Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Atomkompromiss
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Dementis: Im schwarz-gelben Atomstreit wurde bis zum Schluss mit
Haken und Ösen gearbeitet. Am Ende war absehbar, dass es so kommen
würde, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits vor zwei
Wochen angedeutet hatte: Der Kompromiss würde ein politischer sein.
Gestern Abend waren etwa zehn bis zwölf Jahre längere Atomlaufzeiten
im Gespräch. Das ist mehr, als Kernenergieskeptiker und
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) lieb ist, und weniger, als
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle gewünscht hatte. Im Gegenzug kann
Brüderle damit rechnen, dass die von ihm geforderte zeitliche
Begrenzung der Brennelementesteuer durchs Ziel geht. Der gesunde
Menschenverstand begrüßt, dass es gestaffelte Zuschläge für moderne,
alte und uralte Atomkraftwerke geben soll. Die technische
Nachrüstung, die Schwarz-Gelb - anders als Rot-Grün beim
Ausstiegsbeschluss vor acht Jahren - den Kernkraftwerksbetreibern
auferlegen will, wird so manchem Methusalem unter den Meilern den
vorzeitigen Garaus bereiten. Modernde Druckwasserreaktoren wie im
Atomkraftwerk Grohnde, aus dem auch die Stadtwerke Bielefeld
günstigen Strom beziehen, werden hingegen von der Neuregelung
profitieren. Nach dem langen Brüten der Bundesregierung aber sind
längst noch nicht alle Probleme gelöst. Auch wenn Justiz- und
Innenministerium in ihren Expertisen zu dem Schluss kommen, dass die
Verlängerung der Atomlaufzeiten ohne Zustimmung des Bundesrats
möglich sind: Gewissheit gibt es erst nach einem absehbaren Gang vor
das Bundesverfassungsgericht. »Ich verspreche der Bundesregierung
einen heißen Herbst«, hatte die Grünen-Parteivorsitzende Claudia Roth
gestern noch einmal bekräftigt. Unterstützt wird sie vom früheren
Bundesumweltminister und heutigen SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, der
schon einmal ankündigt, dass seine Partei, sollte sie wieder an die
Regierung kommen, den schwarz-gelben Atomkompromiss einkassieren
werde. Hier offenbart sich ein grundsätzliches Problem. Weder
Rot-Grün noch Schwarz-Gelb haben einen parteiübergreifenden,
dauerhaft tragfähigen Konsens über die Kernenergienutzung in
Deutschland gesucht. Beide nehmen nicht nur politischen Dauerstreit,
sondern auch die Spaltung der Bürgerschaft in Kauf. Abschalten -
sofort! Das fordern auch besonnene Grüne nicht mehr. Denn die böse
Kernenergie trägt ja unbestritten dazu bei, das ebenso als böse
erkannte Kohlendioxid im Zaum zu halten. Abschalten? Ja, aber eben
nur in dem Maße, in dem erneuerbare Energien tatsächlich verfügbar
sind. Solch eine Verständigung wäre wünschenswert gewesen. So aber
wird der schwarz-gelbe Atomkompromiss - wie schon zuvor der rot-grüne
Ausstiegsbeschluss - nur eine begrenzte Halbwertszeit haben.
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Andreas Kolesch
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Datum: 05.09.2010 - 21:30 Uhr
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