KOCH-MEHRIN-Interview für die 'Lübecker Nachrichten'
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KOCH-MEHRIN-Interview für die "Lübecker Nachrichten"
Frage: Warum sollen die Menschen zur Europawahl gehen?
KOCH-MEHRIN: Weil inzwischen 70 Prozent der Gesetze in Deutschland auf EU-Gesetzgebung zurückgehen. Es ist immer mehr so: In Brüssel wird die Musik komponiert, und in Berlin wird sie gespielt.
Frage: Welche Entscheidungen haben Sie zuletzt mit getroffen, die uns hier vor Ort direkt betreffen?
KOCH-MEHRIN: Zum Beispiel wurde in unserem Sinne dagegen entschieden, den Mutterschutz europaweit zu vereinheitlichen. Der Plan wäre gewesen: 20 Wochen Mutterschutz bei voller Bezahlung in ganz Europa. Und wir haben gesagt: Dafür sind die Verhältnisse und die bisherigen Bestimmungen in den einzelnen Ländern viel zu unterschiedlich. In Ländern wie Rumänien und Bulgarien sieht es anders aus als in London.
Frage: Ist das Ihre zentrale Botschaft für Europa, nicht zu viel zu regulieren?
KOCH-MEHRIN: Wir stehen für weniger staatliche Eingriffe, für Bürokratieabbau und machen regelmäßig Vorschläge für die Abschaffung überflüssiger Gesetze.
Frage: In Bezug auf das Glühbirnen-Verbot der EU-Kommission haben Sie von Entmündigung der Bürger gesprochen...
KOCH-MEHRIN: Ich finde, Produktverbote einer Behörde sind das beste Rezept, um mehr Wut auf Europa zu schaffen. Das Parlament hätte sich damit beschäftigen müssen. Dann hätten die Bürger die Möglichkeit, diejenigen abzuwählen, die immer verbieten wollen.
Frage: Hier wäre Ihnen also weniger Europa lieber. Auf welchen Gebieten wären Sie dagegen für mehr Europa?
KOCH-MEHRIN: Ich würde mir mehr europäische Außenpolitik wünschen, das heißt, dass wir mit einer gemeinsamen europäischen Position auftreten. Aber das ist noch ein weiter Weg dahin. Und - das haben wir übrigens schon vor der Krise gefordert - eine gemeinsame, europäische Finanzmarktaufsicht. Leider haben die nationalen Regierungen da bisher alles blockiert. Aber: Wenn wir es jetzt nicht hinbekommen, wann dann? Bei der Wettbewerbs- und Kartell-Aufsicht funktioniert es sehr gut.
Frage: Die EU hat mittlerweile 27 Mitglieder. Weitere wollen hinzukommen. Ist dieser riesige Dampfer EU noch überschaubar und manövrierbar?
KOCH-MEHRIN: Ein gravierendes Problem ist, dass die vielen und eigentlich guten Großprojekte der EU - wie zum Beispiel die Währungsunion - nicht demokratisch rückgekoppelt sind. Zum Beispiel konnte in vielen Ländern über die Einführung des Euro abgestimmt werden, in Deutschland aber nicht. Ebenso konnten die Bürger in Ländern, die zuletzt beigetreten sind, über ihre EU-Zugehörigkeit abstimmen. Ohne Volksentscheide in Europa kommt es zu einer immer größeren Entfernung zwischen EU und den Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb sage ich: Wir brauchen jetzt erst die Ratifizierung des EU-Reformvertrags, bevor die EU noch grösser wird.
Frage: Danach sind Sie aber für weitere Beitritte?
KOCH-MEHRIN: Warum sollten wir die Chance, Dinge wie Rechtsstaat, Demokratie und Soziale Marktwirtschaft weiter zu exportieren, nicht nutzen? Aber ich halte es für unmöglich, als EU immer größer zu werden - und gleichzeitig politisch immer enger zusammen zu gehen. Deshalb bin ich für die Tendenz, die sich schon jetzt abzeichnet: Es wird unterschiedliche Formen von enger oder nicht so enger Zusammenarbeit geben.
Frage: Sie sind der ?Medienstar? der Europapolitik. Wie kommen Sie damit klar, so präsent zu sein?
KOCH-MEHRIN: Als Politiker bekommt man verschiedene Etiketten angehängt. Damit muss man zurecht kommen. Mich wundert aber, warum alle anderen Parteien ihre Kandidaten nicht in den Mittelpunkt stellen. Bei jeder anderen Wahl ist das ganz selbstverständlich. Und wir haben unseren Wahlkampf schon immer personalisiert.
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Datum: 20.05.2009 - 17:51 Uhr
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