Börsen-Zeitung: Spiel auf Zeit, Kommentar zur EZB-Pressekonferenz, von Mark Schrörs.
ID: 830161
Eurozone steckt in der Rezession, die Arbeitslosigkeit ist so hoch
wie nie, die Kreditvergabe lahmt und die Inflation ist unter
Kontrolle. In normalen Zeiten wäre diese Gemengelage ein klarer Fall
für eine Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB). Kein
Wunder also, dass viele Volkswirte genau das fordern. Auch einige
Euro-Notenbanker plädierten gestern dafür.
Die Zeiten sind aber nicht normal und deshalb liegt der Fall eben
nicht so klar: So sind Zweifel angebracht, ob eine Senkung des schon
historisch niedrigen Leitzinses angesichts der auseinandergelaufenen
Finanzierungsbedingungen im Euroraum viel bringen würde. Bei denen
nämlich, die sie am nötigsten hätten - die Firmen in den
Krisenländern -, würde sie vermutlich gar nicht ankommen. Viele
Probleme, unter denen die Länder leiden, kann die Geldpolitik auch
nicht lösen. Sinkende Zinsen etwa ersetzen eben keine
Arbeitsmarktreformen.
Zudem gibt es Signale, die ein wenig Hoffnung wecken: Trotz des
Wahlchaos in Italien hat sich die Euro-Krise zumindest bislang nicht
wieder dramatisch zugespitzt. Viele Stimmungsindikatoren
signalisieren eine allmähliche Erholung der Euro-Konjunktur, auch
wenn die harten Daten bislang zuweilen herb enttäuschen. Das Wachstum
der realen Geldmenge M1 sehen einige Volkswirte gar schon als Zeichen
für robustes Wachstum zum Jahresende.
Entscheidend ist nun, ob sich das Konjunkturbild der EZB und
anderer bestätigt, dass sich die Wirtschaft im Jahresverlauf
allmählich erholt. Ist das der Fall, können die Währungshüter erstmal
abwarten. Auch Sorgen vor deflationären Tendenzen in der gesamten
Eurozone sollten sich damit erledigen. Sie müssen aber auch nicht
voreilig aus der lockeren Geldpolitik aussteigen, zumal ihre Hilfen
quasi einen ersten automatischen Ausstieg eingebaut haben: So fragen
die Banken weniger EZB-Liquidität nach, je besser die Lage wird.
Sollte sich die Hoffnung auf eine Erholung aber zerschlagen und
die Inflation noch weiter, sowie für lange Zeit deutlich unter das
Preisziel rutschen, wird die EZB weiter unter Druck geraten. Dann
wird sie indes entscheiden müssen, welche Instrumente am sinnvollsten
sind: Zinssenkungen oder andere unkonventionelle Maßnahmen, um etwa
gezielt die Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen
anzukurbeln. Das wird neue Debatten auslösen über ihr Mandat und ihre
Rolle. Das Schlimmste in der Euro-Krise mag überstanden sein. Für die
EZB aber sind die schwierigen Zeiten mitnichten Geschichte. So viel
ist klar.
(Börsen-Zeitung, 8.3.2013)
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Datum: 07.03.2013 - 20:50 Uhr
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