Lammert lehnt Wulff-Nachfolge ab: "Ich will es auch jetzt nicht"
Bundestagspräsident beklagt im "stern" "massiven, flächendeckenden Vertrauensverlust"
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führender CDU-Politiker offen vorsichtig auf Distanz zu dem
angeschlagenen Bundespräsidenten Christian Wulff gegangen. "Die
wochenlange Auseinandersetzung hat sicherlich nicht nur den
Amtsinhaber persönlich strapaziert, sondern leider wohl auch das Amt.
Und über diesen Effekt kann niemand glücklich sein", sagt Lammert in
der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Hamburger Magazins
"stern". Die Situation sei "nicht banal", allerdings auch "keine
Staatskrise".
Ebenso vorsichtig nimmt Lammert Wulff jedoch auch in Schutz. Zu
dessen Anruf bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann sagt er: "Mein
Eindruck ist, dass dahinter eher ein hohes Maß an persönlicher
Verletztheit steht, das ich nachvollziehen kann, das aber nicht zu
dieser Reaktion hätte führen dürfen." Lammert, der als Favorit für
Wulffs Nachfolge gehandelt wird, weist jegliche Ambitionen auf das
Amt strikt zurück. Er hätte schon 2009 nicht Bundespräsident werden
wollen. "Ich will es auch jetzt nicht, und bin froh dass sich die
Frage gar nicht stellt", sagt der CDU-Politiker dem "stern".
Auch angesichts der aktuellen Debatte um den Bundespräsidenten
beklagt Lammert gegenüber dem "stern" einen "massiven,
flächendeckenden Vertrauensverlust", der allerdings weit über die
Politik hinaus reiche und Medien, Kirchen, Schulen, Gewerkschaften
und Sport betreffe, "von Wirtschaft und Banken gar nicht zu reden".
Den Medien wirft der Bundestagspräsident vor, sie lieferten sich
"einen Überbietungswettbewerb, wer früher, schneller, spektakulärer
mit einer Vermutung auf dem immer heftiger umkämpften Medienmarkt
aufmarschieren könne". Zwar müssten sich Politiker mehr bieten lassen
als Andere, so Lammert, ein "auf Dauer gesetztes Misstrauen" mache
aber "die Wahrnehmung öffentlicher Mandate unmöglich". Er halte die
Vorstellung für "absurd, ein politisches System sei dann perfekt,
wenn die Amtsinhaber nur noch Rollenträger, aber keine lebendigen
Menschen mehr sind und im Übrigen alles offen und transparent sei".
Lammert spricht sich im Interview mit dem "stern" auch dafür aus,
dem Staatsoberhaupt jeweils nur eine, allerdings längere Amtsperiode
zu gewähren. "Ich hielte es für klüger, man würde den Präsidenten nur
für eine einmalige Amtszeit wählen, möglicherweise für sieben Jahre",
so Lammert. So würde er unabhängiger und entziehe sich dem
politischen Wettbewerb: "Das würde ihn von jeglichem Verdacht
befreien, dass er sich mit bestimmten Äußerungen oder Handlungen um
seine eine Wiederwahl bemüht."
Der politischen Klasse bescheinigt Lammert ein Defizit beim
Erläutern der immer komplexer werden Zusammenhänge. "Da leistet
Politik nicht genug." Auf bemerkenswerte Weise verteidigt der
Bundestagspräsident im "stern" Angela Merkels mangelnde Leistungen
auf diesem Gebiet. Lammert wörtlich: "Wenn die Kanzlerin außer dem
riesigen Vorzug, dass ihr eigentlich niemand ein besonderes Maß an
persönlicher Eitelkeit, an besonderem persönlichen Geltungsbedürfnis
oder auch an überentwickeltem Machttrieb vorhält, auch noch die Gabe
einer überragenden Fähigkeit zur Erläuterung komplizierter
Sachverhalte hätte, wären wir ja von einer konstitutionellen
Monarchie nicht mehr weit entfernt: Sie wäre über Wahlen kaum mehr
aus dem Amt zu heben."
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Datum: 11.01.2012 - 09:00 Uhr
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