Juden und Christen - Glauben sie dasselbe?
Der Dialog zwischen Juden und Christen wird seit Jahrzehnten intensiv geführt. Dementsprechend ausführlich werden seine Themen in der Theologie diskutiert. Dabei hat der Dialog so viele thematische Facetten ans Licht gebracht, daß die Diskussionslage unübersichtlich erscheint. Was soll vorrangiger Gegenstand des Dialogs sein? Welchen Stellenwert haben religiöse Differenzen? Kommen Christen nach den Greueln der Schoa überhaupt noch als Gesprächspartner von Juden in Frage? Das sind nur einige der offenen und gegenwärtig diskutierten Fragen, die in der im Neukirchener Verlag erschienenen theologischen Studie "Die Trinitätslehre im jüdisch-christlichen Dialog" von Klaus-Dieter Straßburg behandelt werden.

(firmenpresse) - Die Untersuchung beleuchtet Konvergenzen und Divergenzen zwischen jüdischem und christlichem Glauben vom Zentrum der beiden Religionen aus, nämlich von ihrem Gottesverständnis. Der Autor geht dabei von den Gemeinsamkeiten der Gottesanschauungen aus. Judentum und Christentum verstehen Gott so, daß er zum Menschen in Beziehung tritt. Diese Beziehung ist nicht die eines distanzierten Beobachters, sondern die eines am menschlichen Geschick liebevoll Anteil Nehmenden. Das schließt ein, daß menschliche Wirklichkeit unter Einschluß von Leid und Vergehen in irgendeiner Weise in Gott Eingang findet. Soll dieses Anteilnehmen sich in Liebe vollziehen, dann muß es in Freiheit geschehen; denn Liebe gibt es nur als freie Zuwendung des Liebenden zum Geliebten. Das Anteilnehmen Gottes kann sich aber als freies Lieben nur dann vollziehen, wenn Gott nicht von der menschlichen Wirklichkeit, an der er Anteil nimmt, abhängig wird. Er ist der Leid und Vergehen in sich aufnehmende und dennoch in seiner Liebe freie und ewige Gott. Diese Freiheit und Ewigkeit sind nur so denkbar, daß Gott nicht erst in seiner Beziehung zum Menschen ein Gegenüber hat, dem er mit Liebe begegnet; dann wäre sein Lieben vom menschlichen Gegenüber abhängig.
Um Gottes Freiheit theologisch zu wahren, kann man sich Gott so vorstellen, daß er schon in sich selbst ein Gegenüber ist. Eben dies, so stellt Straßburg fest, kann sowohl von jüdischen als auch von christlichen Denkern behauptet werden. Auf jüdischer Seite ist hier vor allem Franz Rosenzweig zu nennen. Die Annahme eines Gegenübers in Gott selbst muß also noch nicht den Differenzpunkt markieren. Geht man allerdings der Konkretion dieses Gegenübers in Gott nach, so wird die Differenz deutlich. Denn der christliche Glaube versteht Gott als Gegenüber von Vater und Sohn im Heiligen Geist, während beispielsweise Franz Rosenzweig von einem Verhältnis Gottes zur vergänglichen Schöpfung als Gottes „eigener Tiefe" spricht. Demnach hat die Wirklichkeit von Sünde und Tod zwar einen Ort in Gott, bleibt aber das Ungöttliche und Gott Fremde.
Trinitarisches Denken hingegen, wie es der Autor in der Folge Karl Barths aufzeigt, versteht Gott als Einheit von göttlicher und menschlicher Wirklichkeit. In dem Menschen Jesus Christus, den Gott in die Einheit mich sich aufnimmt, integriert Gott die von Jesus erlittene Wirklichkeit von Sünde und Tod in sein eigenes Sein. Er macht das ihm Fremde zum ihm Eigenen. So verwandelt Gott das, was gänzlich anders ist als er selbst, nämlich Sünde und Tod, in diesem ihrem Anderssein zum Anderssein dessen, was ihm eigen und nicht mehr fremd ist. Er verwandelt die Anderheit des Anderen in die Anderheit des Eigenen. Gott ist nach diesem Verständnis eins mit seinem liebevollen Handeln, er ist sein Lieben (vgl. 1 Joh 4,8.16). Sein und Handeln Gottes sind eins.
