Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Strafsachen
ID: 73068
Zu den Voraussetzungen einer Nachtragsanklage im Sinne des § 266 StPO und der Möglichkeit der Verbindung von Verfahren in Anlehnung an den Beschluss des BGH vom 11.12.2008, 4 StR 318/08:
Diese Missbrauchsmöglichkeit hat auch der Gesetzgeber der Strafprozessordnung gesehen und hat daher die Nachtragsanklage von der Zustimmung des Angeklagten abhängig gemacht.
Nun kam die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Bielefeld auf die Idee, dieses Zustimmungserfordernis zu umgehen und hat einfach eine neue – die nachträglichen Vorwürfe enthaltene – Anklageschrift eingereicht; das Landgericht Bielefeld hat diese neue Anklage separat zugelassen und dann kurzerhand dem laufenden Verfahren hinzu verbunden. Im Ergebnis kam diese Verfahrensweise eine Nachtragsanklage im laufenden Verfahren gleich, die aber von der – hier aus Sicht der als Strafverteidigers beauftragten Rechtsanwälte zu Recht nicht erteilten - Zustimmung des Angeklagten abhängig gewesen wäre. Dieser unlauteren Vorgehensweise hat der Bundesgerichtshof nun mit dem hier vorgestellten Beschluss einen Riegel vorgeschoben.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Voraussetzungen der Nachtragsanklage im konkreten Fall nicht einmal schlüssig vorlagen, da eine Zustimmung seitens des Angeklagten (und auch des Strafverteidigers) nicht vorgelegen habe. Zwar sei das zuständige Landgericht davon ausgegangen, dass eine Nachtragsanklage gar nicht vorläge, dies hindere jedoch nicht daran, die gesetzlichen Voraussetzungen zu beachten unter denen eine "Erweiterung" der ursprünglichen Anklageschrift möglich sei.
Aus der Sicht des engagierten Strafverteidigers, für den die Wahrung der Belange des Mandanten oberste Priorität haben und allen Zweckmäßigkeitsüberlegungen voran stehen, ist diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu begrüßen. So wird verhindert, dass der Angeklagte mit Vorwürfen konfrontiert wird, bezüglich derer ein Teil der Beweisaufnahme (z. B. durch die Vernehmung von Zeugen) schon „gelaufen“ ist, ohne dass der als Strafverteidiger beauftragte Rechtsanwalt von der scharfen Waffe seines Fragerechts bezogen auf den Gegenstand der neuen Taten Gebrauch hätte machen können. Die Staatsanwaltschaft hätte ansonsten die Möglichkeit, das Ergebnis einzelner Beweisaufnahmen abzuwarten und danach den Angeklagten mit neuen Tatvorwürfen zu überschütten, zu denen vorher gehörte Zeugen unter Umständen Entlastendes hätten aussagen könne, wären sie nur danach gefragt worden.
Martin Barduhn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Frankfurt am Main
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Datum: 15.02.2009 - 11:46 Uhr
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Politik & Gesellschaft
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Freigabedatum: 15.02.2009
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