Riepl-Illusionen und die kulturellen Katastrophen der Computerkommunikation - Zeiten der Information

Riepl-Illusionen und die kulturellen Katastrophen der Computerkommunikation - Zeiten der Informationsmonopole sind vorbei

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Bonn/Düsseldorf - Vertreter der großen Verlage zitieren mit Vergnügen aus einer Dissertation, die zu Zeiten von Kaiser Wilhelm anno 1913 veröffentlicht wurde. Es stammt von Wolfgang Riepl und trägt den Titel: „Das Nachrichtenwesen des Altertums mit besonderer Rücksicht auf die Römer", erschienen bei Teubner. Aus dem Opus leiten Medienschaffende das „Unverdrängbarkeitsgesetz" ab. Etwa Axel-Springer-Chef Matthias Döpfner. „Keine neue Mediengattung ersetzt die bestehenden. Medienfortschritt verläuft kumulativ, nicht substituierend. Es kommt immer Neues hinzu, aber das Alte bleibt. Bis heute ist dieses Gesetz unwiderlegt. Das Buch hat die erzählte Geschichte nicht ersetzt. Die Zeitung hat das Buch nicht ersetzt, das Radio nicht die Zeitung, das Fernsehen auch nicht das Radio. Und also wird das Internet auch nicht das Fernsehen oder die Zeitung ersetzen." Folgt man einem Blog-Beitrag von Handelsbatt-Redakteur Thomas Knüwer, zählen auch Tagesspiegel-Chef Stephan-Andreas Casdorff oder der verstorbene Politiker und Medienexperte Peter Glotz zu den Riepl-Fans. Wie es passieren konnte, dass eine Hypothese aus einer Dissertation des Jahres 1913, die sich mit Nachrichten im Römischen Reich beschäftigt, zum Rettungsanker der Medienkonzerne des Jahres 2009 werden konnte, ist für Knüwer nicht klar. Es sei geradezu putzig, wenn selbst die philologisch-historische Fakultät der Uni Augsburg über Riepl schreibt, er habe sich mit der „Geschichte der Fern- und Telekommunikation" beschäftigt. Denn als Riepl seine Doktorarbeit schrieb, gab es nicht einmal das Radio.



(firmenpresse) - Bonn/Düsseldorf - Vertreter der großen Verlage zitieren mit Vergnügen aus einer Dissertation, die zu Zeiten von Kaiser Wilhelm anno 1913 veröffentlicht wurde. Es stammt von Wolfgang Riepl und trägt den Titel: „Das Nachrichtenwesen des Altertums mit besonderer Rücksicht auf die Römer", erschienen bei Teubner. Aus dem Opus leiten Medienschaffende das „Unverdrängbarkeitsgesetz" ab. Etwa Axel-Springer-Chef Matthias Döpfner. „Keine neue Mediengattung ersetzt die bestehenden. Medienfortschritt verläuft kumulativ, nicht substituierend. Es kommt immer Neues hinzu, aber das Alte bleibt. Bis heute ist dieses Gesetz unwiderlegt. Das Buch hat die erzählte Geschichte nicht ersetzt. Die Zeitung hat das Buch nicht ersetzt, das Radio nicht die Zeitung, das Fernsehen auch nicht das Radio. Und also wird das Internet auch nicht das Fernsehen oder die Zeitung ersetzen." Folgt man einem Blog-Beitrag von Handelsbatt-Redakteur Thomas Knüwer, zählen auch Tagesspiegel-Chef Stephan-Andreas Casdorff oder der verstorbene Politiker und Medienexperte Peter Glotz zu den Riepl-Fans. Wie es passieren konnte, dass eine Hypothese aus einer Dissertation des Jahres 1913, die sich mit Nachrichten im Römischen Reich beschäftigt, zum Rettungsanker der Medienkonzerne des Jahres 2009 werden konnte, ist für Knüwer nicht klar. Es sei geradezu putzig, wenn selbst die philologisch-historische Fakultät der Uni Augsburg über Riepl schreibt, er habe sich mit der „Geschichte der Fern- und Telekommunikation" beschäftigt. Denn als Riepl seine Doktorarbeit schrieb, gab es nicht einmal das Radio.
„Womit Riepl sich beschäftigte war anscheinend vor allem das Post- und Meldewesen. Das kann nicht nur durch Menschen stattfinden, die auf eine Unterlage geschriebene Texte transportieren, sondern genauso durch Fahnen, Blink- oder Audiosignale", so Knüwer. Eigentlich brauchen die Verlagschef nur das medienwissenschaftliche Standardwerk von Werner Faulstich zur Hand nehmen, um herauszufinden, dass sich Riepl überhaupt nicht mit Massenmedien beschäftigt hat, sondern mit der Individualkommunikation und dem Nebeneinander von schriftlichen und mündlichen Formen der Verständigung zwischen Menschen. Und die Beispiele von Riepl zeigen sehr wohl, dass Medien „sterben" und ihren Mediencharakter verlieren. „So ist der Bote im 21. Jahrhundert längst kein Medium mehr, das als solches etabliert und in irgendeiner Weise gesellschaftlich dominant wäre", so Faulstich (Einführung in die Medienwissenschaft, UTB 2404, S. 158 ff.). Das so genannte „Unverdrängbarkeitsgesetz" sei überhaupt kein Gesetz und als These schlicht falsch.


