Börsen-Zeitung: Europas Selbsttäuschungen / Kommentar von Detlef Fechtner zur Brüsseler Safe-Bond-Initiative
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die European Sovereign Bonds Backed Securities (SBBS) -
mundgerechter auch European Safe Bonds genannt. Für ihre Verfechter
- darunter renommierte Ökonomen - sind sie die geniale Lösung zur
Vorbeugung jedweder staatlicher Liquiditätsengpässe im Euroraum. In
den Augen ihrer Kritiker - etwa des Wissenschaftlichen Beirats beim
Bundesfinanzministerium - sind sie indes "die Einführung von
Eurobonds durch die Hintertür".
Wer hat Recht ? Eigentlich keine von beiden Seiten. Denn
einerseits ist der Vorwurf der Gegner falsch, es handele sich bei den
"sicheren Anleihen" nur um eine verkappte Vergemeinschaftung von
Haftung. Alle Euro-Länder werden auch in der SBBS-Welt getrennt
voneinander an die Märkte gehen, um sich zu refinanzieren. Das
"Pooling" der Risiken geschieht erst in einem zweiten Schritt. Das
ist, auch wenn man es nicht mag, ein bedeutsamer Unterschied.
Andererseits ist die Vorstellung der Fürsprecher der SBBS naiv,
fest davon auszugehen, dass die Politik im Falle einer Krise
tatsächlich Zahlungsausfälle zulassen und sich mit Interventionen
zurückhalten wird. Diese Idee eines quasi automatischen
Risikomanagements ist wohl eher ein Hoffnungswert. Denn wenn sich
die Lage verschärft, wird der Druck wachsen, die Spielregeln der
SBBS auf Kosten der Staatskasse zu verändern, damit Anleger keinen
Schaden nehmen und die Nachfrage nach Hochrisiko-Tranchen nicht
austrocknet.
Die Debatte über Safe Bonds macht zehn Jahre nach Ausbruch der
Finanzkrise augenscheinlich, dass es in der Eurozone nach wie vor
Selbsttäuschungen gibt. Die Einen vertrauen auf vermeintliche
Wunderwaffen wie die SBBS. Die Anderen versuchen glauben zu machen,
man könne den Steuerzahler in der nächsten Krise gerade dadurch
schadlos halten, dass man auf Instrumente wie SBBS verzichte -
daher sollte man erst gar nicht solche Konzepte erörtern.
Eine solche Haltung ist brandgefährlich. Griechenland, Zypern
oder Italien sind nach wie vor so instabil, dass sie schon bald
wieder finanziell an den Abgrund geraten könnten. Vor diesem
Hintergrund ist die Bundesregierung gut beraten, sich
kritisch-konstruktiv mit Vorschlägen wie die SBBS
auseinanderzusetzen, statt sie von vornherein zu verdammen - und dann
im Fall der Fälle wieder Verwerfungen durch die Flucht der Investoren
in Bundesanleihen ansehen und deren Auswirkungen über
milliardenschwere Hilfsprogramme mitfinanzieren zu müssen.
(Börsen-Zeitung, 15.05.2018)
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Datum: 14.05.2018 - 20:30 Uhr
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