Badische Neueste Nachrichten: Eine Gerechtigkeitslücke
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ihre Kinder zur Welt gebracht haben, gab es noch kein Elterngeld und
kaum Kindergartenplätze. Die Rollen in den Familien waren klar
verteilt und die Ehe in den meisten Fällen tatsächlich noch ein Bund
fürs Leben. Die Lebensleistung dieser mehr als sechs Millionen Mütter
allerdings honoriert unser Rentensystem bisher nicht. Im Gegenteil:
Es bestraft die Frauen, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben. Dabei
haben gerade sie auf vieles verzichtet. Die jungen Mütter der
sechziger, siebziger und achtziger Jahre haben nicht nur mehr Kinder
großgezogen. Sie hatten es auch schwerer als die Frauen von heute,
Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren und sich dadurch eigene
Rentenansprüche zu erarbeiten. Mütter wie Sieglinde F. sind die
tragischen Heldinnen des Rentensystems: Sie haben ihm
überdurchschnittlich viele Beitragszahler geboren, bekommen selbst
aber nur magere Altersgelder zurück. So gesehen ist es nur
konsequent, wenn CDU und CSU versprechen, diese Gerechtigkeitslücke
zu schließen. Im Moment erhält eine ältere Mutter pro Kind zwischen
50 und 56 Euro weniger Rente im Monat als eine jüngere, was die
Betroffenen zu Recht empört. Ganz so einfach, wie die Union es
suggeriert, wird das Problem allerdings nicht zu lösen sein. Bei
Kosten von sechs Milliarden Euro im Jahr ist schon der erste Schritt,
das Halbieren des Rückstandes, ein Kraftakt - zumal der Topf, in den
die C-Parteien dafür greifen wollen, für solche Operationen
eigentlich tabu sein sollte. Die Reserven der Rentenkassen von
gegenwärtig 29 Milliarden Euro sind das, was der Volksmund einen
Notgroschen nennt. Sie dienen dazu, die Beiträge auch über
wirtschaftlich schwierigere Phasen hinweg halbwegs stabil zu halten.
Umgekehrt sollen Arbeitgeber und Beschäftigte in guten Zeiten auch
nicht mehr als nötig bezahlen: In dem Moment, in dem die Reserven
eine bestimmte Grenze übersteigen, muss die Politik die Beiträge
senken. So steht es im Gesetz - und nach dieser Logik würde der Satz
im nächsten Jahr von 18,9 Prozent auf 18,6 oder 18,4 Prozent fallen.
Mit ihren Rentenplänen setzt die Union diesen bewährten Mechanismus
kühl außer Kraft. Je mehr sie für Mütter wie Sieglinde F. aus dem
Sparstrumpf der Solidargemeinschaft nimmt, umso schneller ist der
Notgroschen aufgebraucht und umso wahrscheinlicher wird eine Erhöhung
der Beiträge in den nächsten Jahren. Nachhaltiger und
ordnungspolitisch sauberer wäre es, die höheren Mütterrenten wie
andere versicherungsfremde Leistungen auch aus dem Steuertopf zu
finanzieren und den Bundeszuschuss an die Rentenversicherung von
zuletzt knapp 66 Milliarden Euro entsprechend aufzustocken. Das aber
hieße, entweder Steuern zu erhöhen oder an anderer Stelle zu kürzen,
was im beginnenden Wahlkampf beides gleichermaßen schlecht ankommt.
Deshalb, vor allem, versuchen es CDU und CSU mit dem riskanten Umweg
über die Rentenkasse.
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Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
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Datum: 10.07.2013 - 22:41 Uhr
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