Informationsmedien werden weniger genutzt. Episodisches und Softnews nehmen zu / Jahrbuch 2011«Qual

Informationsmedien werden weniger genutzt. Episodisches und Softnews nehmen zu / Jahrbuch 2011«Qualität der Medien - Schweiz Suisse Svizzera»

ID: 494120
(ots) - Die für die Demokratie unabdingbaren
Informationsmedien der Presse, des Radios und des Fernsehens sind
einem Nutzungsschwund ausgesetzt. Gleichzeitig weisen die
Informationsmedien mehr Soft- und weniger Hardnews auf als im Vorjahr
und der einordnende Journalismus hat gegenüber der episodischen
Berichterstattung an Bedeutung verloren. Ausserdem hat die
Pressekonzentration im Untersuchungsjahr einen Quantensprung
erfahren. Die Vertiefungsanalysen zeigen zudem:

- dass die Verwertung der sda-Agenturmeldungen durch die Schweizer
Presse zu einem erheblichen Ausmass durch Intransparenz und "Copy
Paste" gekennzeichnet ist. Diesen Befund hat eine speziell
entwickelte Plagiatssoftware ermöglicht.

- dass der quantitative und qualitative PR-Einfluss auf die
Unternehmensberichterstattung gross und die Transparenz niedrig ist.
Dadurch werden Partikularinteressen verschleiert.

- dass der Mitteleinsatz bei politischen Werbekampagnen ("Paid
media") asymmetrisch ist und dass der Einfluss von politischen
Kampagnen auf die redaktionellen Inhalte von ihrer provokativen
"Ladung" abhängt.

Das vom fög - Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft /
Universität Zürich zum zweiten Mal herausgegebene Jahrbuch "Qualität
der Medien - Schweiz Suisse Svizzera" zeigt eine abnehmende Nutzung
von Informationsmedien in den Mediengattungen Presse, Radio und
Fernsehen. Selbst die Nutzung der wichtigen Informationsvermittler im
Internet - der Newssites der Abonnementszeitungen - hat nur noch
schwach zugenommen.

Die Informationsmedien erreichen die Schweizer Bevölkerung aber
nicht nur weniger, sie sind auch durch einen Schwund an Hardnews
zugunsten von Softnews (Human Interest und Sport) gekennzeichnet. Die
Unterhaltungsfunktion der untersuchten Medien gewinnt, die
Informationsfunktion verliert an Bedeutung. Parallel dazu ist der


Informationsjournalismus episodischer geworden, d.h. der Lauf der
Dinge wird auf Kosten des einordnenden Journalismus noch stärker als
im Vorjahr als Abfolge von Einzelereignissen dargestellt. Inwieweit
ein episodischer Journalismus ursächlich für die voranschreitende
Abwendung des Publikums vom Informationsjournalismus ist, bleibt zu
erforschen. Besonders schlecht hinsichtlich journalistischer Qualität
schneiden auch dieses Jahr die Gratismedien on- und offline ab. Mit
Blick auf die Newssites zeigt sich, dass die beschleunigte
News-Produktion im Internet zu Lasten der publizistischen Qualität
geht. In der Gattung Online-Newssites werden Ereignisse am wenigsten
eingeordnet, der Softnews-Gehalt ist überdurchschnittlich hoch und
die Abhängigkeit von fremdproduzierten Inhalten gross.

Fortschreitende Konzentration im Pressemarkt

Die Konzentration im Pressemarkt ist 2010 durch einen
Quantensprung gekennzeichnet. Hier hat die Tamedia AG mittlerweile
einen Marktanteil von 43% erreicht und liegt damit weit vor ihren
nächsten Konkurrenten Ringier und NZZ-Gruppe. In der französischen
Schweiz kontrolliert die Tamedia AG durch die Übernahme der Edipresse
gar 74% des Pressemarktes. Mit der Lancierung von 20 minuti im Tessin
gestaltet die Tamedia AG nun auch den Tessiner Pressemarkt um und sie
erhält mit 20 Minuten und 20 minutes in der Schweiz eine nationale
Werbeplattform.

Intransparenz und "Copy-Paste" - Übernahmepraxis von
Agenturmeldungen

Seit dem Frühjahr 2010 besitzt die Schweizerische Depeschenagentur
(sda) eine faktische Monopolstellung bei der Agenturberichterstattung
für Inlandmeldungen. Damit wird nicht nur die publizistische Vielfalt
reduziert, sondern es steigen auch die Anforderungen an die einzelnen
Medien, den sda-Ursprung als solchen transparent zu machen.

Eine zu diesem Zweck entwickelte Plagiatssoftware liefert
ernüchternde Befunde: In 40% der Fälle werden Agenturmeldungen in
einer problematischen Form übernommen. Vor allem in Boulevard- und
Gratiszeitungen dominiert eine "Copy-Paste"-Mentalität mit einer
durchgängigen Quellenintransparenz, zudem oft verbunden mit einer
boulevardesken Aufladung der Agenturmeldungen.

Dominanter PR-Einfluss in der Unternehmensberichterstattung

Wenig Transparenz herrscht auch bei der Kennzeichnung jener
Textpassagen vor, die auf Public-Relations von Unternehmen beruhen.
Nur 25% der Beiträge machen die Verwertung von PR-Informationen an
prominenter Stelle transparent. Vor allem bei Sonntags-, Boulevard-
und Gratiszeitungen ist dieses Qualitätsmerkmal kaum oder gar nicht
anzutreffen.

Gleichzeitig ist sowohl der quantitative wie qualitative
PR-Einfluss hoch: Zum einen wird nicht weniger als 40% der
untersuchten Unternehmensberichterstattung durch PR-Aktivitäten
ausgelöst, zum anderen in 56% die Deutungsperspektive der Unternehmen
einfach übernommen.

