Lösungen für bezahlbares Wohnen / Podiumsdiskussion mit NRW-Bauministerin Scharrenbach (FOTO)
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(ots) -
Wohnen wird in Teilen von NRW zunehmend zum Luxus. In 8 von 10
Städten in NRW sind die Preise für vorhandene Eigentumswohnungen im
letzten Jahr erneut gestiegen. Das zeigen die Zahlen des "LBS-Markt
für Wohnimmobilien", der diese Woche veröffentlicht wird.
Gleichzeitig haben die Mieten in vielen Städten die Schmerzgrenze
erreicht. Über Strategien für mehr bezahlbaren Wohnraum im Land
diskutierten nun sechs Fachleute für Wohnungsbau mit Ministerin Ina
Scharrenbach auf Einladung der Landesbausparkasse LBS West in
Düsseldorf.
Reiner Braun, Immobilienmarktexperte des Forschungsinstitutes
empirica, umriss das Ausmaß der Krise auf der Angebotsseite:
"Mindestens 70.000 Wohneinheiten werden jedes Jahr in NRW benötigt",
analysierte er. "Gebaut werden aber weniger als 50.000 - das
verknappt das Angebot stetig weiter", so Braun. Ein Problem sei die
Tatsache, dass deutlich weniger Wohnungen fertiggestellt würden als
genehmigt seien.
Tobias Siewert vom Bauindustrieverband NRW machte dafür die
Preissteigerungen durch Bauauflagen mitverantwortlich. Alleine die
letzte Stufe der Energieeinsparverordnung, die 2016 in Kraft trat,
habe jeden Neubau um 8 Prozent verteuert. "Es wäre vernünftig, diese
letzte Stufe der Verordnung auszusetzen", forderte Siewert. Ansonsten
rechne sich das Investment in energetische Maßnahmen für Eigentümer
nicht mehr.
Die gestiegenen Baukosten machte Bauministerin Ina Scharrenbach
(CDU) auch für öffentliche Bauträger als Faktor aus. "Kommunen in NRW
bekommen bei Ausschreibungen zunehmend überteuerte Angebote." Damit
entstünden zusätzliche Engpässe in der Bauumsetzung. Auf einen
konkreten Zielwert für den Wohnungsneubau in der aktuellen
Legislaturperiode wollte sich die Bauministerin nicht festlegen
lassen. Das sei "unseriös". Mehr als unter Rot-Grün werde es jedoch
auf jeden Fall sein.
Neben dem Zusammenspiel mit den Kommunen sei vor allem auch die
Eigeninitiative vor Ort ein wesentlicher Erfolgsfaktor, so
Scharrenbach: "Wohnen hat Chefsache in einer Kommune zu sein - nicht
nur für den Bürgermeister. Ich erwarte von den Stadträten, dass sie
das gleichsam als Chefsache behandeln und nicht unnötig Streit in die
Bürgerschaft tragen." Das verlangsame die Lösung der
Wohnungsmarktprobleme und bürde den Bürgern zusätzliche Lasten auf.
LBS-Vorstandsvorsitzender Jörg Münning warb dafür, den
Immobilienerwerb für Familien und Privatpersonen nicht zu
vernachlässigen. Wohneigentum sei nicht nur wichtige Altersvorsorge,
sondern schaffe mittelbar auch Mietwohnraum: "Jeder, der ein neues
Haus bezieht, macht eine Wohnung frei. Durch diese Umzugsketten wird
die Wohnsituation von 3,3 Haushalten verbessert", so Münning. Ihren
Handlungswillen bekräftigten die Politiker beim Thema
rollstuhlgerechter Wohnraum. Sven Wolf, wohnungspolitischer Sprecher
der SPD, verteidigte die Quotenregelung der vorherigen, rot-grünen
Regierung. "Es gilt in unserer Gesellschaft ein Grundversprechen,
dass jeder eine bezahlbare und geeignete Wohnung bekommt. Das gilt
auch für Menschen, die nach Krankheit oder Unfall auf einen Rollstuhl
angewiesen sind', betonte Wolf." Ministerin Scharrenbach, die die
Regelung ausgesetzt hatte, bekräftigte ihre vollste Unterstützung zum
barrierefreien Umbau: "Die Anliegen der Rollstuhlfahrer liegen mir
sehr am Herzen, jedoch muss zunächst der konkrete Bedarf weiter
erhoben werden, bevor das Förderprogramm konkrete Formen bekommt."
