WAZ: UN-Bericht zur Entwicklungshilfe - Verantwortung und was sie bedeutet. Leitartikel von Achim Beer
ID: 261666
aufgetreten. Ob es ihr peinlich war? Einerseits warb sie für mehr
Verantwortung für die Bundesrepublik, und sie meinte damit einen
deutschen Sitz im Weltsicherheitsrat. Gleichzeitig musste ihr
Entwicklungshilfeminister zugeben, dass Deutschland mehr verspricht
als es hält: 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftskraft soll die
Bundesrepublik laut internationaler Vereinbarung für die
Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen, tatsächlich gibt sie 0,4.
Soll man so jemandem mehr Verantwortung geben?
Bei der UNO halten sie gerade Zwischenbilanz im
Millenniumsprozess: Es geht um das vor zehn Jahren beschlossene Ziel,
bis 2015 die Armut in der Welt zu halbieren. Das Projekt hinkt dem
Zeitplan hinterher. Ein Problem ist, dass die reichen Länder weniger
Geld zur Verfügung stellen als versprochen, das andere Problem ist
Fehlverhalten in den Empfängerländern. Es gibt aber auch
Fortschritte, die den Schluss nahe legen, dass Entwicklungshilfe
wirkt. So gibt es heute Grundschulbildung für mehr Kinder als noch
vor zehn Jahren.
Die Kanzlerin rechtfertigt sich mit der Finanz- und
Wirtschaftskrise. Vor diesem Hintergrund sei die Einhaltung der
0,7-Prozent-Marke "sehr ambitioniert", sagte sie. Man lernt daraus,
dass es in Dänemark, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen und
Schweden entweder Wunder gibt oder keine Krise. Denn diese Länder
haben ihre Zusagen eingehalten. Ein flüchtiger Blick in den
Bundeshaushalt zeigt dabei, dass es um erstaunlich wenig Geld geht:
In diesem Jahr ist uns die Linderung der Armut in der Welt 6
Milliarden Euro wert. Die Armut im eigenen Land bekämpfen wir mit 143
Milliarden.
Die Kanzlerin versuchte in New York, den Spieß umzudrehen und
sprach statt über deutsche Versäumnisse über gute Staatsführung als
Voraussetzung für Entwicklung. Und es ist ja auch wahr: Unsere Hilfe
bringt nichts, wenn bösartige oder unfähige Regime in den
Empfängerländern sie zunichte machen. Aber das Argument der Kanzlerin
ist gefährlich, weil es uns hartherzig machen kann, wenn wir es zu
oft hören. Warum haben wir gezögert, für Pakistan zu spenden? Weil
wir mit den Zuständen dort nicht einverstanden sind, ergaben
Umfragen.
Wo bleibt da nur die Menschlichkeit? Jeden Tag sterben in der Welt
24 000 Kinder an längst besiegten Krankheiten. Niemand würde von
sterbenden Kindern verlangen, dass sie erst die Zustände in ihrem
Land in Ordnung bringen, bevor man sich um sie kümmert. Man tut es
und übernimmt für sie, genau: Verantwortung.
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Datum: 21.09.2010 - 19:46 Uhr
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