HOMBURGER-Interview für die 'Frankfurter Rundschau' und 'Berliner Zeitung'
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HOMBURGER-Interview für die "Frankfurter Rundschau" und "Berliner Zeitung"
BERLIN. Die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Birgit HOMBURGER gab der "Frankfurter Rundschau" und "Berliner Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Karl Doemens und Steffen Hebestreit:
Frage: Frau Homburger, bislang stand die FDP für ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem. In der Finanzkrise plädieren Sie plötzlich für eine neue Finanzmarktsteuer. Was ist passiert?
Homburger: Die Liberalen stehen immer noch für ein einfacheres, niedrigeres und gerechteres Steuersystem. Wir haben mit dieser Koalition zum Jahresbeginn die Steuern zu gesenkt und Familien entlastet. Im Augenblick können wir die Steuerreform nicht vervollständigen, weil wir zunächst neue Herausforderungen bewältigen müssen. Aber das heißt nicht, dass wir das Ziel aufgeben.
Frage: Die neue Herausforderung heißt: Regulierung des Finanzsektors. Hat die FDP früher nicht eher für Deregulierung gekämpft?
Homburger: Wir sind immer für eine stabile Währung eingetreten. Ursache der gegenwärtigen Probleme ist doch, dass Staaten über ihre Verhältnisse gelebt haben. Kein Spekulant dieser Welt hätte eine Chance gehabt, gegen den Euro zu spekulieren, wenn die Haushalte in Ordnung gewesen wären. Nun aber konnten die Finanzmärkte diese Schwäche nutzen. Deswegen müssen wir die Haushalte in Ordnung bringen. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass die Exzesse der Märkte beseitigt werden. Diejenigen, die diese Krise mit verursacht haben, müssen zur Finanzierung der Kosten herangezogen werden. Das ist eine schlichte Gerechtigkeitsfrage.
Frage: Sie sprechen von "Exzessen der Märkte". Vor zwei Jahren hat ein Politiker protestiert: "Markt und Wettbewerb haben in Deutschland ohnehin schon einen schweren Stand. Die Politik sollte die bestehenden Vorurteile nicht auch noch nähren." Was denken Sie, wer das war?
Homburger: Na, wenn Sie so fragen, war es wohl einer von uns.
Frage: Richtig. Der heutige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Er kritisierte Bundespräsident Horst Köhler, weil der damals warnte, die Finanzmärkte hätten sich zu einem "Monster" entwickelt, "das in die Schranken gewiesen" werden müsse. Wäre es nicht Zeit für eine Entschuldigung?
Homburger: Ich glaube, es ist Zeit, dass wir in der Wirtschaftspolitik die Dinge einmal etwas grundsätzlicher betrachten. Ich teile die Ansicht von Rainer Brüderle, dass man nicht immer nur auf eine Seite schimpfen darf. Wir müssen denen, die Arbeitsplätze schaffen, faire Rahmenbedingungen geben. Allerdings gibt es eine Diskrepanz zwischen großen Teilen der Wirtschaft, die sich völlig anständig verhalten und einem kleinen Teil, der zunehmend in den vergangenen Jahren das Bild geprägt hat: Wir kriegen nicht genug. Diesen müssen wir klar machen, dass die soziale Marktwirtschaft nur funktioniert, wenn die Akteure der Marktwirtschaft ihrer Verantwortung gerecht werden. Leider war das zuletzt nicht immer der Fall.
Frage: Die FDP wird also aus Erfahrung klug?
Homburger: Jede Partei muss die Entwicklung der Gesellschaft beobachten und daraus Schlüsse ziehen. Das, was wir jetzt vorschlagen, ist zutiefst verankert im Grundsatz der sozialen Marktwirtschaft. Wir waren nie für den freien Markt, wo jeder machen kann, was er will. Wir haben immer gesagt: Wir brauchen einen starken Staat, wir brauchen Rahmenbedingungen, die einfach, verständlich und verbindlich sind.
Frage: Apropos einfach und verständlich: Begeistert sich die FDP neuerdings auch für die Finanztransaktionssteuer?
Homburger: Die Koalition hat eine gemeinsame Haltung definiert und die Regierung aufgefordert, sich für eine Finanzmarktbesteuerung einzusetzen, entweder in Form der Finanzmarkttransaktionssteuer oder der Finanzaktivitätssteuer. Die europäischen Finanzminister haben sich für eine Prüfung der Transaktionssteuer ausgesprochen. Das kann man nicht einfach ignorieren. Die FDP ist nach wie vor der Meinung, dass die Finanzaktivitätssteuer das bessere Mittel ist, weil sie an den Gehältern und den Gewinnen von Managern und Banken ansetzt, wie der IWF empfiehlt. Durch die Transaktionssteuer würden auch die kleinen Sparer getroffen. Das wollen wir nicht.
Frage: Wie passt das dazu, dass die Kanzlerin sich im Kreis der 20 wichtigsten Industrienationen für die Transaktionssteuer einsetzen soll ??
Homburger: ? die Transaktionssteuer oder die Finanzaktivitätssteuer! Da ist ein "oder" dazwischen.
Frage: Kann Frau Merkel sich das aussuchen?
Homburger: Wir haben klar gemacht, dass das Instrument unserer Wahl eine Finanzaktivitätssteuer ist. Ich glaube, dass das auch international eher umzusetzen ist. Schließlich hat sie der Internationale Währungsfonds empfohlen, während er die Finanzmarkttransaktionssteuer als nicht treffsicher ansieht. Ich plädiere dafür endlich das ins Auge zu fassen, was international eine Chance hat, damit sich endlich etwas tut.
Frage: In der Bankenkrise im Herbst 2008 hat die große Koalition zumindest vorübergehend an Ansehen gewonnen. Die Reputation von Schwarz-Gelb hingegen rutscht immer tiefer in den Keller. Was läuft falsch?
Homburger: Natürlich haben wir nicht gerade einen glänzenden Start hingelegt. Es ist ja nicht so, dass nichts gemacht wurde. Aber es entstand dieser Eindruck. Jetzt geht es darum, deutlich zu machen, dass die Koalition gemeinsam entschlossen handelt. Wir werden bis zur Sommerpause weitere Projekte auf den Weg zu bringen. Dazu gehören die Gesundheitsreform, die Haushaltskonsolidierung und die Energiepolitik. Ich bin überzeugt davon, dass wir in allen diesen Punkten zu guten Ergebnissen kommen werden.
Frage: Aber Ihr zentrales Projekt, die Steuerreform, liegt ? freundlich gesagt ? auf Eis. Womit wollen sich die Liberalen profilieren?
Homburger: Die Liberalen haben eine deutlich breitere Agenda, als das gemeinhin wahrgenommen wird. Dazu gehört die Haushaltskonsolidierung. Dazu gehört eine klare Schwerpunktsetzung bei der Bildung. Und dazu gehört die Bürgerrechtspolitik.
Frage: Stichwort Konsolidierung: Wo wollen Sie im Haushalt den Rotstift ansetzen?
Homburger: Wir müssen sparen. Das ist klar. Aber ich werde jetzt keine Beispiele nennen. Erstens reicht ein Vorschlag alleine nicht. Und zweitens würde der sofort zerredet. Wir werden ein sozial ausgewogenes Gesamtkonzept vorlegen.
Frage: Und Steuererhöhungen wird es nicht geben?
Homburger: Wer jetzt Steuererhöhungen fordert, will nicht sparen. Dieser Staat hat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Wir müssen die Haushalte in Ordnung bringen. Und das geht nur mit Sparen.
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Datum: 25.05.2010 - 14:47 Uhr
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