Thermografie bei der Papierherstellung

Thermografie bei der Papierherstellung

ID: 599

Die Thermografie ist bisher bei der Papierherstellung noch wenig verbreitet. Sie bietet jedoch ein breites Einsatzspektrum und große Vorteile bei der vorbeugenden Instandhaltung, bei der Optimierung von Anlagen und damit auch als Methode zur Qualitätssicherung.
Thermografie kann überall dort erfolgreich angewendet werden, wo die Temperaturprofile von Anlagen einen Einfluß auf die Qualität der Produkte haben, oder als Indikator für Wartungs- und Instalthaltungsmaßnahmen dienen können.

Physikalische Grundlagen der Thermografie

Die für das menschliche Auge unsichtbare Wärmestrahlung eines Körpers im Infrarotbereich wird bei der Thermografie mit einer Wärmebildkamera durch physikalische Umformung in ein sichtbares flächiges Temperaturprofil umgewandelt. Man erhält so ein temperaturkalibriertes Bild des erfassten Gegenstandes.
Zum technischen Verständnis ist die Kenntnis einiger physikalischer Zusammenhänge erforderlich. Dies dient auch der Vermeidung von nicht aussagekräftigen Messungen und möglichen Fehlinterpretationen von durchgeführten Messungen.
Jeder Körper mit einer Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunktes sendet elektromagnetische Wellenstrahlung aus. Diese Strahlung kann vom Menschen als Wärmestrahlung durch die Haut oder bei hohen Temperaturen als Wärmestrahlung und Strahlung von sichtbarem Licht wahrgenommen werden. Dies ist dann der Fall, wenn ein Körper bei Temperaturen von mehreren hundert Grad anfängt zu glühen.
Am Beispiel der Sonne und eines Ofens läßt sich dies gut veranschaulichen. Während die Sonne bei extrem hohen Temperaturen von 5.500 °C sowohl Licht als auch Wärmestrahlung aussendet, sendet der Ofen bei deutlich geringeren Temperaturen ausschließlich langwellige Wärmestrahlung, die für das menschliche Auge nicht sichtbar ist.

Spektrale Ausstrahlung in Abhängigkeit der Körpertemperatur
Bei Wärmebildkameras macht man sich diesen Effekt zu Nutze und wählt einen Wellenlängenbereich von etwa 8 bis 14 µm aus, in diesem Bereich ist die Atmosphäre zudem sehr durchlässig für Infrarotstrahlung. Die uns umgebenden Körper emitieren aber eine ausreichend messbare Strahlung. Wie aus dem Diagramm ersichtlich ist, erreichen Körper, die sich im Bereich unserer gewohnten Umgebungstemperatur befinden, in diesem Wellenbereich das Maximum ihrer Strahlung. Praktische Bedeutung für unsere Anwendungen der Thermografie haben Körper, deren Ausstrahlungsmaximum der Wellenlänge bei etwa 10 µm liegt.




Eine weitere Einflußgröße für die emitierte Strahlung bei realen strahlenden Körpern ist der Emissionsfaktor Ɛ. Zum besseren Verständnis sei dies anhand des Stefan-Boltzmann-Gesetzes gezeigt:
M = Ɛ • σ ∙T4 mit: M – Strahlung [ W / m2 ]
σ –Stefan-Boltzmannsche- Konstante
= 5,67 • 10 -8 W / (m2K4)
T – absolute Temperatur in Kelvin [ K ]
Ɛ – Emissionsfaktor [0 ≤ Ɛ ≤ 1 ]
Beim idealen Schwarzen Körper hat Ɛ den Wert 1. Im Bereich der Gebäudethermografie nimmt Ɛ für die Baustoffe Beton, Mauerwerk, Putz und Holz Werte von 0,9 bis 0,95 ein, so dass zwischen den unterschiedlichen Materialien nur geringfügig differenziert werden muß und der Einfluß des Emissionsfaktors in vielen Fällen vernachlässigt werden kann. Betrachtet man hingegen technische Anlagen, in denen Metalle als Bauteile verwendet werden, so kann der Emissionsfaktor Ɛ Werte zwischen 0,1 für glänzende Oberflächen und 0,8 für dunkle oder stark oxidierte Oberflächen wie verrostetes Eisen einnehmen. Für Papier kann Ɛ Werte bis 0,95 also nahezu 1 einnehmen.
Obwohl die absolute Temperatur in der Boltzmannschen Gleichung mit dem Exponenten 4 in das Ergebnis einfließt, hat sie jedoch bei unseren Betrachtungen einen vergleichsweise geringen Einfluß. Berücksichtigt man hingegen, dass Ɛ Werte zwischen 0,1 und 0,98 einnehmen kann, so wird ersichtlich, dass dies bei einer Interpretation von Thermogrammen entsprechend zu berücksichtigen ist.
So haben glänzende Metallteile sehr geringe Ɛ- Werte, matte Anlagenteile jedoch wesentlich höhere Ɛ- Werte. Betrachtet man den metallisch glänzenden Mantel einer Walze und gleichzeitig die mit einer matten Farbe gestrichen Lagerschale, so erhält man bei gleicher Temperatur der Objekte visuell völlig unterschiedliche Eindrücke, obwohl die Oberflächentemperaturen gleich sein können.
Bei modernen Wärmebildkameras läßt sich der Emissionsfaktor ja nach Oberfläche des betrachteten Objektes für den gesamten Bildbereich einstellen. Wird ein Ausschnitt thermografiert, in dem Bereiche mit unterschiedlichen Emissionsgraden auftreten, so können diesen Bereichen individuelle Emissionsfaktoren zugeordnet werden. Dadurch wird sichergestellt, dass der gemessenen emitierten Strahlung des Körpers die richtige Temperatur zugeordnet wird.

