Markteintritt Iran – Jetzt der richtige Zeitpunkt? Und wenn ja, dann wie?

Markteintritt Iran – Jetzt der richtige Zeitpunkt? Und wenn ja, dann wie?

ID: 1678

Mit der Aufhebung der Sanktionen bietet der Iran europäischen Unternehmen ein überaus
günstiges wie interessantes Potential für den Wieder- bzw. Neueinstieg in den iranischen
Markt. Welche Chancen und Risiken dieser Markt birgt, welche möglichen
Markteintrittsstrategien es gibt und was bei den jeweiligen Strategien besonderer
Aufmerksamkeit bedarf, erläutert Volker Klosowski, Geschäftsführer von WB & K Iran
Consulting.

Der Iran – ein Land, das in den letzten Jahrzehnten immer wieder im Fokus der
Weltöffentlichkeit stand. Weniger aber in wirtschaftlicher als vielmehr in außenpolitischer
Hinsicht. Die islamische Revolution und die Machtergreifung durch Ajatollah Chomeini,
anhaltende Anfeindungen mit den USA und Israel, der Iran als „Achse des Bösen“
(George W. Bush), radikale Reden von Mahmud Ahmadinedschad oder der Iran als
atomare Gefahr für die gesamte Region? Die westliche Reaktion gipfelte in einem
Embargo, das den Iran wirtschaftlich praktisch vom Westen isolierte.

Bei all der außenpolitischen Dramatik ging aber weitestgehend unter, wie erfolgreich
westliche Unternehmen über Jahrzehnte hinweg Geschäftsbeziehungen mit dem Iran
pflegten. Und auch, dass das Geschäftsklima zwischen westlichen und iranischen
Unternehmen durch Vertrauen und Professionalität geprägt war und man auf
aufgeschlossene, freundliche und gut gebildete Gesprächspartner traf.

So ist es nicht verwunderlich, dass sich viele Unternehmen, die in der Zeit vor dem
Embargo sehr erfolgreiche Geschäftsbeziehungen mit dem Iran unterhielten, sich dem
persischen Markt jetzt wieder zuwenden. Spätestens nach dem Wiener Abkommen vom
15. Juli 2015 sind die Anzeichen hierfür sehr konkret und seit dem Implementation Day am
16. Januar steht der Iran auch deutschen Unternehmen wieder offen. Daher stellt sich
momentan vielen Unternehmern die Frage nach dem Eintritt bzw. Wiedereintritt in den 80-
Millionen-Einwohner-Markt Iran.

Die Standortfaktoren sind für nahezu alle Branchen zu vielversprechend, um diese zu
ignorieren. Die Berichterstattung der Erkenntnisse aus zahlreichen mehr oder weniger gut
organisierten Delegationen, Messebesuchen und sonstigen Marktveranstaltungen machen
Mut. Strategieaussagen internationaler Konzerne lassen viele Zulieferbetriebe erwarten, dass eine Präzenz im Iran zukünftig unverzichtbar ist.





Allein diese kurze Betrachtung sollte den zukunftsgerichteten Unternehmer zu einer
intensiven Auseinandersetzung mit den Chancen, aber auch Risiken eines Markteintritts in
den Iran motivieren.

Marktchancen

Bei im Vergleich zu Deutschland nahezu gleicher Einwohnerzahl – 80.8 Mio. vs. 81 Mio. –
liegt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit 309 Mrd. € im Vergleich zu Deutschland mit 2,7 Bill.
€ um einen Faktor neun auseinander. 44 Mio. Iraner sind unter dreißig: eine Gruppe, die
Englisch spricht, sich für Reisen und das Leben im Westen interessiert und nach mehr
Freiheit strebt. Der jährliche Anteil von Hochschuleinschreibungen in Höhe von 58 % liegt
auf gleichem Niveau wie Deutschland. Damit bietet Iran neben dem bekannten
Ressourcenreichtum – größte Gas- und drittgrößte Ölreserven weltweit, wertvolle Rohstoffe
wie Kupfer und Zink, weltweit gefragte Agrarprodukte wie Reis, Zuckerrohr, Baumwolle
oder Nüsse – beste Voraussetzungen, diese Lücke dynamisch zu verkleinern.

