DER STANDARD-Kommentar: "Das Prinzip Europa" von Michael Völker
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Innenpolitik an: langatmige Auftaktveranstaltungen, gescheite
Diskussionen, verdrehte Präsentationen. Kein Knüller, aber immerhin
ein Knüllchen. Spitzenkandidaten und EU-Parlamentarier haben
plötzlich Zeit und Lust für Interviews, Hintergrundgespräche und
allerlei repräsentative Tätigkeiten, bei denen sie Menschen und
Medien begegnen und die EU erklären können. Sie tun das mit
unterschiedlich ausgeprägtem Talent, aber immer aus der Überzeugung
heraus, dass die EU wichtig und oft auch richtig ist. Selbst den
rechten Recken aus der freiheitlichen Partei, die es in die
europäische Fremde verschlagen hat, ist nicht entgangen, dass der
Union eine gewisse Relevanz nicht abzusprechen ist. Dass das in
Österreich nicht alle so sehen, sorgt für eine etwas verschämte
Zurückhaltung in der Zurschaustellung europäischer Herzlichkeit.
Die Zaghaftigkeit, mit der die Kommunikation über europäische
Themen betrieben wird, fußt auf Gegenseitigkeit: Die EU ist in der
Darstellung kein Bringer, weder für diejenigen, die mit einer
Botschaft zurück in die Heimat kommen, noch für die zu Hause
gebliebenen Politiker, die sich gelegentlich an der Komplexität
europäischer Belange versuchen. Auch für die Medien ist das nicht
einfach: Sie merken rasch, wie das Interesse der geneigten Kundschaft
versickert, wenn sich Europa in die Themenfindung verirrt. Die
Korrespondentinnen und Korrespondenten in Brüssel gelten als Rufer in
der Wüste, oft ungehört, aber immer angetrieben vom Eifer der
europäischen Bedeutsamkeit.
Der anhebende Wahlkampf böte Gelegenheit, das europäische
Verständnis zu vertiefen und eine neue Zuneigung zu denen in Brüssel,
Straßburg und drum herum zu entwickeln. Das sind ja nicht bloß Beamte
und Verwalter im Kleinen, Zahler und Empfänger im Großen, das sind
Mitbürger einer europäischen Union, die in vielem noch ausbaufähig
ist, im Tun und im Wollen, im Haben und im Mögen. Da gibt es mächtig
Potenzial. Die Parteien in Österreich gehen durchaus sehr
differenziert an dieses Potenzial heran.
Die Neos lieben Europa aus vollem Herzen, das klingt chillig,
folgt aber einem blauäugigen Prinzip. Die Freiheitlichen sind
generell dagegen, no na, Vorurteile und Ablehnung sind wesentliche
Prinzipien ihrer Politik. Die SPÖ führt einen "Ja, aber"-Wahlkampf,
glaubt sich also auf der sicheren Seite, wenn sie nicht eindeutig
Position bezieht. Das ist das Faymann-Prinzip. Die ÖVP ist
widersprüchlich unterwegs, liebt Europa so sehr wie Österreich,
pendelt zwischen Persönlichkeit und Partei; das ist das Prinzip
Karas, und Spindelegger muss glauben, diese Wahl überleben zu können.
Die Grünen führen eine derart komplizierte Kampagne, dass man noch
nicht genau weiß, wofür sie stehen und wo sie hinwollen. Sie sind in
Europa zu Hause, aber nicht in diesem, das ist das Prinzip Hoffnung,
und die ist bekanntlich grün.
Die Hoffnung bleibt auch den vielen kleinen Listen, die um
Aufmerksamkeit ringen und mit der Rückerstattung der Wahlkampfkosten
spekulieren. Bei manchen Kandidaten ist das Ego größer als die
Ambition - dieses Prinzip ist durchaus männlich.
Europa und seine Ausformungen sind vielfältig: Zwischen Glaube,
Liebe, Hass und Hoffnung sollte jeder etwas finden. Die Suche könnte
sich herausfordernd gestalten. Ganze zehn Wochen sind bis zur Wahl
noch Zeit.
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Datum: 17.03.2014 - 19:01 Uhr
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Variationen eines schwierigen Wahlkampfes: Glaube, Liebe, Hass und Hoffnung (Ausgabe ET 18.3.2014)
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Medien und Unterhaltung
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