Abstimmungskampagnen - Provokante Paid-Media-Kampagnen im Vorteil

Am Beispiel der medialen Auseinandersetzung mit der Minarett- und
der Ausschaffungsinitiative lässt sich aufzeigen, dass die Logik des
Mediensystems dem politischen Populismus gute Resonanzchancen bietet.
Da das politisch Inkorrekte über einen hohen Nachrichtenwert verfügt,
erzielen die provokanten Paid-Media-Kampagnen zur Minarett- und zur
Ausschaffungsinitiative eine hohe Medienresonanz. Es gelang diesen
Kampagnen aber auch, die mediale Auseinandersetzung mit der Thematik
zu verschieben: Statt eines Konflikts zwischen befürwortenden und
ablehnenden politischen Parteien dominiert ein solcher zwischen den
Trägern der Initiativen und den problematisierten Fremdgruppen.

Untersuchungsanlage und Methodik

Diese Untersuchung der Qualität der Medien vollzieht sich auf zwei
Ebenen. Erstens wird die publizistische Versorgung, d.h. die Nutzung,
die Einnahmen und die Besitzverhältnisse der Informationsmedien in
der Schweiz, untersucht. Im Jahre 2010 handelte es sich um 142
Medientitel, die die erforderliche Abdeckungsrate von 0.5% der
sprachregionalen Wohnbevölkerung erreichen. Zweitens werden unter
diesen Titeln die 46 bedeutendsten Titel aller Mediengattungen
(Presse, Radio, Fernsehen, Online-Newssites) in den drei grossen
Sprachregionen der Schweiz einer inhaltlichen Validierung auf der
Basis der Qualitätsmerkmale Vielfalt, Relevanz, Aktualität und
Professionalität unterzogen.

Informationen zur Methodik sind zu finden auf:
www.qualitaet-der-medien.ch

Jahrbuch 2011: Qualität der Medien - Schweiz Suisse Svizzera

Wozu dieses Jahrbuch? Das Ziel dieses Jahrbuchs ist die Stärkung
des Qualitätsbewusstseins bei den Medienmachern wie beim Publikum.
Das Jahrbuch bildet eine Quelle für Medienschaffende, Akteure aus
Politik und Wirtschaft, die Wissenschaft und für alle Interessierte,
die sich mit der Entwicklung der Medien und ihren Inhalten
auseinandersetzen wollen. Anstoss für das Jahrbuch bildet die
Einsicht, dass die Qualität der Demokratie von der Qualität der
medienvermittelten Kommunikation abhängt. Das Jahrbuch will einen
Beitrag dazu leisten, dass die Qualität der Medien ein wichtiges
Thema öffentlicher Kommunikation ist.

Wer zeichnet für dieses Jahrbuch verantwortlich? Das Jahrbuch wird
herausgegeben durch den fög - Forschungsbereich Öffentlichkeit und
Gesellschaft/Universität Zürich ( www.foeg.uzh.ch ). Folgende Autoren
sind am Jahrbuch 2011 beteiligt (in alphabetischer Reihenfolge):
Roger Blum (Gastautor), Pascal Bürgis, Urs Christen, Mark Eisenegger,
Patrik Ettinger, Angelo Gisler, Lucie Hauser, Florent Heyworth, Kurt
Imhof, Esther Kamber, Jens Lucht, Sibylle Oetiker, Colin Porlezza
(Gastautor), Stephan Russ-Mohl (Gastautor), Jörg Schneider, Mario
Schranz, Linards Udris, Bartosz Wilczek (Gastautor), Marta Zanichelli
(Gastautorin), Sarah Zielmann.

Wer finanziert und unterstützt dieses Jahrbuch? Die Finanzierung
für das Jahrbuch wird durch die gemeinnützige Stiftung Öffentlichkeit
und Gesellschaft ( www.oeffentlichkeit.ch ) eingebracht. Der
Stiftungsrat setzt sich zusammen aus: Christine Egerszegi-Obrist,
Kurt Imhof, Yves Kugelmann, Gabriele M. Paltzer-Lang und Oswald Sigg.
Die Stiftung verdankt die Mittel für das Projekt insbesondere
folgenden Donatoren: Adolf und Mary Mil-Stiftung, Allianz Suisse,
Allreal Holding AG, Anne Frank-Fonds, Bank Julius Bär, Credit Suisse
Foundation, Paul Schiller Stiftung, Prof. Otto Beisheim-Stiftung,
Partner Reinsurance Europe Limited (PartnerRe), PubliGroupe S.A.,
Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG, Schweizerische
Post, Stiftung für Gesellschaft, Kultur und Presse - Schweiz,
Stiftung Qualitätsjournalismus Ostschweiz, Swiss Re,
Vontobel-Stiftung, Zürcher Kantonalbank und verschiedenen
Einzeldonatoren.

Wo wird dieses Jahrbuch publiziert? Das gedruckte Jahrbuch
erscheint im Schwabe Verlag (ISBN 978-3-7965-2776-0). Das Jahrbuch
ist ebenfalls als Online-Book erhältlich (ISBN 978-3-7965-2782-1).
Die Resultate können zudem in Auszügen auch im Internet abgerufen
werden ( www.qualitaet-der-medien.ch ). Auf dieser Plattform
publiziert der fög regelmässig ergänzende Untersuchungen.



Pressekontakt:

fög - Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft / Universität Zürich
Andreasstrasse 15
CH-8050 Zürich
Tel.: +41/44/635'21'11
Fax: +41/44/635'21'01
E-Mail: kontakt@foeg.uzh.ch

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Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 06.10.2011 - 12:00 Uhr
Sprache: Deutsch
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Zürich, Schweiz



Kategorie:

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