Gemeinsame Initiative von Deutschland und Frankreich zur Vorbereitung der Frühjahrstagung des Europäischen Rates
ID: 78107
Gemeinsame Initiative von Deutschland und Frankreich zur Vorbereitung der Frühjahrstagung des Europäischen Rates
In einem gemeinsamen Brief an den Ratsvorsitzenden Ministerpräsident Mirek Topolánek und den Präsidenten der Europäischen Kommission José Manuel Barroso schreiben Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy:
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrter Herr Präsident,
mit diesem Brief wollen Deutschland und Frankreich einen Beitrag zur Vorbereitung der Frühjahrstagung des Europäischen Rates und zur Stärkung der gemeinsamen Stimme Europas auf dem G20-Gipfeltreffen leisten. Nur mit geeinter Stimme sprechen wir kraftvoll genug, um unser gemeinsames Interesse zu wahren, unsere Volkswirtschaften in der globalisierten Weltwirtschaft wieder auf einen nachhaltigen Wachstumskurs zu bringen.
Am Vorabend entscheidender Konferenzen sind wir zutiefst davon überzeugt, dass wir die einzigartige historische Chance nutzen müssen, auf dem G20-Gipfel in London am 2. April 2009 die Ursachen für die weltweite Krise, die wir auf dem Washingtoner Gipfel benannt haben, weiter zu bekämpfen. Höchste Priorität kommt dem Aufbau einer neuen globalen Finanzarchitektur zu. Die Europäische Union muss einen gemeinsamen Standpunkt vertreten und in diesem Prozess die Vorreiterrolle einnehmen.
Im Rahmen eines koordinierten Ansatzes unter Federführung der französischen und tschechischen Präsidentschaften haben die Europäische Union und die Mitgliedstaaten erfolgreich dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Auswirkungen der gegenwärtigen globalen Rezession einzudämmen. Mit einem Volumen von mehr als 400 Milliarden Euro (etwa 3,3 Prozent des BIP der EU) unterstützt das Europäische Konjunkturprogramm Unternehmen dabei, die Krise zu meistern. Es schafft neue Investitionen, stärkt die Nachfrage, sichert Arbeitsplätze und gibt beträchtliche Anreize zur Wiederbelebung der Weltwirtschaft. Mit dieser Leistung steht Europa bei der Bekämpfung der globalen Rezession an vorderster Front. Beim bevorstehenden Europäischen Rat sollten wir unseren Bürgern, unseren Partnern und der Wirtschaft eine kraftvolle Botschaft des Vertrauens in den Umfang und die Wirksamkeit unserer eigenen Konjunkturprogramme senden.
Stabilität und funktionierende Finanzmärkte sind von unmittelbarer Bedeutung für Wachstum und Arbeitsplätze. Gestützt auf die Ergebnisse des Berliner Vorbereitungsgipfels vom Februar sind wir entschlossen, auf dem Londoner Gipfel konkrete Ergebnisse für weitere Maßnahmen zur Stärkung der internationalen Finanzmarktregulierung zu erzielen und erwarten, dass die Umsetzung des G20-Aktionsplans von IWF und FSF überwacht wird, um eine verstärkte Übernahme von Verantwortung sicherzustellen.
Die Europäische Union soll vorschlagen, dass alle Hedgefonds und andere private Anlagegesellschaften, die ein systemisches Risiko darstellen können, einer angemessenen Registrierung, Regulierung und Aufsicht unterworfen werden. Wir müssen auf einen wirksamen Sanktionsmechanismus hinarbeiten, der unsere Länder vor den Risiken schützt, die von einem Mangel an Transparenz und Regulierung in nicht kooperativen Staaten und Gebieten ausgehen, die genannt werden sollten.
Darüber hinaus sollten wir uns für Vergütungsregelungen für Manager einsetzen, die transparent und an langfristigen Ergebnissen orientiert sind.
Die prozyklische Wirkung der gegenwärtigen Eigenkapitalanforderungen verschärft die Krise noch, indem sie die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe weiter einschränkt. Besonders spürbar sind die Folgen für die Industrie. Neben beschleunigten Reformen von Basel II und Bilanzierungsregeln, die sicherstellen sollen, dass Banken in guten Zeiten zusätzliche Eigenkapitalreserven aufbauen, sollten sich die Europäische Union und die G20 für kurzfristige Maßnahmen zur Linderung der prozyklischen Effekte in der gegenwärtigen Krise einsetzen. Wir rufen die in diesem Bereich tätigen Arbeitsgruppen und Institutionen (FSF, Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht und EU-Kommission) mit Nachdruck auf, umgehend entsprechende Empfehlungen vorzulegen.
