Weser-Kurier: Der "Weser-KUrier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 17. Mai 2011 d

Weser-Kurier: Der "Weser-KUrier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 17. Mai 2011 die Sex-Affäre um IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn:

ID: 406896
(ots) - Eine Frage des Vertrauens

von Joerg Helge Wagner

Es erinnert an das Pfeifen ängstlicher Kinder im dunklen Wald:
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble behauptet, was die Sex-Affäre
um IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn mit der Euro-Krise zu tun habe,
"erschließt sich mir nicht". Das darf man dem alten Fuchs, der selbst
durch das Fegefeuer politischer Affären gegangen ist, natürlich nicht
abnehmen. Denn gerade die milliardenschweren Rettungspakete für die
maroden Euro-Volkswirtschaften Portugal, Griechenland und Irland sind
untrennbar mit Strauss-Kahn verbunden. Ebenso die Unterstützung der
schwächelnden EU-Novizen Ungarn, Lettland und Rumänen durch den
Internationalen Währungsfonds. Der französische Sozialist hat den
marktliberalen Kurs des IWF korrigiert und zu günstigen Konditionen
zig Milliarden an Krediten vergeben: Allein am Euro-Rettungsschirm
ist die Sonderorganisation der UN zu einem Drittel beteiligt. Das
passt vor allem den aufstrebenden Schwellenländern wie China, Indien,
Mexiko oder Brasilien nicht. Deren Einlagen in die Weltrettungskasse
sind ständig gestiegen - nun sehen sie nicht ein, dass die Mittel
ausgerechnet dafür genutzt werden sollen, die vergleichsweise reiche
Euro-Zone zu sanieren. Und sie fordern ungeduldig, dass der nächste
IWF-Generaldirektor jemand aus ihren Reihen ist. Gut möglich also,
dass Portugal als vorerst letzter Euro-Krisenstaat in den vollen
Genuss der bisherigen IWF-Freigiebigkeit kommt. Die Affäre hat aber
auch mittelbar negative politische Folgen, vor allem für Frankreich.
Spitzenpolitiker aller Parteien dort betonen, dass nicht nur die
Sozialistische Partei, sondern der internationale Ruf der ganzen
Nation beschädigt seien. Das ist nicht bloß gallisches Pathos: Es
wird nämlich keinen reibungslosen Automatismus geben, nach dem
Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde unwidersprochen die


Nachfolgerin von Strauss-Kahn wird. Sicher zum großen Bedauern von
Schäuble, für den die von ihm hochgeschätzte Kollegin eine
Idealbesetzung wäre, um das Rettungswerk an der europäischen
Währungsunion zu vollenden. Und weil das alles eben doch sehr
dramatisch ist, bemühen Spitzenpolitiker nun inflationär eine
sperrige Vokabel: Unschuldsvermutung. Natürlich gilt die auch für
Ihresgleichen - etwa für Monsieur Strauss-Kahn. Ob der DNA-Test in
ein paar Tagen Klarheit bringt, ist ungewiss. Von der Tatzeit bis zur
Festnahme gab es genug Gelegenheit, sich die Fingernägel zu
schrubben. Und Kratzer kann es auch bei einvernehmlichem Sex geben.
Was Strauss-Kahn neben zahlreichen Indizien wie das fluchtartige
Verlassen des Hotels viel mehr belastet, ist der Ruf, der ihm voraus
eilt. Genauer: der ihm nachhängt. In wenigstens zwei Fällen muss er
sich Vorwürfen stellen, dass seine Galanterie in rücksichtslose
Geilheit umschlug. Auch wenn das einige Jahre her ist: verjährt ist
es nicht, nun schon gar nicht. Noch schwerer wiegt die Unbeirrbarkeit
des mutmaßlichen jüngsten Opfers: Sie hat ihn eindeutig
wiedererkannt. Auch die denkbaren Antworten auf folgende Frage können
Strauss-Kahn belasten: Was muss vorgefallen sein, dass eine
32-jährige farbige Servicekraft, die in der Hotel-Hierarchie weit
unten rangiert, beim Management den prominenten Gast in einer
3000-Dollar-Suite der versuchten Vergewaltigung beschuldigt? Immerhin
so glaubwürdig, dass das Management sofort die Polizei rief und der
Haftrichter gestern eine Kaution für Strauss-Kahn ablehnte. Dem steht
eine wackelige Verschwörungstheorie gegenüber, die weder Indizien
noch Drahtzieher nennen kann. Seit gestern wird zudem ein "Alibi"
kolportiert, das aber den Haftrichter auch nicht überzeugen konnte.
Wie immer am Ende die vollständige Wahrheit aussehen mag, Schäuble
ist bereits jetzt in einem weiteren Punkt zu widersprechen: Die
Diskussion über mögliche Nachfolger des IWF-Chefs ist nicht verfrüht,
sie muss vielmehr rasch ein Ergebnis haben. Bei der Europäischen
Zentralbank hat man das längst begriffen. Wer über das Wohl und Wehe
ganzer Volkswirtschaften entscheiden kann, muss nicht nur für
Zimmermädchen absolut vertrauenswürdig und über jeden Zweifel erhaben
sein. joerg-helge.wagner@weser-kurier.de



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Datum: 16.05.2011 - 20:30 Uhr
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