Erste globale Sturzleitlinie veröffentlicht

Erste globale Sturzleitlinie veröffentlicht

ID: 2014727

Zusammenfassung der Informationen, die für Deutschland,Österreich und die Schweiz wichtig sind. Autor: Dr. Gundolf Meyer-Hentschel



Rund ein Drittel aller Menschenüber 65 erleiden jährlich einen oder mehrere Stürze. (Bildquelle:©https://flic.kr/p/c3Z4Bs)Rund ein Drittel aller Menschenüber 65 erleiden jährlich einen oder mehrere Stürze. (Bildquelle:©https://flic.kr/p/c3Z4Bs)

(firmenpresse) - Ende September 2022 wurde eine Globale Sturzleitlinie veröffentlicht. Mitgewirkt haben 96 Wissenschaftler aus 39 Ländern, aus Deutschland der Altersmediziner Professor Clemens Becker (Robert Bosch Krankenhaus, Stuttgart) und Sturz-Experte der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG).



Die Leitlinie umfasst 36 Seiten, spiegelt einen internationalen Konsens wider und gibt entsprechende Empfehlungen. Eine ganze Reihe der Empfehlungen sind in vielen europäischen Ländern bereits ganz oder teilweise umgesetzt. Andere sind zumindest bekannt.



Nachfolgend habe ich Empfehlungen und empirisch belegte Sturzrisikofaktoren zusammengestellt, die aus meiner Sicht für Deutschland, Österreich und die Schweiz interessant sein könnten, zumindest in der kompakten Darstellung dieser Zusammenfassung.



Die Seitenverweise in Klammern beziehen sich auf die Originalquelle, die Sie hier downloaden können:

https://academic.oup.com/ageing/article/51/9/afac205/6730755



Drei Fakten zu Stürzen im Alter

Im Alter nimmt die Zahl der Sturzrisikofaktoren zu: Mann liegt auf dem Boden.



1. Rund ein Drittel aller Menschen über 65 erleiden jährlich einen oder mehrere Stürze.



2. In Deutschland gibt es pro Jahr rund 500.000 Krankenhauseinweisungen, die unmittelbar auf einen Sturz zurückzuführen sind. Man schätzt, dass 20 % dieser Stürze vermieden werden können.



3. In hochentwickelten Ländern machen sturzbedingte Behandlungen rund 1 % der Gesundheitskosten aus.





Empfehlungen der Globalen Sturzleitlinie



1 Kommunikation mit sturzgefährdeten Patienten über Sturzrisikofaktoren



Anders als in bisherigen Leitlinien wird die grosse Bedeutung der Einbeziehung der älteren Menschen betont: Ohne Eigenengagement sturzgefährdeter Menschen sei eine Sturzprävention kaum erfolgreich zu realisieren. Deswegen sei es wichtig, deren Sichtweise, Einstellungen und Prioritäten zu erfragen und zu berücksichtigen. Nur so könne man Motivation und Compliance für individuell angepasste Massnahmen der Sturzprävention erreichen.



Begründung: "Viele ältere Erwachsene haben ein geringes Wissen über die Ursachen und die Vorbeugung von Stürzen und haben eigene Vorstellungen über die Ursachen, das eigene Risiko und die Wahrscheinlichkeit künftiger Stürze. Wenn man ihre Vorstellungen kennt, hat man als medizinische Fachperson die Möglichkeit, Fragen zu beantworten, Missverständnisse auszuräumen und genaue Informationen über Stürze und deren Vorbeugung zu geben." (Leitlinie, S. 10)



Die Leitlinie empfiehlt, bei Gesprächen mit Patienten nicht die Worte "Angst" oder "Furcht" zu verwenden, die in der wissenschaftlichen Literatur geläufig sind, z.B. Angst, zu stürzen (fear of falling). Solche Formulieren könnten wegen der negativen emotionalen Besetzung der Worte zu fehlerhaften Antworten führen. Empfohlen werden neutralere Formulieren wie: "Haben Sie gelegentlich Sorge, zu stürzen?"



Maßnahmen zur Sturzprävention können zeitaufwendig und langwierig sein. Um eine gute Compliance zu erreichen, sollten ältere Menschen deshalb über den Nutzen und die Belastungen einer Sturzpräventionstherapie informiert werden, damit sie gut informiert ihre Teilnahmeentscheidung treffen können und eine entsprechende Motivation aufweisen (S. 20).





2 Hausärzte als Schlüsselfiguren (S. 7 ff)



Hausärzte sollten mindestens einmal pro Jahr Sturzrisikofaktoren erfassen. Dazu empfiehlt die Leitlinie drei Fragen.



Sind Sie in den letzten 12 Monaten gestürzt?

Fühlen Sie sich manchmal unsicher, wenn Sie stehen oder gehen?

Machen Sie sich gelegentlich Sorgen, Sie könnten stürzen?

Falls Zeit für ergänzende Fragen ist, sollten die folgenden Aspekte erfragt werden, die Einfluss auf das individuelle Sturzrisiko haben können:

- Schwindel

- Einschränkungen des Sehvermögens

- Einschränkungen des Hörvermögens (S. 16)





3 Krankenhäuser und Einrichtungen der Langzeitpflege



Alle alten Menschen in Krankenhäusern oder Langzeitpflegeeinrichtungen sollten grundsätzlich als stark sturzgefährdet eingestuft werden (S. 6).