Technik der Wärmebildkameras
Wärmebildkameras nutzen aufgrund der typischen Emissionswellenlängen in der Nähe der Umgebungstemperaturen den Spektralbereich von 3,5 – 14 µm. In diesem Bereich machen sich künstliche Lichtquellen und die Strahlung der Sonne weniger störend bemerkbar.
Wärmebildkameras der neueren Generation sind mit Detektoren in FPA – Qualität (Focal Plane Array) ausgestattet. Ihre thermischen Detektoren besitzen die positive Eigenschaft, auch bei Raumtemperatur zu arbeiten. Aufwendige Kühlsysteme wie bei früheren Kameras erübrigen sich durch den Einsatz dieser Technik. Dadurch lassen sich kompakte Bauformen realisieren.
Moderne ungekühlte Thermografiekameras besitzen eine Mikrobolometer-Array, die aus nur wenigen Mikrometer dicken strahlungsempfindlichen Zellen bestehen. Die einzelnen Zellen der Empfängermatrix verändern durch die auftreffende Strahlung und die dadurch hervorgerufene Erwärmung ihren elektrischen Widerstand. Über den gemessenen Spannungsabfall wird ein elektrisches Signal erzeugt, dass als Messsignal ausgegeben wird.
Diese Wärmebildkameras verfügen über einen Messbereich von – 40 bis 1.200 °C, eine Messgenauigkeit von +/- 1 K und eine thermische Auflösung von 0,1 K und besser.
Die zur Thermografie eingesetzten leistungsfähigen Wärmebildkameras haben eine Bildfolgefrequenz von 50 – 60 Infrarotbilder pro Sekunde. Dies reicht aus, um dynamische Vorgänge thermografisch zu erfassen und auszuwerten.

Vorteile der Thermografie
Die Thermografie ermöglicht es Anlagenzustände zu erfassen und zu diagnostizieren, was bei anderen Methoden mit einem wesentlich höheren Aufwand verbunden ist. Dies kann während des laufenden Betriebes geschehen, so dass die Betriebsabläufe nicht gestört, Betriebsunterbrechungen vermieden werden und so keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen.
Der wesentliche Vorteil der Thermografie im Vergleich zu anderen Diagnoseverfahren liegt darin, dass thermische Auffälligkeiten ohne Beeinflussung des Messobjektes zeitnah sichtbar gemacht werden können. Sie dient damit der Früherkennung von Schwachstellen und Schäden, die sonst nur mit größerem Aufwand zu erkennen wären. Dies ermöglicht ein schnelles Eingreifen, um Folgeschäden zu vermeiden und erhöht die Zuverlässigkeit und damit die Wirtschaftlichkeit der gesamten Produktionsanlage.
Das thermografische Verfahren besitzt gegenüber anderen Diagnoseverfahren folgende Vorteile:
Es arbeitet berührungslos und zerstörungsfrei.
Es liefert als bildgebendes Verfahren zeitnahe Ergebnisse sowie einen sofortigen visuellen Eindruck.
Es kann im laufenden Betrieb ohne Beeinträchtigung der laufenden Produktion durchgeführt werden.
Es ist wirtschaftlich, da die Messtechnik mobil ist und flexibel eingesetzt werden kann.