Zudem befinden sich die Infrastruktur und die Industrie auf einem beachtlichen Niveau. Die
lokalen Geschäftspartner wissen deutsche Qualität zu schätzen und sind, als Teil der
internetaffinen Gesellschaft, trotz mehr als zehnjähriger Isolation bestens über
bestverfügbare Technologien und Produkte informiert.

Ausgeprägt sind eine starke Markenorientierung und ein hohes Qualitätsbewusstsein.

Mit Sicht auf die nächsten fünf Jahre wird ein Wachstum von im Durchschnitt 4- 5 % pro
Jahr erwartet, ergo gute Voraussetzungen bei steigender Nachfrage Marktanteile
zurückzugewinnen (Deutschland liegt trotz Embargo auf Platz 5 der wichtigsten
Handelspartner). Die deutsche Industrie steht hier im Wettbewerb mit europäischen Firmen
und denen, die in die Lücke gestoßen sind, die europäische Firmen hinterlassen haben.
Das sind vor allem chinesische Unternehmen.

Marktrisiken

Wo Licht ist, ist in der Regel auch Schatten. Neben allgemein bekannten Risiken sind
speziell für den Iran folgende Fallstricke zu erwarten: Gestärkt durch die Krise, sind sowohl
Politik als auch Unternehmer selbstbewusster und fordernder. Der Wettbewerbsdruck hat
sich deutlich gesteigert. Dies führt im Allgemeinen zu der Erkenntnis, dass sich die
Marktregeln gegenüber der Zeit vor dem Embargo deutlich verändert haben. Im Konkreten
heißt das aber auch, dass insbesondere für Firmen, die einen Wiedereintritt prüfen,
Geschäftsmodelle, Partner und Netzwerke auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Im
Iran ist der direkte Kontakt zu der Entscheiderebene der Schlüssel zum Geschäftserfolg.
Auch hier haben sich mit der neuen Regierung deutliche Veränderungen eingestellt.

Der neue wirtschaftspolitische Ansatz der iranischen Regierung besteht nicht nur aus dem
Import von Produkten. Iran will, dass deutsche Unternehmen vor Ort produzieren und
Arbeitsplätze schaffen. Dies soll perspektivisch die Rolle des Irans als attraktiver
Handelspartner in den etwa 250 Mio. Einwohner zählenden umliegenden Regionen
stärken und damit die z. Zt. hohe Abhängigkeit von der Ölpreisentwicklung relativieren.

Iran verfügt zwar mit geschätzt über 100 Mrd. USD Währungsreserven über genügend
Geld, um die überfälligen Investitionen zu bezahlen, allerdings liegt der Finanzsektor in
Folge der Sanktionen danieder und bedarf größter Anstrengungen, um weltweiten
Geschäftsverkehr sicher zu gewährleisten. Die Diskussion über strategische Investitionen
dominiert häufig die Projektverhandlungen.

Als Konsequenz aus diesen Betrachtungen ist die Kenntnis der komplexen lokalen
rechtlichen und gelebten Rahmen- und Randbedingungen zum Aufbau und zur Steuerung
einer Präsenz unabdingbare Voraussetzung für ein erfolgreiches Geschäft.

Wenn auch allgemein von dem Wegfall des Embargos im Zusammenhang mit dem
„Implementation Day“ gesprochen wird, so ist in Wien ein schrittweiser Austritt vereinbart
worden, der für die nächsten Jahre weiterhin Iranspezifische Kenntnisse und Erfahrungen
der Export- und Aussenwirtschaftsregularien erforderlich macht.

