WESTERWELLE-Interview für die ?Westfälischen Nachrichten?
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WESTERWELLE-Interview für die "Westfälischen Nachrichten"
Frage: Noch knapp vier Monate gehen bis zur nächsten Bundestagswahl ins Land. In welchem Zustand sehen Sie gegenwärtig die große Koalition?
WESTERWELLE: Das hat viel mit Endzeit zu tun. Eine Regierung, die nur noch gegeneinander arbeitet, bei nahezu jeder Frage miteinander streitet, wird unser Land nicht mehr nach vorne bringen.
Frage: Durch das gegenwärtige politische Krisenmanagement rückt der Staat wieder in die Vorstandsetagen von Konzernen ein. Wir haben den Fall Opel, wir diskutieren den Fall Arcandor. Welche Position bezieht hier die FDP?
WESTERWELLE: Der Staat ist weder der bessere Banker, noch ist er der bessere Unternehmer. Dass der Staat auch Brücken bauen soll, das versteht sich von selbst. Aber dass nur noch den Großen geholfen wird, während man den Mittelstand pleite gehen lässt, ist unverantwortlich. Alle Großunternehmen mit Steuergeldern gerettet ? und am Ende ist der Staat pleite? Das ist keine vernünftige Politik.
Frage: Über die Beteiligung an einigen Landesregierungen sind Sie mit der FDP gleichwohl mit am Tisch bzw. mit im Boot. Wie verträgt sich diese Rolle mit diesen Aussagen?
WESTERWELLE: Die FDP kann nicht in einer Landesregierung dem deutschen Staatsschiff insgesamt eine neue Richtung geben. Dafür müssen wir auf Bundesebene erst in Regierungsverantwortung gewählt werden. Wir haben einiges für die Steuerzahler herausgeholt, gerade jetzt im Fall Opel. Es bleibt eine Chance mit erheblichen Risiken, die dort vereinbart worden ist. Mit Arcandor hält nun aber eine Firma beim Staat die
Hände auf, bevor überhaupt die Eigentümer in vollem Umfang zur Verantwortung gezogen worden sind. Weil Arcandor ein profitables Reiseunternehmen besitzt, müsste dies doch zum Beispiel erst einmal veräußert werden, bevor das Unternehmen beim Steuerzahler anklopft.
Frage: Stichwort mitregieren. Welche Chancen sehen Sie, dass das Land nach der Bundestagswahl im September von einer schwarz-gelben Koalition regiert wird?
WESTERWELLE: Das wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Es geht um jede Stimme. Das haben wir vor kurzem eindrucksvoll erlebt bei dem Versuch von SPD, Grünen und Linkspartei, den amtierenden und hochangesehenen Bundespräsidenten abzuwählen. Um dies zu verhindern, kam es auch auf jede Stimme an. Sollte es im September keine bürgerliche Mehrheit aus Union und FDP geben, dann gibt es eine linke Mehrheit. Vielleicht kommt für eine Übergangsphase von einem Jahr noch einmal eine schwarz-rote Koalition, zum Beispiel bis zur nordrhein-westfälischen Landtagswahl, danach aber wird es eine Linksregierung geben. Genau das wollen wir verhindern ? ebenso wie eine Fortsetzung dieser sogenannten großen Koalition, die sich nur zankt.
Frage: Steht die FDP, wenn es denn rechnerisch reicht, vielleicht sogar attraktiv ist, nicht doch für eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen zur Verfügung?
WESTERWELLE: Die Programme von SPD und Grünen passen zur Linkspartei, aber nicht zu uns.
Frage: Und wenn das Wahlergebnis eine Ampel nahe legt? Machen Sie weiter Opposition?
WESTERWELLE: Eine Ampel ist aus heutiger Sicht ausgeschlossen. Wir sind aber sehr optimistisch, dass es uns gelingen wird, gemeinsam mit der Union eine Regierungsmehrheit zu bekommen. Die Union braucht mit der FDP wieder einen Koalitionspartner, der sie zurück in die Mitte führt, denn dass die Union mittlerweile sogar ihren eigenen Wirtschaftsminister in Sachen Opel fallen lässt, um die Herren Steinbrück und Steinmeier zu unterstützen, das ist schon ungewöhnlich.
Frage: Sehen Sie denn in der Union genügend Lust auf Schwarz-Gelb?
WESTERWELLE: Es gibt einige in der Union, die haben es sich in der großen Koalition recht gemütlich eingerichtet. Ich kenne aber auch viele, vor allen Dingen an der Basis, die Schwarz-Rot beenden wollen und wissen, dass eine Linksregierung verhindert werden muss; und die setzen auf ein Bündnis mit der FDP.
Frage: Wird die Europawahl Ihnen zusätzlichen Schwung für den Bundestagswahlkampf verleihen? Sie kommen von 6,1 Prozent; das scheint steigerungsfähig?
WESTERWELLE: Ich bin optimistisch, dass es uns gelingen wird, mit Silvana Koch-Mehrin an der Spitze ein gutes Europawahlergebnis zu erreichen. Leider unterschätzen zu viele Bürger die Europawahl. Ich möchte ein Europa, das die Friedensantwort auf zurückliegende Kriege auf unserem Kontinent ist, aber ich will kein Europa, das sich
anmaßt, über unser Privatleben oder über das Leben der Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu entscheiden. Wir wollen nach dem Grundsatz verfahren: Was Europa nicht regeln muss, soll es auch nicht regeln dürfen. Es ist doch völlig absurd, dass eine nicht ausreichend demokratisch legitimierte Behörde in Brüssel mit dem Glühbirnenverbot entscheidet, welches Leuchtmittel wir hier in Deutschland einsetzen. Das darf nicht sein.
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Datum: 04.06.2009 - 14:51 Uhr
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