4 Medikation als bedeutender Sturzrisikofaktor (FRIDS = Fall Risk Increasing Drugs)



Die Leitlinie empfiehlt allen Ärzten, das Sturzrisiko abzuschätzen und den Nutzen und die Risiken abzuwägen, bevor man eine der folgenden Substanzgruppen verordnet (S. 14), u.a. Benzodiazepines, antidepressants, antipsychotics, opioids, antiepileptics, diuretics, centrally-acting antihypertensives, vasodilators used in cardiac diseases, alpha-blocker antihypertensives, alpha-blockers for benign prostate hyperplasia, sedative antihistamines, medications for overactive bladder and urge incontinence.





5 Osteoporose



Osteoporose-Patienten sollte grundsätzlich ein umfassendes Assessment für ihr individuelles Sturzrisiko angeboten werden (S. 18).





6 BMI als einfacher Indikator des Sturzrisikos



Menschen mit einem BMI unter 24,5 und über 30 sind eher sturzgefährdet als Normalgewichtige.

Unterernährte oder untergewichtige Personen können aufgrund von Sarkopenie, eingeschränkter Mobilität und Gangunsicherheit sowie einem schlechteren funktionellen und klinischen Status ein erhöhtes Sturzrisiko haben. Andererseits kann sich Übergewicht negativ auf die Haltungsstabilität, die Selbstständigkeit und die körperliche Aktivität auswirken - alles Faktoren, die mit Stürzen in Verbindung gebracht werden können (S. 18).





7 Assessment Sturzrisikofaktoren: Gate speed statt TUG



Die Leitlinie empfiehlt, den weit verbreiteten TUG-Test (Timed-Up and Go) durch die Messung der Ganggeschwindigkeit (gate speed) zu ersetzen.



Begründung: Der Indikator "Gate Speed" hat eine höhere Validität als der TUG-Test (S. 9).





8 Körperliches Training



Training zur Reduktion von Sturzrisikofaktoren

Die Leitlinie empfiehlt für ältere Erwachsene (falls dies sicher durchgeführt werden kann), jede Woche 150 bis 300 Minuten körperliche Aktivität mit mittlerer Intensität oder 75 bis 150 Minuten mit hoher Intensität. Es ist zu erwarten, dass dieses Training das Sturzrisiko indirekt verringert, da es sich positiv auf Kondition, Gebrechlichkeit (frailty) Sarkopenie und Herz-Kreislauf-Gesundheit auswirkt (S. 21).



Aufsteh-Training nach einem Sturz

Jeder achte ältere Erwachsene, der stürzt, gibt an, mehr als eine Stunde auf dem Boden gelegen zu haben, und bei den über 90-Jährigen können bis zu 80 % nach einem Sturz nicht mehr vom Boden aufstehen. Wenn man länger als eine Stunde auf dem Boden liegt, kommt es zu Dehydratisierung, Elektrolytstörungen, Nierenversagen, Unterkühlung, Lungenentzündung und Harnwegsinfektionen, Schädigung der Haut und Schmerzen.



Die Leitlinie macht darauf aufmerksam, dass es Trainingsprogramme gibt, in denen man das Wiederaufstehen nach einem Sturz lernen kann (S. 21), wobei die zitierten Quellen von 1996 und 2005 leider nicht besonders aktuell sind.





9 Zusammenfassung von empirisch fundierten Sturzrisikofaktoren



Harninkontinenz ist signifikant mit dem Sturzrisiko assoziiert (S. 17)



Menschen mit einem BMI unter 24,5 und über 30 sind eher sturzgefährdet als Normalgewichtige (S. 18).



Schmerzen sind ein etablierter Risikofaktor für Stürze. Die häufigste Erkrankung, die zu Schmerzen führt, ist Arthritis, die wiederum ein unabhängiger Risikofaktor für Stürze ist (S. 17).



Sowohl unbehandelte Depressionen als auch die Einnahme von Antidepressiva tragen zum Sturzrisiko bei (S. 17).



Medikation: Es ist erwiesen, dass die Einnahme bestimmter Medikamente das Sturzrisiko bei älteren Menschen erhöht (S. 14).



Wiederholte Stürze ohne erkennbaren äusseren Anlass haben häufig kardiovaskuläre Ursachen (S. 15).



Bei Demenz und leichten kognitiven Beeinträchtigungen ist die Gefahr von Stürzen und sturzbedingten Verletzungen, einschließlich Hüft-, Arm- und Kopfverletzungen, doppelt so hoch (S. 14).





Ein spezielles Sturzrisiko entsteht durch eine Fussheberschwäche (Peroneus-Parese). Mehr dazu - und ein Video - finden Sie hier: https://agesuit.com/peroneusparese-fussheberschwaeche-steppergang-hahnengang-gait/


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Bereitgestellt von Benutzer: Adenion
Datum: 17.10.2022 - 09:35 Uhr
Sprache: Deutsch
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Ansprechpartner: Andrea Meyer-Hentschel
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Kategorie:

Gesundheitswesen - Medizin



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