Kritisch beurteilten die Experten die Wirkung der Mietpreisbremse in
NRW. SPD-Experte Wolf stellte fest, dass die Mietpreisbremse durchaus
positive Effekte gehabt habe. "Aber sie muss verbessert werden, zum
Beispiel durch den Einsatz qualifizierter Mietspiegel in den Kommunen
und durch schärfere Konsequenzen für Vermieter, die die Regeln nicht
einhalten", so Wolf.
Bauministerin Scharrenbach verwies darauf, dass für Mieter zudem
die Bedeutung der Kosten für Strom, Heizung und kommunale Gebühren
zunehme. "Die sogenannte "zweite Miete" steigt jedes Jahr, belastet
die Haushalte und sorgt dafür, dass Vermieter sich zum Teil davor
scheuen, die eigentliche Miete angemessen anzupassen", gab
Scharrenbach zu bedenken.
Auch LBS-Vorstandsvorsitzender Jörg Münning machte die Nebenkosten
zum Thema. Beim Bau seien die Belastungen für Erwerber durch Gebühren
und Steuern in NRW derzeit hoch wie nie. Es sei wichtig, diese Kosten
im Zaum zu halten: "Elf Prozent Nebenkosten beim Immobilienkauf sind
einfach zu hoch, das frisst das Eigenkapital auf. Das erforderliche
Startkapital anzusparen ist in der Niedrigzinsphase ohnehin schon für
viele zukünftige Immobilienerwerber schwierig."
Münning warb für eine Diskussion über die Höhe der
Grunderwerbsteuer. "Neben Schleswig-Holstein und dem Saarland erhebt
nur NRW bundesweit die höchste Grunderwerbsteuer mit 6,5 Prozent."
Stephen Paul, wohnungspolitischer Sprecher der FDP, verwies
darauf, dass NRW eine Bundesratsinitiative gestartet habe, um
Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer zu ermöglichen. Mit einer
Freibetragsregelung werde es möglich, "gezielter bauwillige Familien
zu entlasten". Ferner gehe es nun zunächst darum, die im
Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen für mehr bezahlbaren
Wohnraum umzusetzen. "Dabei müssen wir auch Rahmenbedingungen
schaffen, die mehr Wohneigentum für unsere Bürgerinnen und Bürger
ermöglichen."
Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und
Oberbürgermeister von Münster, erweiterte die Diskussion um die
Perspektive der Kommunen. Bezahlbarer Wohnraum sei auch ein
Standortfaktor für die Arbeitgeberattraktivität. Wohnungspolitik
könne aber nicht isoliert betrachtet werden, denn das städtische
Gesamtsystem - Wohnen, Arbeiten, Einzelhandel und Freizeit - müsse
funktionieren. Aus Münster berichtete er vom dortigen Ansatz einer
"sozialgerechten Bodennutzung", bei der Mindestquoten für öffentlich
geförderten und bezahlbaren Wohnraum bei der Erschließung von neuem
Wohnraum umzusetzen seien. Mit Blick auf die Zuordnung von
Fördermitteln forderte Lewe: "Wir müssen uns auf mittlere und untere
Einkommensgrenzen konzentrieren, auf junge Menschen und
Familiengründer." Von der Landespolitik forderte er verlässliche
Rahmenbedingungen. Für Städte müsse es sich lohnen, die Strukturen zu
schaffen, um die Förderprogramme sinnvoll umzusetzen. Dafür brauche
es Zeit. Das sei "wichtiger, als immer wieder neue Fördertöpfe
aufzumachen", so Lewe. Marktforschungsexperte Reiner Braun von
Empirica mahnte dazu, nicht am Bedarf vorbei zu bauen. Große Mengen
kleiner Wohnungen zu bauen, sei ein Fehler. "Kein Mensch will in
einer kleinen Wohnung in Einfachstbauweise wohnen."
LBS-Vorstandsvorsitzender Jörg Münning bekräftigte dabei die Rolle
von Wohneigentum: "Vier von fünf Bürgern träumen vom Wohneigentum und
sie wollen im Alter darin wohnen bleiben". Münning forderte die
Politik auf, bei allen Angeboten rund um das Bauen und Wohnen "mit
den Menschen und für die Menschen zu planen."
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Datum: 16.05.2018 - 13:55 Uhr
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