Bain-Analyse zur Entwicklung der Kfz-Versicherung / Digitalisierung und Technologietrends im Auto bedrohen Geschäftsmodell (FOTO)
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(ots) -
- Margen bleiben in der Kfz-Versicherung weiterhin unter Druck -
Technologiefortschritte der Automobilhersteller führen zu
beschleunigtem Schadenrückgang
- Prämienvolumen ist aufgrund neuer
Mobilitätskonzepte und stagnierender Automobilnachfrage deutlich
rückläufig
- Existenzielle Bedrohung der Kfz-Versicherung erfordert
eine offensive Ausrichtung und Ausnutzung der Digitalisierung
entlang der gesamten Wertschöpfungskette
Nach sechs defizitären Jahren soll die Kfz-Versicherung 2014
wieder aus dem Minus kommen. Dennoch sorgen strukturelle Faktoren
laut einer Analyse der internationalen Managementberatung Bain &
Company für einen langfristig anhaltenden Margendruck.
Omnikanalfähigkeit, modulare Produktansätze, radikale Realisierung
von End-to-End-Prozesseffizienzpotenzialen sowie bessere
Kundeneinbindung durch Self-Service sind die Zukunft.
Mit durchschnittlich jährlich rund drei Millionen verkauften
Neuwagen ist der Automarkt in Deutschland in den nächsten Jahren
gesättigt. In Ballungszentren ersetzen verbesserte öffentliche
Nahverkehrsnetze oder neue Mobilitätsangebote wie Car-Sharing für
bestimmte Mobilitätsbedürfnisse teilweise das eigene Auto. Parallel
dazu führt die technologische Weiterentwicklung bei Sicherheits- und
Assistenzsystemen (vgl. Abb.) zu einem beschleunigten
Schadenrückgang. Hinzu kommt, dass der Preisdruck in einem zunehmend
digitalisierten, preissensiblen und transparenten Markt anhält und
das Überangebot an Versicherern seinen Teil zu einer weiter konstant
hohen Wettbewerbsintensität beiträgt.
"Die Prämienvolumina sind angesichts dieser Entwicklung mittel-
und langfristig klar rückläufig", sagt Dr. Gero Matouschek, Partner
und Versicherungsexperte bei Bain & Company. "Doch für die meisten
Versicherer ist ein Ausstieg aus der Kfz-Sparte unmöglich. Sie sind
auf die bestehenden Umsatzstrukturen angewiesen und müssen diese
systematisch weiterentwickeln." Ziel der Versicherer wird es deshalb
eher sein, die eigene Abhängigkeit von dieser Sparte sukzessive zu
reduzieren und gleichzeitig Kosten und Risiken konsequent zu
verringern.
Technologische Innovationen ermöglichen kundenspezifische
Risikoprofile
Innovationen in der Datensammlung und -analyse versetzen
Versicherer in den kommenden Jahren zunehmend in die Lage, die
individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden in puncto Ansprache oder
Produktangebot besser zu verstehen. Entsprechend lassen sich gezielt
Produkte für kundenspezifische Risikoprofile entwickeln. Im Kampf um
den schrumpfenden Kfz-Markt werden Big-Data-Technologien auch die
Risikoselektion verbessern. "Für bestimmte Kundensegmente wird dies
zu attraktiven Angeboten führen", so Matouschek. "Der Profitpool der
Branche wird dadurch vermutlich abnehmen."
Die Möglichkeiten der Telematik sind bei einigen Versicherern
bereits im Testlauf oder kommen demnächst auf den Markt. Grundlage
ist eine vom Kunden freiwillig installierte Datenbox, die
Fahrinformationen kontinuierlich aufnimmt und an den Versicherer
sendet. Bei Wohlverhalten des Versicherten sind Rabattierungen von 20
bis 30 Prozent bei gleichem Fahraufkommen oder mittelfristig sogar
"Pay-as-you-drive"-Tarife denkbar. "Telematikangebote werden dadurch
in bestimmten Kundensegmenten auf reges Interesse stoßen und
entsprechend genutzt werden", erklärt Dr. Klaus Stricker, bei Bain &
Company Partner und Leiter der Praxisgruppe Automobilindustrie in
Europa. "Für die Versicherungsbranche wiederum bedeutet dies
insgesamt eine höhere Prozess- und Tarifkomplexität."
Im Zuge von Kooperationen bedienen sich Automobilhersteller und
Versicherer solcher Innovationen - und bedrohen damit den Profitpool
in der unabhängigen Versicherungswirtschaft. Ein Beispiel ist das
Joint Venture von Allianz und Volkswagen. Dessen Ziel ist es, den
Herstellerkundenzugang und die Herstellerdaten für neue
Kfz-Premiumangebote zu besonders fairen Preisen zu nutzen. Dabei
setzt der Versicherer auf situationsspezifische Kundenangebote und
baut Herstellerofferten mit ein. "Die Verknüpfung von fahrzeug- und
fahrprofilbezogenen Daten schafft neue Möglichkeiten für
maßgeschneiderte Angebote, die konsequent auf die Bedürfnisse
bestimmter Kundensegmente ausgerichtet sind", stellt Autoexperte
Stricker fest.