Einsatzmöglichkeiten der Thermografie
Die Thermografie hat schon seit einiger Zeit im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung in verschieden Industriezweigen einen hohen Stellenwert erlangt. Neben den Einsatzmöglichkeiten in elektrischen Anlagen lassen sich an mechanischen Einrichtungen Stellen mit erhöhter Temperatur, die z.B. durch eine höhere Reibung entstehen, schnell lokalisieren.
Bei der Papierherstellung kann die Thermografie darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur vorbeugenden Instandhaltung, zur Optimierung von Anlagen und zur Qualitätssteigerung liefern.

Temperaturprofil von Walzen
Die thermografische Erfassung von sich drehenden beheizten Walzen liefert sofort ein flächiges Temperaturprofil, das ohne weitere messtechnische Eingriffe sofort während des laufenden Betriebes erstellt und jederzeit aktualisiert werden kann.
So lassen sich auch dynamische Vorgänge wie Erwärmen oder Abkühlen oder auch zeitliche Veränderungen während des Produktionsprozesses jederzeit zeitnah erfassen, auswerten und visuell übersichtlich darstellen.
Während Anfahrphasen oder während des laufenden Betriebes lassen sich einzelne Parameter verändern und deren physikalische Auswirkungen sofort erfassen und visuell darstellen.


Thermogramm einer Rolle mit dazugehörigem Temperaturprofil

Überprüfung von Lagern
Im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung wird die Thermografie eingesetzt, um Temperaturen an drehenden Anlagenteilen als Indikator für sich anbahnende Defekte zu erfassen.
Im Gegensatz zur Temperaturmessung mit einzelnen Sensoren erhält der Betreiber ein flächiges Thermogramm des betreffenden Anlagenteils. Mit Wärmebildkameras können zweidimensionale Infrarotbilder von Lager- und Gehäusetemperaturen erstellt werden, um so die momentane Betriebstemperatur mit Bezugswerten zu vergleichen. Sich anbahnende Lagerschäden kündigen sich durch erhöhte Reibung und der dadurch verursachten Temperaturerhöhung an.


Aufnahme eines Walzenantriebes, mehrere Messpunkte sowie Messgebiete
mit Anzeige TMAX, daneben dazugehöriges Foto

Gegenüber anderen Verfahren wie beispielsweise der Schwingungsanalyse benötigt die Thermografie keine weiteren Hilfsmittel und kann während des Betriebes auch an schlecht zugänglichen Stellen aus sicherer Entfernung durchgeführt werden.
Die Thermografie ist weniger zeitaufwendig als andere Verfahren. Im direkten Vergleicht verschiedener Lager an vergleichbaren Stellen, lassen sich Auffälligkeiten sofort erkennen.
Es bietet sich an, regelmäßige thermografische Inspektionen durchzuführen. Im Vergleich mit archivierten Thermogrammen lassen sich Auffälligkeiten dann sofort erkennen.
Handlungsbedarf besteht, wenn die Temperatur eines Lagers über dem Grenzwert des normalen Betriebsbereichs liegt.

Thermografie an elektrischen Bauteilen
Nahezu alle mechanischen Bewegungen in der Industrie werden direkt oder indirekt über elektrische Antriebe erzeug. Die regelmäßige thermische Überwachung der Elektromotore ermöglicht es, rechtzeitig sich anbahnende Defekte zu erkennen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und einen störungsfreien Betrieb zu sichern.
Bei elektrischen Bauteilen bietet die Thermografie die Möglichkeit, berührungslos und aus sicherer Entfernung Verteilungen während des laufenden Betriebes und unter Spannung zu überprüfen. Unsymmetrische Belastung von Netzen oder Überlastungen einzelner Komponenten können so schnell und sicher detektiert werden.

Schütze mit erhöhter Temperatur in einem Schaltschrank

Zusammenfassung
Neben der allgemein verbreiteten Anwendung bei der Überprüfung von elektrotechnischen Anlagen bietet die Thermografie in der Papierindustrie Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung und der Optimierung von Anlagen. Ihre Vorzüge liegen in den universellen Einsatzmöglichkeiten, dem schnellen und flexiblen Einsatz sowie der guten visuellen Darstellung der Messergebnisse.
Neben den praktischen und technischen Vorzügen dieses Messverfahrens zeichnet sich der Einsatz der Thermografie durch ihre besondere Wirtschaftlichkeit aus.


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Datum: 15.09.2010 - 10:20 Uhr
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Freigabedatum: 15.09.2010

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