Börsen-Zeitung: Schweigen über die Folgen, Kommentar von Stephan Balling zur Ratssitzung der Europäischen Zetralbank
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Zentralbank (EZB). In der Geldpolitik lässt sie nichts anbrennen.
Gemäß der Formulierung "strong vigilance" (hohe Wachsamkeit) durch
ihren Präsidenten Jean-Claude Trichet wird sie nun im Juli mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Leitzins um weitere 25
Basispunkte erhöhen. Das ist angesichts der konjunkturellen Dynamik,
des anziehenden Wachstums von Kreditvergabe und Geldmenge sowie der
leicht anziehenden längerfristigen Inflationserwartungen angebracht.
Natürlich gibt es Gegner dieser Argumentation. Ihre Einwände muss
man nicht teilen, aber man sollte sie erörtern. Normalerweise. Doch
derzeit erübrigt sich die Diskussion über geldpolitische Fragen
nahezu. Über allem schwebt die Frage, ob der Euro überhaupt überleben
kann. Das ist längst kein Stammtischgeschwätz mehr. Renommierte
Ökonomen hegen teils öffentlich, teils hinter vorgehaltener Hand
Zweifel an der Überlebensfähigkeit der Gemeinschaftswährung.
Die Währungshüter tragen an der Debatte ihren Anteil. Eine
Umschuldung etwa in Form einer Verlängerung der Laufzeiten
griechischer Schulden dürfe es zwar geben, so der EZB-Präsident, aber
nur, wenn sie absolut freiwillig erfolge. Was soll das heißen? Was
ist der Unterschied zwischen freiwillig und absolut freiwillig? Klar
ist nur die Botschaft an die Politiker: Vollzieht keine Schritte, die
von irgendeiner Ratingagentur in irgendeiner Weise als Kreditereignis
verstanden werden und griechischen Staatsanleihen die Bonitätsnote
"Default" einbrocken könnten. Damit weist die EZB alle Verantwortung
für die Schuldenkrise von sich.
Im Grunde ist dieser Kurs richtig. Die Geldpolitik kann nicht die
Fehler der Fiskalpolitik reparieren, weil sie sonst Fiskalpolitik
mithilfe der Notenpresse betreibt, und das endete in der
Wirtschaftsgeschichte meist böse. Das Problem ist, dass die EZB nicht
offen sagt, was die logische Folge dessen ist: nämlich das Ende der
No-Bail-out-Klausel. In der Logik der EZB sollen nun die Regierungen
für Athen bezahlen. Es wäre Aufgabe des großen wissenschaftlichen
Forschungsstabs der EZB, das klarzumachen und ein stimmiges
Gesamtkonzept für die Zukunft der Währungsunion zu erarbeiten.
Immerhin wagt sich Trichet mittlerweile weiter vor: Langfristig
will er einen europäischen Supersparminister, schlägt eine politische
Konföderation für Euroland vor. Aber er weiß auch: "Es hängt von den
Bürgern Europas ab." Da hat er vielleicht mehr verstanden als mancher
Politiker.
(Börsen-Zeitung, 10.6.2011)
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Datum: 09.06.2011 - 19:05 Uhr
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