Westfalenpost: Salomonisches aus Karlsruhe
Von Winfried Dolderer
Er ist also wieder einmal an den Euro-Rettern
vorübergegangen, der Kelch aus Karlsruhe. Dem Bundespräsidenten steht
es frei, die deutsche Mitwirkung am Stabilitätsfonds ESM ohne
weiteren Verzug, wenn auch unter Auflagen, in Kraft zu setzen. Eine
Sensation ist das freilich nicht.
Es wäre eine gewesen,
hätten die Verfassungsrichter erstmals in der mittlerweile
etappenreichen Geschichte ihrer Europa-Rechtsprechung einen Vertrag
in Bausch und Bogen verworfen. Sie urteilen ja nicht im politikfreien
Raum. In der Regel haben sie stets beides im Blick, den Geist des
Grundgesetzes wie auch die möglichen praktischen Folgen ihrer
Beschlüsse.
So erklären sie sich für unzuständig, über Sinn
und Zweck des ESM eine Meinung zu äußern, oder auch darüber,
inwieweit die eingegangenen finanziellen Verpflichtungen den
Bundeshaushalt überfordern könnten. Dies alles gehört aus Sicht des
Gerichts in den "weiten Einschätzungsspielraum" des Gesetzgebers. Das
ist ständige Rechtsprechung in Karlsruhe: Die Richter fühlen sich
nicht berufen, das politische Ermessen des Parlaments im Prinzip zu
beschneiden.
Gewiss eine Enttäuschung für jene Kläger, die
sich genau das erhofft hatten, weil sie die deutsche Politik längst
europäisch entmachtet sehen. Doch ist das Gericht auch ihren
Befürchtungen entgegengekommen: Dass mit dem ESM ein Abflussrohr
installiert wird, durch das sich deutsches Steuergeld in ungebremstem
Schwall in südeuropäische Fässer ohne Boden ergießt, das soll es
nicht geben dürfen. Ja zum ESM, aber nur unter dem Vorbehalt strikter
Haftungsgrenzen: Das nennt man wohl ein salomonisches Urteil.
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Datum: 12.09.2012 - 19:43 Uhr
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