Zeitungen auf Tablets sind wichtiger Teil der Digitalstrategie / BDZV-Jahrespressekonferenz: Große Herausforderungen im Markt / Forderungen an die Politik
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ist wesentlicher Bestandteil der Digitalstrategien der deutschen
Zeitungsverlage. "Elektronische Lesegeräte gehören zu den
Hoffnungsträgern der Zeitungsbranche", erklärte der
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger
(BDZV), Dietmar Wolff, heute in Berlin bei der Jahrespressekonferenz
der Organisation. Durch die Einführung des iPad von Apple habe das
Publizieren auf elektronischen Displays eine neue Dimension erreicht.
In den Verlagen werde intensiv an Inhalten, Design und
Vermarktungsmodellen gearbeitet. Die gesamte Branche bewege sich in
einer wichtigen Experimentierphase. Es bestehe Konsens, dass die
neuen Tablets große Chancen böten, das klassische Geschäftsmodell der
Zeitung, nämlich Vertriebserlöse plus Werbeerlöse, in die digitale
Welt zu übertragen.
Der Leiter Kommunikation + Multimedia des BDZV, Hans-Joachim
Fuhrmann, machte deutlich, dass die Verlage beim E-Publishing mehr
sein wollen als reine Inhalteanbieter. "Sie wollen auf den neuen
digitalen Plattformen die Beziehung zu ihren Kunden behalten und die
Verkaufspreise für ihre Produkte ebenso selbst bestimmen wie die
Entwicklung des Anzeigengeschäfts." Darüber müsse mit den externen
Plattformbetreibern verhandelt werden. Wichtig sei, dass die
Verlagsangebote ohne technische Hindernisse möglichst auf allen
attraktiven Plattformen und Endgeräten präsentiert werden könnten.
Vorstellbar seien auch Kooperationen von Verlagen zur Einrichtung
eines E-Kiosks für Presseprodukte.
Drei-Stufen-Test wird zur Farce
BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff hob hervor, dass es
angesichts der bislang nicht ausreichenden Refinanzierung der
Onlineaktivitäten durch Werbung von "existenzieller Bedeutung" sei,
im Internet auf Bezahlinhalte zu setzen. Jüngste Studien und auch
Verlagserfahrungen im Markt zeigten, dass die Nutzer durchaus bereit
seien, für attraktive und exklusive Inhalte zu bezahlen. In diesem
Zusammenhang kritisierte Wolff das Engagement der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die mit ihren
gebührenfinanzierten Onlineauftritten jede Marktentwicklung
konterkarierten. Die Verbreitung von textbasierten Portalen wie
"tagesschau.de" und "heute.de" auf allen Verteilkanälen habe nichts
mehr mit Rundfunk zu tun. "Es ist ein Skandal, dass die Rundfunkräte
den presseähnlichen Angeboten grünes Licht geben und den
Drei-Stufen-Test damit zur Farce machen", so Wolff. Die
Zeitungsverleger würden mit allen ihnen zur Verfügung stehenden
juristischen und politischen Mitteln Front gegen diese Praxis machen.
Leistungsschutzrecht: gegen gewerblichen Missbrauch
Als weiteren Eckpfeiler für eine neue Positionierung der Verlage
in der digitalen Medienkultur bekräftigte der Hauptgeschäftsführer
die Forderung nach einem umfassenden Leistungsschutzrecht für
Presseprodukte. Dabei gehe es einzig um das Ziel, die teuer
produzierten und mit einem hohen Aufwand vom Verlag präsentierten
Inhalte von Zeitungen und Zeitschriften vor dem gewerblichen Zugriff
Dritter zu schützen. "Dass unsere Inhalte ohne jede Legitimation und
Gegenleistung gewerblich genutzt werden, ist kein Zukunftsmodell für
die deutsche Verlagsindustrie", so Wolff. Ausdrücklich hob er hervor,
dass die private Nutzung der Zeitungsinhalte im Netz auch in Zukunft
uneingeschränkt möglich sein wird. Das Zitieren aus Presseinhalten
sei ebenfalls weiterhin erlaubt. Wolff machte klar, dass Verleger und
Journalisten von einem gesetzlich verankerten Leistungsschutz
profitieren würden. Über die Beteiligung der Journalisten an
künftigen Erträgen aus dem Leistungsschutzrecht werde bereits mit den
Journalistengewerkschaften gesprochen.
Mehrwertsteuersatz nicht antasten!
