Börsen-Zeitung: Veraltete Doppelfunktion, Kommentar zu J.P. Morgan von Stefanie Schulte
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kritisiert zu werden - erst recht nicht, wenn die Geschäfte gut
laufen. Logischerweise sträubt sich Jamie Dimon, Chairman und Chief
Executive Officer (CEO) der US-Universalbank J.P. Morgan, mit Händen
und Füßen gegen Forderungen, eine seiner beiden Funktionen abzugeben.
Dimon stünde es jedoch gut zu Gesicht, diesen Schritt freiwillig in
Betracht zu ziehen, selbst wenn das heutige Aktionärsvotum für ihn
positiv ausfallen sollte. Letzteres ist keineswegs gesichert. Nachdem
es bereits 2012 für einen Vorstoß zur Trennung der Ämter 40%
Ja-Stimmen gegeben hatte, könnte es auf der heutigen Hauptversammlung
ernst werden. Einflussreiche Stimmrechtsvertreter und Großaktionäre
dringen darauf, die Doppelfunktion von Chairman und CEO abzuschaffen,
nachdem das Institut 2012 milliardenschwere Verluste aus
Derivatewetten des als "Londoner Wal" bekannt gewordenen Händlers
Bruno Iksil melden musste. Obwohl ein Mehrheitsvotum rechtlich nicht
bindend wäre, müsste der Verwaltungsrat der Bank auf ein solches
Signal wohl reagieren.
Gute Gründe dafür gibt es ohnehin. Während viele US-Konzerne noch
von einem CEO geführt werden, der sich als Chairman quasi selbst
kontrolliert, ist diese Konstellation in der Schweiz schon vor Jahren
aus der Mode gekommen. Dort sind die Ämter von
Verwaltungsratspräsident und CEO heute meist getrennt. In
Deutschland, wo es Vorstand und Aufsichtsrat als separate Gremien
gibt, wären Doppelmandate ohnehin undenkbar.
Dass Banken seit der Subprime-Krise allgemein unter Beschuss
stehen, ist ein weiterer Grund für J.P. Morgan, mit gutem Beispiel
voranzugehen. Die US-Universalbank ist zwar besser durch die Krise
gekommen als viele Rivalen, hat aber spätestens mit dem Londoner
Skandal Kratzer am Image erlitten.
Als lehrreiches Beispiel könnte der Fall von Peter
Brabeck-Letmathe dienen, heutiger Verwaltungsratspräsident von Nestlé
und bis 2008 auch CEO. Brabeck-Letmathe hatte sich
Aktionärsforderungen nach einer Trennung der Ämter zunächst
erfolgreich widersetzt, einige Jahre später aber freiwillig diesen
Schritt unternommen. Brabeck-Letmathes Ruf als hervorragender
Konzernlenker hat darunter nicht gelitten und die Performance von
Nestlé ebenso wenig. Dimon sollte daher ein eventuelles negatives
Aktionärsvotum akzeptieren und anderenfalls einen freiwilligen
Teilrückzug prüfen - spätestens dann, wenn etwas Gras über den
Derivateskandal gewachsen ist.
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Datum: 20.05.2013 - 20:40 Uhr
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