LINDNER-Interview für die "Neue Osnabrücker Zeitung

LINDNER-Interview für die "Neue Osnabrücker Zeitung

ID: 232565

LINDNER-Interview für die "Neue Osnabrücker Zeitung"



(pressrelations) -
Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER gab der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte BEATE TENFELDE:

Frage: Deutschlands Volkswirtschaft ist angesichts akuten Facharbeitermangels auf Zuwanderer angewiesen. Sie haben vor einer Politik der geschlossenen Tür gewarnt. Richtet sich dieser Appell an widerstrebende Kräfte in der Union?

LINDNER: Nicht allein. Zum einen überschätzen die Grünen die Aufnahmefähigkeit unseres Landes, weil sie ungesteuerte Zuwanderung fordern. Das ist naiv. Zum anderen sind mir tatsächlich manche Unionspolitiker zu zögerlich, auch wenn ich Verständnis für Bedenken habe. Die Argumente von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften muss man ernst nehmen. Deshalb will die FDP über gesteuerte Zuwanderung sprechen. Es droht sonst eine Arbeitsmarktkrise mit umgekehrtem Vorzeichen: Wenn zu viele Stellen irgendwann nicht mehr qualifiziert besetzt werden können, gefährden wir unseren Wohlstand.

Frage: Wie stellen Sie sich eine gesteuerte Zuwanderung vor?

LINDNER: Deutschland braucht möglichst rasch ein Punktesystem wie in Kanada oder Australien. Ausbildung, Sprachfähigkeit und Integrationsbereitschaft eines Zuwanderers werden nach Punkten bewertet und gewichtet. In Jahren geringeren Arbeitskräftebedarfs bekommen nur Spitzenkräfte mit der Höchstzahl an Punkten eine Chance. Bei dem ab 2015 erwarteten Mangel an Fachleuten wird die Tür dann weiter geöffnet.

Frage: Derzeit muss ein Zuwanderer aus einem Nicht-EU-Staat einen Arbeitsplatz und ein Mindestjahresgehalt von 64 000 Euro vorweisen, um Aufnahme zu finden. Eine hohe Hürde?

LINDNER: In der Tat. An dieser Stellschraube werden wir sehr rasch drehen. Das Einstiegsgehalt zum Beispiel von Ingenieuren liegt unter 40 000 Euro. Mein Vorschlag: Auf diese Summe sollten wir die Schwelle reduzieren. Sonst gewinnen wir kein junges qualifiziertes Personal. Zudem gilt: Spitzenkräfte aus dem Ausland integrieren sich schnell - aus eigenem Interesse und dem am Bildungserfolg ihrer Kinder.



Frage: In Hamburg hat sich die Union auf grüne Bildungspolitik eingelassen - und ist gescheitert. In NRW ist schwarz-grün gar nicht erst zustande gekommen. Eine Genugtuung für die FDP, die sich von der Union mit schwarz-grünen Gedankenspielen oft provoziert sah?

LINDNER: Am Scheitern anderer habe ich keine Freude. Es ist das gute Recht der Union, andere Regierungsformate zu erproben. Dennoch werden jetzt die Alternativen zu Schwarz-Gelb deutlich. In Hamburg wollte Schwarz-Grün das Bildungssystem auf Gleichheit trimmen. Den Angriff auf das Gymnasium und ihre Wahlfreiheit haben die Eltern zurückgewiesen. In Nordrhein-Westfalen werden neue Schulden gemacht, weil Rot-Grün mit der Linken unfinanzierbaren Sozialpopulismus betreibt. Den Kindergartenbeitrag wollte die FDP auch abschaffen ? aber eben nicht auf Pump.

Frage: Die Umfragewerte für Schwarz-Gelb und insbesondere für die FDP sind verheerend. Was muss passieren, damit die Liberalen aus dem Loch herauskommen?