Markteinstiegs- und Marktbearbeitungsstrategien

Der Einstieg bzw. Wiedereinstieg in den Markt Iran macht die Planung eines individuellen,
auf das Unternehmen zugeschnittenen Maßnahmenkatalogs erforderlich. Neben Timing ist
insbesondere die Entscheidung der angestrebten Marktbearbeitung von besonderer
Bedeutung. Folgt man dem Lehrbuch, sind „emerging markets“ dynamisch zu besetzen,
um den so genannten „first mover“ Vorteil für sein Unternehmen zu sichern. Dies trifft mit
Sicherheit bedingt auch auf den Iran zu. Mit Kenntnis, wie der Markt im Iran funktioniert,
nämlich dass Entscheidungsprozesse sehr lange andauern, Vereinbarungen nicht immer
exakt eingehalten werden und belastbare, vertrauensvolle Partnerschaften vor kurzfristiger
Gewinnmaximierung stehen, wird nachfolgend der Fokus auf die Diskussion möglicher
Geschäftsmodelle gelegt.

Export

Da das iranische Recht eine Vertretung vor Ort erforderlich macht, ist eine Warenlieferung
in den Iran als direkter Export ausgeschlossen. So dass bei einer Festlegung auf reines
Exportgeschäft, als die mit Sicherheit kostengünstigste Markteintrittsstrategie, die Suche
nach einem „passendem“ Vertriebspartner ansteht. Dies ist – unter Würdigung der
iranischen Geschäftskultur – die nahezu erfolgsbestimmende Herausforderung. Nehmen
Sie sich Zeit und wägen Sie ab.

Bei allen Vorteilen, z. B. dass sich Export auch unproblematisch wieder einstellen lässt,
keine Vorabinvestitionen in Mitarbeiteraufbau und Vor-Ort Infrastruktur erforderlich sind,
sind die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß des angestrebten unternehmerischen
Erfolges sicherlich entscheidungsbestimmend. Der Verzicht auf direkten Kundenkontakt,
keine eigenen Erfahrungen mit dem Iran als weiche Faktoren sind neben harten Fakten
wie Druck auf die Rendite durch Zölle oder zu erwartende Local-Content-Vorschriften
Nachteile, die einer kritischen Betrachtung zu unterziehen sind.

Lizenzierung

Vermehrt werden insbesondere von lokalen ambitionierten Unternehmern
Lizenzabkommen vorgeschlagen. Sicherlich ein reizvoller Gedanke, ressourcenschonend
und ohne den Wettbewerbsnachteil „Zölle“, von der Wachstumsdynamik im Iran zu
partizipieren. Hier ist der Lizenzgeber in vielerlei Hinsicht von der richtigen Partnerwahl
abhängig. Nicht nur monetärer Markterfolg, sondern auch Renommee und Know-how
werden durch den Lizenznehmer substanziell beeinflusst. Wenn auch durch Verträge, die
kulturbedingt nicht immer exakt eingehalten werden, nur bedingt Risikominimierung
betrieben werden kann, ist hier der persönliche Kontakt und Vertrauen zu dem iranischen
Geschäftspartner von entscheidender Bedeutung für einen nachhaltigen Geschäftserfolg.

Franchising

Sehr speziell, aber aufgrund des hohen Lifestyles und der Markenaffinität der jungen
iranischen Bevölkerung eine mögliche Option, die hier der Vollständigkeit halber erwähnt,
aber nicht tiefer bewertet wird.

Kooperationen

Ein sicherlich probates Mittel, das Länderrisiko Iran in den Griff zu bekommen. Durch ein
Joint Venture können zudem Importrestriktionen umgangen und Local-Content-
Vorschriften eingehalten werden. Auch ist politische Unterstützung sicher zu erwarten. Es
kann zudem auf die Marktkenntnisse des lokalen Partners zurückgegriffen werden. Dies
hat sicherlich im Umgang mit der iranischen Kultur einen großen Vorteil.