Zu den politischen Diskussionen über eine mögliche Veränderung des
reduzierten Mehrwertsteuersatzes sagte Wolff, die Zeitungsverleger
vertrauten darauf, dass der Mehrwertsteuersatz für Presseerzeugnisse
in Höhe von sieben Prozent unangetastet bleibe. "Zeitungen sind wie
Lebensmittel. Sie sichern die Teilhabe und den Diskurs in einer
pluralistischen und demokratisch verfassten Gesellschaft." Niemand
könne eine plausible Antwort auf die Frage geben, warum es überhaupt
eine Steuer für politische Meinungs- und Willensbildung gebe. Allen
voran müsse die Politik ein hohes Interesse daran haben, dass die
Zeitung mit ihrem umfassenden Informationsangebot die Menschen
erreiche - national, regional, lokal. Trotz einer mittlerweile völlig
fragmentierten Mediennutzung und einer unüberschaubaren Fülle an
Medienangeboten läsen täglich 71,4 Prozent der über 14-Jährigen die
gedruckte Zeitung. Hinzu kämen 52 Prozent der Internetnutzer (Unique
User), die regelmäßig die Websites der Verlage aufsuchten. In der
Kombination von gedruckter Zeitung und Onlineangebot erreichten - so
Wolff - etliche Zeitungen mehr Menschen als je zuvor. Dennoch seien
die Herausforderungen im Leser- und Nutzermarkt mit einem jährlichen
Auflagenrückgang von mehr als zwei Prozent und einer noch anhaltenden
Anzeigenflaute sehr groß. Allerdings setzten die Verlage in diesem
Jahr auf eine positive Entwicklung im Stellenmarkt, der zuvor infolge
der Wirtschafts- und Finanzkrise regelrecht eingebrochen war.
Jörg Laskowski, Geschäftsführer Verlagswirtschaft des BDZV, führte
aus, dass die Zeitungen europaweit unter der anhaltenden schwierigen
Entwicklung der Gesamtwirtschaft litten. Besonders hart getroffen
habe es eine Reihe von Gratiszeitungen. "Ohne Vertriebserlöse konnten
sie die Werbekrise nicht überleben." Die Entwicklung im deutschen
Zeitungsmarkt sei im ersten Halbjahr 2010 zwar nicht mehr so
dramatisch wie im Jahr zuvor, doch von einer Erholung könne noch
keine Rede sein. Bis einschließlich Mai ging die Menge der
Zeitungsanzeigen im Vergleich zum Vorjahr um 8,3 Prozent zurück.
Kritik an Deutscher Post AG
Vor allem die schwierige Situation im lokalen Handel spiegele sich
im Anzeigengeschäft der Zeitungen wider. Dies werde zusätzlich
erschwert durch die wettbewerbsverzerrenden Aktivitäten der Deutschen
Post AG mit dem Produkt "EINKAUF AKTUELL". "Es ist eine Chuzpe, wie
der Staat seine schützende Hand über ein Monopolunternehmen hält, bei
dem er immer noch der größte Aktionär ist, statt die wirklich freie
Wirtschaft und den Mittelstand zu fördern", so Laskowski. Dass der
ADAC als staatlich anerkannter gemeinnütziger Verein ab September
2010 das Post-Produkt "EINKAUF AKTUELL" mit redaktionellen Inhalten
bestücken soll, sei der Gipfel der Wettbewerbsverzerrung. Diese
Fehlentwicklungen gingen übrigens einher mit einem "rabiaten und
illegitimen Geschäftsgebaren" der Deutschen Post AG im Briefgeschäft,
in dem sich Zeitungsverlage ebenfalls engagierten. Mit Rabatten von
fast 40 Prozent für Geschäftskunden versuche die Deutsche Post AG,
die privaten Briefdienste aus dem Markt zu drängen. Der BDZV werde
diesen Missstand vor dem Bundeskartellamt und vor der EU-Kommission
in Brüssel aufzeigen.
Geschäftsentwicklung
Im Jahr 2009 mussten die Zeitungen als größter Werbeträger -
ebenso wie fast alle übrigen Werbeträger - erhebliche Verluste
hinnehmen; das Minus im Anzeigengeschäft lag bei 15,9 Prozent (700
Millionen Euro). Durch die positive Entwicklung der Vertriebsumsätze
(+2,3 Prozent / 101 Millionen Euro) konnte das Ergebnis teilweise
ausgeglichen werden. Somit lag das Gesamtergebnis bei -7 Prozent (ca.
640 Millionen Euro). Der Gesamtumsatz 2009 lag bei 8,46 Milliarden
Euro. Davon entfielen 3,9 Mrd. auf das Anzeigen- und
Beilagengeschäft, 82 Millionen Euro auf Supplements, 4,47 Milliarden
Euro auf Vertriebserlöse.
Die Auflagen gingen 2009 im Durchschnitt um 2,5 Prozent zurück
(2008: 25,95 Mio.; 2009: 25,31 Mio.). Diese Entwicklung hielt im
ersten Quartal 2010 (-2,7 Prozent) an. Die lokalen und regionalen
Abozeitungen verloren im Vorjahresvergleich 2,2 Prozent,
Kaufzeitungen 4,1 Prozent, Überregionale 2,1 Prozent, Wochenzeitungen
2,6 Prozent, Sonntagszeitungen 3,6 Prozent.
Die deutschen Zeitungsverlage verkaufen pro Erscheinungstag
insgesamt 24,66 Millionen Exemplare. Davon entfallen 19,4 Millionen
auf Tageszeitungen (lokale und regionale Abozeitungen 13,8 Mio.,
überregionale 1,6 Mio., Straßenverkaufszeitungen 4 Mio.), zwei
Millionen auf Wochenzeitungen und 3,2 Millionen auf
Sonntagszeitungen.
Pressekontakt:
Hans-Joachim Fuhrmann
Telefon: 030/ 726298-210
E-Mail: fuhrmann@bdzv.de
Anja Pasquay
Telefon: 030/ 726298-214
E-Mail: pasquay@bdzv.de
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Datum: 13.07.2010 - 10:51 Uhr
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