas Grenzen
hinaus hat das schwerste Verbrechen eines Einzelnen in der
norwegischen Nachkriegsgeschichte die Menschen bewegt. Dass der
Prozess öffentlich ist, das sei voyeuristisch, sagen Kritiker,
Breivik könne sein krudes Gedankengut so ungestraft in die Welt
hinausposaunen. Auch wenn es so ist, hilft dieses öffentliche
Verfahren Norwegen ein schweres Trauma zu überwinden und zu heilen,
wie Psychologen das nennen würden.
Für viele Menschen, vor allem für die Angehörigen der Toten, wird
es in den nächsten Monaten sehr bedrückende Momente geben. Wenn das
für den Juni erwartete Urteil gegen Breivik verhängt wird, wird er in
eine Anstalt eingewiesen oder für den Rest seines Lebens eingesperrt.
Heute, am zweiten Prozesstag, soll Breivik vor Gericht Gelegenheit
bekommen, sich ausführlich zu äußern. Die Überlebenden und die
Angehörigen der Toten werden das unter Qualen ertragen. Wer Breivik
aushält, ob in Oslo, auf Utøya, oder irgendwo auf der Welt, zeigt
Solidarität mit den Opfern. Und er hilft dabei, diesen Mann und seine
Ideen zu besiegen.
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Datum: 16.04.2012 - 21:10 Uhr
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