IGH-Gutachten zum Kosovo: Das Rad der Geschichte kann nicht zurueckgedreht werden
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IGH-Gutachten zum Kosovo: Das Rad der Geschichte kann nicht zurueckgedreht werden
Zu dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zur Unabhaengigkeitserklaerung des Kosovo erklaert der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:
Das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes war mit Spannung erwartet worden. Doch nicht alle Erwartungen, insbesondere nicht die der antragstellenden serbischen Seite, duerften sich erfuellt haben. Denn eines haben die Richter in Den Haag deutlicher als erwartet klargestellt: Die Unabhaengigkeit Kosovos widerspricht nicht dem geltenden Voelkerrecht. Sie ist eine unmittelbare Folge der jahrelangen Unterdrueckung in der Zeit der Milosevic-Herrschaft und dem daraus resultierenden Kosovo-Krieg. Damals hat Serbien seinen Herrschaftsanspruch ueber das Kosovo unwiderruflich verspielt.
Das sieht offensichtlich auch die Mehrheit der Richter des IGH in ihrer Mehrheit so.
Bislang haben 69 Staaten weltweit, davon 22 aus der EU, Kosovo anerkannt. Man kann davon ausgehen, dass nach dem heutigen Gutachten weitere Staaten mit der Anerkennung und der Aufnahme diplomatischer Beziehungen folgen werden.
Es waere insbesondere im serbischen Interesse, die Realitaet auf dem Balkan, wie sie sich im Laufe der beiden zurueckliegenden Jahrzehnte entwickelt hat - und dazu gehoert unwiderruflich die Unabhaengigkeit des Kosovo - zu akzeptieren und sich konstruktiv an der Gestaltung gutnachbarschaftlicher Beziehungen zu beteiligen. Die nach wie vor in weiten Teilen der serbischen Elite dominierende Ansicht, das Rad der Geschichte wieder zurueckdrehen zu koennen, macht das Land zum Gefangenen eigener Wunschvorstellungen.
Serbien koennte bereits einen wesentlichen Schritt weiter auf dem Pfad der europaeischen Integration sein, wuerde es nicht immer wieder unrealistische Gebietsansprueche auf der Grundlage fragwuerdiger historischer Ableitungen geltend machen. Das jetzt vorliegende Gutachten bietet zugleich eine Chance fuer Belgrad, sich gesichtswahrend aus diesem selbst verursachten Dilemma zu befreien und sich der Bewaeltigung der eigentlichen Zukunftsaufgaben, vorrangig der Integration des Westbalkans in die europaeischen Strukturen, zu widmen. Bleibt zu hoffen, dass die serbische Politik diese Chance nicht einfach verstreichen laesst.
Aber auch fuer die kosovarische Regierung ist das Rechtsgutachten kein Freibrief. Sie hat noch eine Reihe von Hausaufgaben zu erledigen. Die nach wie vor grassierende Korruption ist ein Hindernis auf dem Weg der europaeischen Integration. Der wirksame Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte sowie die Ueberwindung von Defiziten im Bereich der Rechtsstaatlichkeit gehoeren ebenso dazu wie die Bekaempfung der Organisierten Kriminalitaet, die ein Haupthindernis bei der Entwicklung einer prosperierenden Wirtschaft und der dafuer erforderlichen auslaendischen Investitionen darstellt.
Das jetzt vorliegende IGH-Gutachten eignet sich nicht als Vorlage fuer andere Entitaeten, eine eigene Staatlichkeit fuer sich zu proklamieren. Es bezieht sich einzig und allein auf die politisch-historischen Umstaende, die zur Unabhaengigkeitserklaerung des Kosovo gefuehrt haben und allein schon deshalb keine automatischen Schlussfolgerungen auf andere Regionen und Konflikte zulassen.
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Datum: 22.07.2010 - 18:17 Uhr
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