Hier haben sich nach Auffassung von Faulstich Missverständnisse und Fehlurteile der Kommunikationsgeschichte derart tief in die Debatte eingegraben, dass sie nicht mehr hinterfragt werden. Wo bleibt da die journalistische Sorgfaltspflicht? Es werden immer wieder Konstrukte in die Welt geblasen, auch wenn sie schon längst als widerlegt angesehen werden können. Die Schrift, der Buchdruck und der Computer führten nach Analysen des Soziologen Niklas Luhmann zu tiefgreifenden kulturellen Umbrüchen.
Luhmann spricht sogar von „Katastrophen". Schon die Schrift macht das Verstehen von Kommunikation und die Reaktion auf Kommunikation unabhängig von der Anwesenheit des Mitteilenden. Im Mittelalter war jedoch die semantische Evolution entscheidend davon abhängig, in welchen Bibliotheken welche Manuskripte aufbewahrt wurden und welche Zufälle den Leser an die seltenen Manuskripte heranführten. Mit der Computerkommunikation, so Luhmann, wird die Eingabe von Daten und das Abrufen von Informationen soweit getrennt, dass keinerlei Identität mehr besteht. Wer etwas eingibt, weiß nicht, was auf der anderen Seite entnommen wird. Die Autorität der Quelle wird entbehrlich und ersetzt durch die Unbekanntheit der Quelle. Ebenso entfällt die Möglichkeit, die Absicht einer Mitteilung zu erkennen und daraus Verdacht zu nähren oder sonstige Schlüsse zu ziehen, die zur Annahme oder Ablehnung der Kommunikation führen könnten. Die moderne Computertechnik, die der Zettelkasten-Soziologe Luhmann nie benutzt hat, greift die Autorität der Experten an. Fast jeder hat mittlerweile die Möglichkeit, die Aussagen von Wissenschaftlern, Journalisten, Unternehmern und Politikern am eigenen Computer zu überprüfen. Die klassischen Medien verlieren ihre Selektionsmacht. Sie werden vom Nachrichtenthron gestürzt. Verleger können das ja noch leugnen. Journalisten haben das längst begriffen, wie man der Umfrage „European Digital Journalism" des Oriella PR-Netzwerks entnehmen kann.