Der Finanzsektor braucht mehr Stabilität, Aufsicht und Transparenz. In diesem Zusammenhang begrüßen wir den Larosière-Bericht sowie die Mitteilung der Kommission, in der sie ein anspruchsvolles neues Reformprogramm für den Finanzsektor vorschlägt. Als Beitrag zur Entwicklung internationaler Standards muss die Europäische Union auf der Grundlage der Empfehlungen der Larosière-Gruppe entschiedene Maßnahmen in Richtung eines europäischen Regulierungssystems ergreifen. Erste Entscheidungen müssen bis Juni fallen.
Die Europäische Union sollte eine neue Charta für nachhaltiges Wirtschaften als einen von Staaten und internationalen Organisationen getragenen Rahmen unterstützen. Dieser sollte auf die Entfaltung der Marktkräfte setzen, aber darauf abzielen, eine stabile, sozial ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Weltwirtschaft sicherzustellen. Letztlich sollte er zur Schaffung einer globalen Steuerungsstruktur führen.
Kurzfristig beinhalten die gegenwärtigen wirtschaftlichen und finanziellen Maßnahmen das Risiko von Wettbewerbsverzerrung und einer Behinderung des freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs. Wir rufen daher die Europäische Kommission nachdrücklich auf, alle Bedrohungen des fairen Wettbewerbs im Binnenmarkt und auch im Hinblick auf unsere internationalen Partner streng zu beobachten und dem Rat Bericht zu erstatten. Wir sollten zudem unsere Verpflichtung betonen, keine neuen Handelshemmnisse zu schaffen, unsere Partner dazu bewegen, von solchen Maßnahmen Abstand zu nehmen, und die Doharunde zügig abschließen.
Auf lange Sicht bedroht übermäßige Staatsverschuldung die globale Stabilität.
Gesunde öffentliche Finanzen bleiben daher für Glaubwürdigkeit und Stabilität in der Europäischen Union von zentraler Bedeutung. Wir müssen uns verpflichten, die öffentlichen Finanzen durch Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu konsolidieren. Wenn sich die Wirtschaftstätigkeit wieder belebt, müssen die Konsolidierungsbemühungen beschleunigt werden, um sicherzustellen, dass die Defizite rasch wieder den Referenzwert unterschreiten. Wir stehen vor gewachsenen Herausforderungen und müssen sobald wie möglich, in Übereinstimmung mit dem Pakt und gekoppelt an die wirtschaftliche Erholung, zu unseren mittelfristigen Haushaltszielen zurückkehren.
Solidarität und Verantwortlichkeit sind Schlüsselprinzipien der EU. Im Einklang mit diesen Prinzipien begrüßen Frankreich und Deutschland, dass die EU sich bereit und fähig gezeigt hat, denjenigen Mitgliedstaaten zu helfen, die Unterstützung benötigen. Sie bekräftigen, dass der Euro-Raum keine "geschlossene Gesellschaft" ist.
Wir sehen den Gesprächen beim kommenden Europäischen Rat erwartungsvoll entgegen.
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
E-Mail: InternetPost@bundesregierung.de
Internet: http://www.bundesregierung.de/
Dorotheenstr. 84
D-10117 Berlin
Telefon: 03018 272 - 0
Telefax: 03018 272 - 2555
Bereitgestellt von Benutzer: pressrelations
Datum: 17.03.2009 - 15:21 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 78107
Anzahl Zeichen: 0
pressrelations.de – ihr Partner für die Veröffentlichung von Pressemitteilungen und Presseterminen, Medienbeobachtung und Medienresonanzanalysen
Diese Pressemitteilung wurde bisher 404 mal aufgerufen.
Die Pressemitteilung mit dem Titel:
"Gemeinsame Initiative von Deutschland und Frankreich zur Vorbereitung der Frühjahrstagung des Europäischen Rates"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von
Bundesregierung (Nachricht senden)
Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).