Anleger besser beraten ohne Anlageberatung?
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Anleger besser beraten ohne Anlageberatung?
"Die Ergebnisse lassen sich darauf zurückführen, dass die Berater die systematischen Anlagefehler ihrer Kunden nicht ausreichend korrigieren und häufig auch höhere Kosten produzieren", sagt Andreas Hackethal. Die Studie diskutiert als Hauptursache der Ergebnisse die falsche Anreizstruktur für Anlageberater, für die der Kundennutzen nicht an oberster Stelle steht. Vielmehr ist es für sie attraktiver, durch den Verkauf von Anlageprodukten an den damit verbundenen Provisionen zu verdienen. So zeigt die Untersuchung zum Beispiel, dass Kunden nach einer Beratung deutlich mehr Umschichtungen an ihrem Depot vornehmen ? mit entsprechenden Verwaltungskosten ? als Kunden, die ihr Depot selbst verwalten. Ein anderes Forschungspapier aus dem House of Finance belegt, dass Anleger, die sich eng an die Empfehlungen ihrer Bankberater halten, der entsprechenden Filiale zu 20 Prozent höheren Einnahmen verhelfen (Hackethal, Inderst, Meyer).
Eine staatliche Regulierung von Anlageberatung scheint jedoch keine adäquate Lösung für den bescheidenen Anlageerfolg von Privatinvestoren. So deckt ein anderes aktuelles Forschungspapier aus dem House of Finance auch gravierende Probleme auf der Nachfrageseite auf: Viele Kunden meiden selbst qualifizierte Beratungsangebote und vertrauen lieber auf ihr eigenes, im Durchschnitt mäßiges Anlagegeschick (Bhattacharya et al. 2011). Die Studie zeigt, dass Anleger das Angebot einer kostenlosen, unabhängigen und konfliktfreien Anlageberatung ? der Berater hatte hier keinen finanziellen Anreiz, bestimmte Produkte zu empfehlen ? zu 95 Prozent nicht wahrnehmen. Von den verbleibenden fünf Prozent setzt nur etwa die Hälfte die Empfehlungen des qualifizierten Beraters um, und das auch in nahezu keinem Fall vollständig, obwohl die Empfehlungen durchweg zu einer verbesserten Performance geführt hätten.
Eine Regulierung, die ausschließlich auf der Angebotsseite von Anlageberatung ansetzt, ohne die beschriebenen Probleme auf der Nachfrageseite zu berücksichtigen ? wie etwa die ab Juli einzuführenden Produktinformationsblätter ?, könnte damit ihr Ziel verfehlen. "Die Studienergebnisse lassen Skepsis angebracht erscheinen, ob Produktinformationsblätter den erhofften Transparenz- und Lerneffekt bringen", sagt Andreas Hackethal.
Die Untersuchungen zeigen auch, welcher Personenkreis typischerweise Anlageberatung in Anspruch nimmt. So suchen überwiegend ältere, wohlhabendere und erfahrenere Investoren einen Berater auf. "Nach unseren Ergebnissen sollte man die Vermutung korrigieren, dass sich Finanzberatung vor allem an unerfahrene und deshalb besonders schützenswerte Investoren richtet", so Andreas Hackethal.
Die Forschungspapiere lassen sich unter folgenden Adressen herunterladen:
Hackethal, Haliassos, Japelli ? http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1360440
Hackethal, Inderst, Meyer ? http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1701777
Bhattacharya et al ? http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1669015
Ansprechpartnerin:
Muriel Büsser, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, House of Finance
Tel: 069-798 34006, buesser@hof.uni-frankfurt.de
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Datum: 04.06.2011 - 08:00 Uhr
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