ESCCAP-Expertenrat von Dr. Maria Unterköfler: Thelaziose bei Hunden und Katzen
Die Thelaziose wird durch parasitische Rundwürmer verursacht, welche unter anderem die Augenhöhlen sowie den Tränen-Nasen-Kanal verschiedener Säugetierarten (inkl. dem Menschen) besiedeln. Wie es zur Übertragung der Würmer kommt und wie sich die Thelaziose bei Hunden und Katzen diagnostizieren und behandeln lässt, erklärt Dr. Maria Unterköfler von der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna).
Thelazia callipaeda, auch bekannt als orientalischer Augenwurm, wird durch Fruchtfliegen der Gattung Phortica übertragen. Als Endwirte fungieren vor allem Wildkarnivoren und Hunde, aber auch Katzen und Menschen können befallen werden. Vor allem Füchse sind als Reservoirwirte wichtig. Humane Fälle kommen vorrangig in hochendemischen Gebieten vor.
Übertragung
Die Übertragung auf den Vektor erfolgt über das Auflecken von Erstlarven in der Tränenflüssigkeit. In Europa ist die Fruchtfliegenart Phortica variegata der bekannte Vektor. Dabei ist bemerkenswert, dass vor allem männliche Fruchtfliegen für die Übertragung verantwortlich sind. Diese bevorzugen anders als die Weibchen Tränenflüssigkeit gegenüber dem Saft von Früchten.
Abhängig von der Temperatur findet die Entwicklung zur Drittlarve im Vektor innerhalb von zwei bis drei Wochen statt. Auch eine Überwinterung in diesen Zwischenwirten scheint möglich zu sein. Als Drittlarve treten die Nematoden dann bei der nächsten Tränenflüssigkeitsmahlzeit durch die Mundwerkzeuge der Fruchtfliege aus und gelangen so an ihren Ansiedelungsort im Endwirt. Dort entwickeln sie sich innerhalb von zwei bis sechs Wochen zu Adulten und können über ein Jahr lang persistieren. Die Weibchen sind lebendgebärend (vivipar) und die Mikrofilarien können mit der Tränenflüssigkeit aufgenommen werden.
Verbreitung von T. callipaeda
Ursprünglich stammt T. callipaeda aus Asien, wo auch mehrere verschiedene Genotypen auftreten. Dagegen ist in Europa lediglich ein Genotyp bekannt. Vor allem in Südeuropa ist T. callipaeda verbreitet, aber immer häufiger gibt es auch Fallberichte aus Mitteleuropa. Dies ist zum Teil wohl auf den vermehrten Import von Tieren aus endemischen Ländern zurückzuführen, aber auch Berichte von autochthonen Fällen mehren sich. Letzteres wird vermutlich durch eine Ausbreitung des Vektors in Gebiete mit überdurchschnittlich hohen Jahresmitteltemperaturen verursacht.
Fallberichte von T. callipaeda-Infektionen wurden in den letzten zwei Jahrzehnten aus vielen europäischen Ländern bei Hunden, aber auch Menschen publiziert; darunter auch mitteleuropäische Länder wie Deutschland, Österreich oder die Schweiz. In Spanien beispielsweise wurde der erste Fallbericht 2010 publiziert. Seitdem hat sich T. callipaeda verbreitet und einige Gebiete Spaniens gelten nun als endemisch. ExpertInnen erwarten eine weitere Ausbreitung dieses Augenwurmes in Europa.
Symptome
Klinisch fällt eine Thelaziose bei Hunden und Katzen durch vermehrten Tränenfluss, okularen Juckreiz, Schwellungen und Entzündungen der Konjunktiva, Keratitis, follikuläre Hypertrophie und Photosensitivität auf. Insbesondere bei niedriger Wurmbürde verläuft die Infektion gegebenenfalls symptomlos.
Diagnose und Differentialdiagnosen
Durch Inspektion des Auges und Spülung des Tränen-Nasen-Kanals ist es möglich, die weißlich-transparenten Nematoden mit einer Länge von 0,5–2 cm zu diagnostizieren. Differentialdiagnostisch sollte Onchocerca lupi in Betracht gezogen werden. Dieser Nematode ist ebenfalls in der Augenhöhle von Hunden anzutreffen und verursacht dort chronische, granulomatöse Infektionen.
Therapie
Die Therapie bei Hunden und Katzen durch mechanisches Entfernen der Würmer zusammen mit der oralen Anwendung von Milbemycin (allein oder in Kombination mit Praziquantel) führt laut Fallberichten nach zwei Wochen zu einer vollständigen Elimination der Erreger.
Die Thelaziose ist auch in Mitteleuropa eine beachtenswerte Differentialdiagnose bei entzündlichen Erkrankungen des Auges und seiner Umgebung. Auch aufgrund des Zoonosepotenzials ist es wichtig, sie im Sinne des One-Health-Ansatzes nicht zu vernachlässigen.
Frau Dr. Maria Unterköfler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Parasitologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) und leitet ein Projekt zur Verbreitung der Vektoren von Thelazia in Österreich.
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Datum: 20.06.2022 - 14:25 Uhr
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