Dolmetschen beim Arzt: Das „Nein“ zur Hüft-OP verschwiegen
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Wer kein Deutsch spricht, ist beim Arzt oft darauf angewiesen, dass Angehörige übersetzen. Das kann gut gehen, muss aber nicht. Ein Mainzer Forscher sagt, wie sich das Problem lösen ließe.

(firmenpresse) - Der Mann saß im Rollstuhl, ein ehemaliger Hilfsarbeiter aus Portugal, der schlecht Deutsch sprach. Jetzt sollte er ein neues Hüftgelenk bekommen. So schlugen es die Ärzte vor, und so wollte es auch seine Familie. Nur der Mann selbst wollte nicht – er zweifelte am Sinn der Operation. Das aber haben die Angehörigen für sich behalten. Als sie für ihn dolmetschten, haben sie sein „Nein“ den Ärzten einfach verschwiegen.
Bernd Meyer kennt noch mehr solcher Geschichten. Er erzählt von dem Gespräch, das eine Ernährungsberaterin mit einem Diabetespatienten geführt hat. Der Sohn dolmetschte für den Vater, und dabei wurden aus den Ratschlägen Befehle: Dem zuckerkranken Vater sei es künftig verboten, Joghurt zu essen. „Eine Ernährungsberaterin hätte das nie so formuliert“, glaubt Meyer, doch die differenzierte Botschaft kam beim Patienten nicht an – lost in translation.
Auch die Politik hat das Problem erkannt
Meyer, der Allgemeine Sprachwissenschaft und Portugiesisch studiert hat, zweifelt nicht am guten Willen der Gelegenheitsdolmetscher. Doch das Risiko, dass es in Arztpraxen oder Krankenhäusern zu schweren Missverständnissen komme, sei hoch, wenn bei Sprachschwierigkeiten Freiwillige ohne jede Qualifikation einsprängen. Der Professor für interkulturelle Kommunikation der Universität Mainz will deshalb dabei helfen, eine ganz Deutschland erfassende Struktur für Sprachmittlerdienste im Gesundheitswesen aufzubauen. Kürzlich hat er als Sachverständiger im Gesundheitsausschuss des Bundestages zu dem Thema Stellung genommen. Die Politik hat das Problem offenbar erkannt: Meyer erwartet, dass das Gesundheitsministerium im Herbst hierzu einen Gesetzentwurf vorlegt.
Wer für Patienten dolmetscht oder übersetzt, ohne ein entsprechendes Studium absolviert zu haben, muss nach Ansicht Meyers drei Bedingungen erfüllen. Erstens seien ausreichende Kenntnisse sowohl im Deutschen als auch in der jeweiligen Fremdsprache nötig. Zum zweiten müsse der Sprachmittler über medizinisches Basiswissen verfügen. Er solle „nicht den Arzt ersetzen“, aber grundlegende Kenntnisse in Anatomie sowie ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden seien schon nötig. Drittens schließlich sollten jene, die sich auf diesem heiklen Gebiet betätigen, schon gewisse Erfahrung mit dem Dolmetschen haben.
Ob jemand diese Fähigkeiten mitbringt, ließe sich laut Meyer durch eine standardisierte Eignungsprüfung feststellen. Kurse, die speziell darauf vorbereiteten, seien nicht nötig; es gebe schon eine Reihe von Angeboten für angehende Sprachmittler, zum Beispiel von den Industrie- und Handelskammern. Einzig für den medizinspezifischen Teil könnten gesonderte Fortbildungen sinnvoll sein.
„Im Gesundheitswesen bedarf es klarer Strukturen“
Als Vorbild kann dem Sprachforscher zufolge die Schweiz dienen: Dort offerierten zertifizierte Sprachmittler ihre Dienste über eine große Zahl von regionalen Vermittlungsstellen. Auch in den deutschen Bundesländern gebe es gute Initiativen. In Thüringen etwa werde landesweit Video- und Audiodolmetschen für Gesundheitseinrichtungen angeboten; in Hessen und Rheinland-Pfalz würden lokale Projekte gefördert. Eine gewisse Vielfalt des Angebots sei auch durchaus sinnvoll, meint Meyer. „Aber im Gesundheitswesen bedarf es klarer Strukturen.“
Unklar sei noch, wie diese Angebote abgerechnet werden könnten; die Krankenkassen würden hierfür wohl zusätzliche Mittel verlangen. Anhand der Schweizer Zahlen schätzt der Professor, dass in Deutschland jährlich mehr als 1,5 Millionen Dolmetschereinsätze nötig sein würden; die Kosten hierfür dürften bei etwa 60 Millionen Euro liegen.
Dass angesichts der rasanten Fortschritte Künstlicher Intelligenz das Dolmetschen auch im Krankenhaus bald routinemäßig von einer App übernommen werden kann, glaubt Meyer nicht. Schon die Spracherkennung im Alltag sei noch eine hohe Hürde; oft scheitere die Software an Dialekten oder undeutlicher Aussprache. Vor allem aber könnten die jetzigen Programme keinen echten Dialog mit einem Patienten führen. Um einem portugiesischen Hilfsarbeiter das Für und Wider einer Hüftoperation darzulegen, werden bis auf weiteres kundige, einfühlsame Dolmetscher aus Fleisch und Blut gebraucht.
Übersetzer für Russisch beim Arzt - Dolmetscher Igor Plotkin – Dortmund
https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/wenn-angehoerige-das-nein-zur-hueft-op-verschweigen-19087150.html (Artikel und Bild: FAZ, Sascha Zoske, 11.08.2023)
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Datum: 19.08.2023 - 07:17 Uhr
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