LINDNER: Wir wissen, dass unsere Wähler zu einem großen Teil in die Gruppe der Nichtwähler abgewandert sind. Viele sind beleidigt, weil sie unsere liberalen Werte im Regierungshandeln nicht erkannt haben. Daran arbeiten wir nun. Wir machen den Staat durch den Spardruck effizienter, wir haben wettbewerbsverzerrende Zuschüsse an Opel verhindert, wir mahnen den wirksameren Einsatz von Sozialleistungen an?

Frage: Eingeprägt hat sich bei den Bürgern, dass die FDP sich für den Steuerbonus für Hoteliers stark gemacht hat?

LINDNER: Es gibt gute Argumente, die dafür sprechen. Allerdings wäre es aus meiner heutigen Sicht fraglos besser gewesen, nicht für einen einzelnen Bereich die Mehrwertsteuer isoliert zu senken. Wir hätten das gesamte System in einem Schritt reformieren und vereinfachen müssen. Abgeleitet von klaren Regeln. Das hätte uns den absurden Vorwurf der Klientelpolitik erspart. Schließlich wollten auch alle übrigen Parteien diese Reduzierung. Die Koalition geht das Thema im Herbst neu an.

Frage: Droht neuer Streit bei der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke? Umweltminister Röttgen sieht sich durch kritische Umfragen bestärkt, nur moderate Verlängerungen zu gestatten.

LINDNER: Ich nehme die Umfragen genauso ernst wie Norbert Röttgen. Er sollte aber diffuse Ängste nicht nutzen, um notwendige Vorhaben der Koalition zu relativieren. Wir sollten die Menschen stattdessen informieren, dass wir die Kernenergie nur deshalb verlängern, weil wir die Wende zu Erneuerbaren sicher und bezahlbar machen wollen. Andernfalls müssten die Verbraucher die Kosten einer neuen Energiepolitik allein tragen. Nach Studien müsste ein Durchschnittshaushalt mit bis zu 150 Euro höheren Stromkosten im Jahr rechnen. Der zu schnelle Ausstieg aus der Kernkraft trifft also sozial Schwache. Und er hilft dem Klima nicht, weil stattdessen Gas oder Kohle verstromt werden müssten.

Frage: Sechs Ministerpräsidenten sind der CDU-Vorsitzenden binnen eines Jahres abhanden gekommen. Erosion bei der Union?

LINDNER: Nein, das ist ein ganz normaler Wechsel. Und schließlich kommen starke neue Akteure auf die politische Bühne - zum Beispiel in Niedersachsen der neue Ministerpräsident David McAllister, der weltläufig und bürgernah zugleich ist..

Frage: Sie gelten als Parteichef in Wartestellung. Schmeichelt Ihnen das?

LINDNER: Nein, das nehme ich nicht ernst. Dies ist eine der Aufgeregtheiten im zuweilen hysterischen Berliner Betrieb.

Frage: Außenministeramt und Parteivorsitz sollten weiter in Guido Westerwelles Verantwortung liegen?

LINDNER: Ich halte das für richtig. Alle, die anderes empfehlen, wollen uns nicht unbedingt guten Rat geben. Das Gewicht der FDP würde abnehmen, wenn der Vizekanzler nicht zugleich Parteichef ist.

Frage: Der Streit in der Koalition gehört nach Ansicht von Kanzlerin Merkel der Vergangenheit an. Wünschen Sie sich statt beschönigender Feststellungen lieber mal ein ordentliches Machtwort?

LINDNER: Wir haben keinen Anlass, uns über Angela Merkel zu beschweren. Ich warne vor der Illusion, dass es Koalitionen ohne Diskussionen geben könnte. Schweigegelübde haben in der Politik keinen Platz. Im Gegenteil: Im Ringen um beste Lösungen liegt eine Chance. Man kann ja auch mit Respekt und Stil anderer Meinung sein.


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Datum: 23.07.2010 - 11:17 Uhr
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