Bei der Prüfung dieser Option ist nach sorgfältiger Partnersuche zu empfehlen, die
jeweiligen Zielvorstellungen klar und offen zu definieren und abzustimmen. Ein
Ausstiegsszenario sollte bereits festgelegt werden, um sich, im Falle sich erwartungsgemäß
über die Zeit einstellender geänderter Zukunftsausrichtungen, professionell und fair
trennen zu können. Mitarbeiteraufbau und -bindung müssen beherrscht werden, da
sicherlich Markteilnehmer Know-how über Mitarbeiterabwerbung gewinnen wollen. Die zur
Steuerung und Kontrolle des Joint Ventures erforderlichen Ressourcen sind nicht zu
unterschätzen. Das Top Management sollte für Kontaktpflege und Geschäftstreffen mit
dem Partner viel Geduld und vor allem Zeit mitbringen und unternehmerisch flexibel
reagieren können.

Akquisitionen

Auch wenn Iran im Grundsatz über eine reife Industrie verfügt, stellt sich aufgrund der nur
schwer nachvollziehbaren Besitzstrukturen und Eigentumsverhältnisse und der hohen
staatlichen Dominanz Iran z. Zt. nicht als Markt für strategische Investitionen dar. Auch hier
wird auf eine Diskussion verzichtet. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass sich, durch
Regierungsprogramme motiviert, die Privatisierung dynamisch entwickelt und dies das
momentane Bild deutlich verändern wird.

Tochtergesellschaft

Das iranische Recht bietet die Möglichkeit, eine 100 % Niederlassung oder
Produktionsstätte zu errichten und damit strategisch unabhängig Kundennähe
aufzubauen und konsequent eigene Ziele zu verfolgen. Die eigene Firmenkultur kann so
bestmöglich erhalten und evolutionär an die lokalen Marktbedingungen angepasst
werden. Eine ausschließliche Steuerung der Aktivitäten durch „Expats“ stellt jedoch nur die
zweitbeste Lösung dar. Hier sollte besser gleich in persisch-sprachige Kollegen investiert
werden. Dies ist auch dabei hilfreich, neben der Geschäftskultur das schwierige rechtliche
und steuerrechtliche Umfeld aus eigener Kraft beherrschen zu lernen. Dennoch sollte der
Aufwand für die Abstellung von Mitarbeitern quer durch alle Hierachieebenen nicht
unterschätzt werden.

Neben dem sicherlich allein durch die Höhe der Investitionssumme bestehenden
Finanzrisiko sollten die Risiken, die aus einer schwierigen staatlichen Bürokratie resultieren,
gemanagt werden und der Unternehmer über den sprichwörtlich gebotenen langen Atem
verfügen.

Empfehlung

2016 scheint ein überaus günstiger Zeitpunkt für einen Neu- bzw. Wiedereinstieg in den
iranischen Markt zu sein. Die Rahmenbedingungen und Potentiale werden allgemein als
sehr günstig bewertet.

Deshalb empfiehlt sich eine solide Vorbereitung des Eintritts bzw. Wiedereintritts unter
Berücksichtigung Iran-spezifischer Besonderheiten.

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Unternehmensinformation / Kurzprofil:

Die Unternehmensberatung „WB & K Iran Consulting“ begleitet deutsche Unternehmen
strategisch vom Markteintritt bis zur nachhaltig erfolgreichen Marktbearbeitung in Deutschland
und vor Ort im Iran.



Leseranfragen:

WB & K Iran Consulting
Volker Klosowski, Geschäftsführer
c/o VK IA GmbH
Weiherstraße 20B
44789 Bochum

Tel: 0234 93450010
eMail: info(at)wbk-iran.de



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Bereitgestellt von Benutzer: wamserbatra
Datum: 20.01.2016 - 17:21 Uhr
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