Es zeichnet die Studie von Klaus-Dieter Straßburg aus, daß sie nicht dem theoretischen Rahmen der Gotteslehre verhaftet bleibt, sondern aus den gewonnenen systematischen Erkenntnissen ausführliche Konsequenzen für den gegenwärtigen jüdisch-christlichen Dialog zieht. Eine wichtige These in diesem Dialog ist der Satz: „Juden und Christen bekennen sich zu dem einen Gott." Der eine Gott ist für Juden und Christen der, der sowohl Israel, dem Volk Gottes, als auch den übrigen Völkern in Liebe begegnet. Seine Liebe zu seinem erwählten Volk Israel hat für immer Bestand, und damit hat dieses Volk ein unverlierbares Recht, in dieser Welt zu existieren. Das gewinnt besonders nach den unbeschreiblichen Greueln der Schoa Relevanz, die den Versuch der Ausrottung des jüdischen Volkes darstellten. Straßburg legt dar, daß die Gewißheit der Liebe Gottes zu seinem Volk und damit zugleich die Gewißheit des Existenzrechts Israels gerade durch ein trinitarisches Gottesverständnis eröffnet wird. Denn in ihm ist sowohl die liebevolle Anteilnahme Gottes am Geschick Israels bis hin zum Tod theologisch gewahrt als auch die Unvergänglichkeit dieser göttlichen Liebe. Gott integriert die menschliche Wirklichkeit von Schuld und Vergehen in sein ewiges Sein, und gerade so nimmt er Schuld und Vergehen ihre zerstörerische Macht. Wird Gott so verstanden, dann kann kein noch so zerstörerisches und todbringendes menschliches Verhalten gegenüber Israel die ewige Erwählung dieses Volkes außer Kraft setzen.
Ein weiteres in der Studie verhandeltes Thema ist das Problem der Judenmission und des Antijudaismus. Nach trinitarischem Verständnis ist Jesus Christus der Grund des Heils sowohl für Israel als auch für die übrigen Völker. Indem Gott sich mit dem Juden Jesus identifiziert, wird aber eine Vorrangstellung des jüdischen Volkes deutlich: Gott erwählt zuerst Israel, dann die anderen Völker zur Einheit mit sich; er nimmt Anteil zuerst am jüdischen Leiden, dann am Leiden der anderen Völker; er verheißt zuerst Israel ewiges Heil, dann auch den anderen Völkern. Die Untersuchung belegt, daß diese Wahrheit Juden gegenüber bezeugt werden kann, ohne den jüdischen Glaubens- und Lebensweg, sofern er dieser Wahrheit entspricht, in Frage zu stellen. Denn Juden nehmen eine Sonderstellung im liebevollen Handeln Gottes ein und sollen dieser Sonderstellung entsprechend leben. Dies muß klar sein, wenn ihnen der Jude Jesus als Grund ihres Heils bezeugt wird. Ein solches christliches Zeugnis gegenüber Juden ist frei von Antijudaismus. Denn es bestreitet den Juden nicht das Recht ihres besonderen Glaubens- und Lebensweges, der in der vorrangigen Erwählung und besonderen Geschichte Gottes mit diesem Volk begründet ist.
Und die Schoa? Macht sie nicht jeden Glauben an den einen liebenden Gott unmöglich? Desavouiert sie nicht zumindest jedes christliche Zeugnis gegenüber Juden? Juden haben in Auschwitz an ihrem Glauben an den liebenden Gott, der auch im Tod an ihrer Seite ist, festgehalten und sind in diesem Glauben in den Tod gegangen. Christen sind mit ihnen darin verbunden, daß sie den Glauben an die Macht Gottes über den Tod nicht aufgeben. Diese Hoffnung aufzugeben würde bedeuten, dem grauenhaften menschlichen Handeln in Auschwitz das letzte Wort zu gewähren. Juden und Christen geben aber das letzte Wort dem liebenden Gott. Sie sind sich darum der Unzulänglichkeit ihres eigenen Denkens und Handelns bewußt. Christen können angesichts des liebenden Gottes die in der Schoa grauenvoll sichtbar gewordene Schuld bekennen. Sie werden in besonderer Weise jeder Überheblichkeit gegenüber Juden und jeder Verachtung gegenüber dem jüdischen Glaubens- und Lebensweg entgegentreten. Denn sie wissen, daß Gottes Erwählung Israels und seine Treue zu Israel Bestand haben. Dies drückt das trinitarische Gottesverständnis dadurch aus, daß es Gott als den bekennt, der Gott ist nur in Einheit mit dem jüdischen Menschen Jesus von Nazareth.
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Datum: 17.05.2009 - 18:28 Uhr
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Freigabedatum: 17.05.2009
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