Die Studie zeigt die Herausforderungen, mit denen die Medienindustrie in Europa aktuell konfrontiert ist und unterstreicht die These, dass sich die Ausgestaltung von Medienformaten grundlegend verändert. So glaubt ein Drittel der Studienteilnehmer, dass ihr traditioneller Medienkanal (Print, Radio oder TV) möglicherweise in absehbarer Zeit verschwindet. Bei 17,7 Prozent der Befragten wurden in den vergangenen Monaten bereits bestimmte Medienformate eingestellt. Bei weiteren 12 Prozent gibt es nur noch ein Online-Angebot.
Mittlerweile geben knapp 25 Prozent der befragten Journalisten an, dass das Online-Angebot der reichweitenstärkste Kanal sei. Wobei gut die Hälfte der Befragten keine tragfähigen Geschäftsmodelle für Online-Angebote sehen. Dass die digitalen Medienkanäle dennoch weiter auf dem Vormarsch sind, wird auch durch den hohen Anteil an Inhalten belegt, die speziell für Online-Angebote produziert wurden. 43 Prozent der Studienteilnehmer geben an, dass mindestens 60 Prozent der Inhalte nur noch online zu finden seien. Während die Online-Plattform nur noch für 9 Prozent ausschließlich der Zweitverwertung existierender Inhalte diene.
Von Journalisten wird heute jedoch nicht nur klassische Redaktionsarbeit erwartet: Blogging und Video-Berichte gehören bei fast der Hälfte der Befragten zum Redaktionsalltag, bei 47 Prozent Online-Video-Clips und bei 46 Prozent der Journalisten betreute Blogs. Twitter scheint bald schon zur Grundausstattung von Redaktionen zu zählen, wobei in Großbritannien fast 70 Prozent, in Deutschland hingegen nur 26 Prozent redaktionelle Twitter-Kanäle betreiben. Ähnlich groß sind die nationalen Unterschiede bei journalistischen Blogs in den Online-Angeboten der Medien (31 Prozent in Deutschland, 85 Prozent in UK). Obwohl europäische Publikationen ihre Inhalte vermehrt in neuen, digitalen Formaten anbieten, geben zwei Drittel der Befragungsteilnehmer an, keinerlei Training im Umgang mit den Neuen Medien erhalten zu haben. Für 40 Prozent der Befragungsteilnehmer bedeutet diese Entwicklung, dass sie deutlich mehr Inhalte produzieren müssen als bislang, bei einem guten Viertel auch längere Arbeitszeiten.
Interessanterweise geben - trotz Wirtschaftskrise, Auflagenschwund, Anpassungsdruck und Job-Unsicherheit - 84 Prozent der Journalisten an, dass Sie zufrieden und zu einem guten Teil sogar zufriedener mit ihrer Arbeit seien. Überdies empfinden mehr als 39 Prozent der Befragten die Qualität ihres redaktionellen Outputs als hochwertiger. Während jeder fünfte eine Verschlechterung der journalistischen Qualität in seiner Redaktion sieht, erwartet hingegen die Hälfte der Befragten durch Ressourcenverknappung einen allgemeinen Qualitätsverlust.
Fast 60 Prozent der befragten Journalisten schätzen, dass die Zahl der Print-Medien deutlich abnehmen wird. Gut die Hälfte ist der Meinung, dass Social Media zu einer völlig neuen Medienlandschaft beitragen wird, wobei 40 Prozent auch zukünftig an die Bedeutung eingeführter Medienmarken glauben.
Ähnliche Metamorphosen erlebt die Kommunikationsarbeit der Unternehmen. „Die klassische Wagenburg, die Firmen früher zwischen sich und der Öffentlichkeit errichtet haben, bekommt nicht nur Risse, in vielen Fällen entfällt sie vollends", schreibt Handelsblatt-Redakteurin Catrin Bialek. Social Media sei eine der großen Herausforderungen für die Wirtschaft. „Die klassische One-Voice-Policy wird dadurch ad absurdum geführt", sagt Thomas Voigt vom Versandhaus Otto gegenüber dem Handelsblatt. Man müsse es aushalten, dass es nicht nur eine Meinung, sondern ein Konglomerat von Stimmen gibt. In Fällen würde in deutschen Unternehmen dafür das Bewusstsein fehlen.
Da schwebt wohl immer noch die Sehnsucht nach den glücklichen Tagen einer autokratischen Informationspolitik über den Köpfen vieler Manager. Diese Zeit ist auch ohne Twitter, Facebook und Co. schon lange vorbei. So funktioniert die Welt des Internets seit zehn Jahren nicht mehr. Wer das Intranet im Unternehmen immer noch als reines Verkündigungsorgan für den Vorstand sieht, wird von den Möglichkeiten des Mediums überrollt. Selbst in einem diktatorischen Intranet - „Ihr dürft unsere Proklamationen lesen, aber im Büro nicht darüber sprechen" - entwickeln sich die Gespräche im Markt. So glaubte Ende der 1990er Jahre der Vorstand von o.tel.o (war mal ein Herausforderer der Telekom....), mit dem Intranet könne man nur die Informationen steuern, die von der Kommunikationsabteilung zugelassen werden. Dabei hatte das Unternehmen mit dem Produkt „Backweb" elektronische Agenten eingeführt, wo jeder Mitarbeiter sei eigenes Informationsmenü festlegen konnte - mit externen und internen Kanälen. Mit der Agententechnologie konnte man automatisch nach bestimmten Inhalten im Intranet und Internet suchen. Dazu gehörten auch Meldungen von Presseagenturen. Trotzdem wollte der o.tel.o-Vorstand bestimmte Agenturmeldungen über Verkaufsgerüchte nicht ins Intranet stellen. Begründung: „Das könnte die Mitarbeiter verunsichern". Die elektronischen Agenten übernahmen den Job und die o.tel.o-Belegschaft war verunsichert, warum die Meldungen nicht direkt von der internen Kommunikation verbreitet und vom Vorstand kommentiert wurden. Auch damals gab es unter den Kommunikationschefs in großen Konzernen große Bedenken gegen die o.tel.o-Anarchie im Intranet. Ein Vertreter ein großen Frankfurter Bank (.....) pochte auf sein Informationsmonopol. Da konnte es nicht verwundern, dass in seiner Mitarbeiter-Zeitschrift der Chef seines Finanzhauses grinsend mit Taktstock abgebildet war mit der sinnigen Bildunterschrift: „xy gibt den Takt an". Und die PR-Chefin eines TK-Unternehmens zeigte sich entgeistert, dass man ihre internen Propagandafibeln als anachronistisch titulierte. Die resolute Dame hatte eine Vorliebe für Firmenjubiläen, Rätselecken und Passfotos ihres übergewichtigen Vorstandsvorsitzenden mit Doppelkinn.
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Datum: 19.09.2009 - 14:00 Uhr
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Freigabedatum: 19.09.2009

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