Mit dem Start des Vergleichsportals von Google kommt ein
branchenfremdes Geschäftsmodell auf die Versicherungswirtschaft zu,
das den primären Kundenzugang für sich beansprucht und sich
hinsichtlich Kundenverständnis und -analytik klar von der Branche
abgrenzt. Früher oder später könnten Unternehmen wie Google einen
Schritt weitergehen und kundenspezifische Tarife mithilfe
strategischer Produktpartner anbieten. So werden die Unternehmen
einen für den Kunden sichtbaren Mehrwert bieten.
Integrierter Ansatz dank Omnikanalfähigkeit und modularem
Produktbaukasten
Versicherer müssen künftig mit strukturell weniger Kosten entlang
der gesamten Wertschöpfungskette reagieren und gleichzeitig die
Omnikanalanforderungen des Kunden erfüllen. "Entscheidend ist die
Entwicklung eines integrierten Produktangebots, das sowohl die
Nachfrage nach den günstigsten Produkten bedient als auch
verständliche, preiswerte Ausbaupakete mit Mehrwert zusammenfasst",
betont Bain-Versicherungsexperte Matouschek.
Die Automatisierung von Geschäftsprozessen wird im Retail-Geschäft
eine Kernanforderung sein. Bei der Weiterentwicklung der
Systemlandschaft ist zudem auf Flexibilität sowie offene Kunden- und
Vertriebsschnittstellen zu achten, die auch Innovationen im
Smartphone- sowie Tablet-Bereich abdecken. Wie Kunden im Internet
müssen Agenten und Makler sofort und vor Ort zum Abschluss kommen
können - Policierung inklusive.
Gerade im Kfz-Segment ist es deshalb unabdingbar, die
Onlinepräsenz zusammen mit einer konsistenten Produkt- und Tarifwelt
für alle Online- und Offlineangebote auszubauen. Dies führt zu
modularen Policen im Baukastenprinzip: Eine Onlinebasisversicherung
wird im persönlichen Vertrieb mittels hinzubuchbarer Premiummodule
zum individuellen und margenstarken Premiumprodukt erweitert. Da das
Basisprodukt online und offline gleich ist, kann der Kunde
wechselweise im Web, telefonisch oder im persönlichen Gespräch Preise
vergleichen oder Optionen wählen, ohne dass es zu Friktionen oder
Verwirrungen kommt.
Durch Self-Service den Kunden besser einbinden
Die Mehrheit der Versicherer positioniert sich derzeit als
Servicemarke. Die Kundenbetreuung sollte daher ebenfalls
Omnikanalcharakter haben und Telefon, E-Mail, Website oder das
persönliche Gespräch einschließen. Auch um Kostenpotenziale durch
Self-Service zu erzielen, gilt es, eine Kundenperspektive
einzunehmen. Nur wenn es für den Kunden effektiver ist, wird er zu
Self-Service greifen. "Convenience" für den Kunden ist also
Voraussetzung. Serviceeinschränkungen nach dem Motto "Das geht jetzt
nur noch online" lassen sich ausschließlich als günstigster Anbieter
mit eng gefasster Kundenzielgruppe argumentieren und durchsetzen.
Im Schadenbereich sollte in Technologien investiert werden, die
die Prozesszeiten noch besser steuerbar und für den Kunden
transparent machen. Durch technologische Integration müssen die
Prozesse weiter beschleunigt werden. "Besonders im Schadenmanagement
gilt es, den vom Kunden wahrgenommenen Nutzen zu verbessern", so
Matouschek. "Das bedeutet, nur diejenigen Service- und
Convenience-Aspekte zu liefern, die der Kunde auch wertschätzt."
Im Oktober 2015 soll nach dem Willen der Europäischen Kommission
der eCall, das automatische Notrufsystem für Kraftfahrzeuge,
flächendeckend eingeführt werden. Damit wird eine für Kfz-Versicherer
entscheidende neue Technologie in allen Neufahrzeugen verfügbar. Die
Versicherungsunternehmen dürfen sich dabei die Betreuung ihrer Kunden
am wichtigsten Interaktionspunkt, der schnellen Schadenbehebung,
nicht aus der Hand nehmen lassen. Sie sollten daher bereits in der
kurzen Erholungsphase 2014 konsequent ihre neue Kfz-Strategie
einleiten.
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Datum: 04.12.2013 - 09:55 Uhr
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