Bundesregierung setzt Fehlanreize bei Verbrauchskennzeichnung von Pkw
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Deutsche Umwelthilfe fordert Bundesrat auf, Novelle der
Energieverbrauchskennzeichnungs-Verordnung (EnVKV) abzulehnen -
Neufassung verstößt mehrfach gegen EU-Recht - Schwere Pkw mit hohem
Verbrauch sollen gegenüber Kleinwagen systematisch besser bewertet
werden - DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: "Statt
Verbraucheraufklärung betreibt die Bundesregierung systematisch
Verkaufsförderung für schwere und klimaschädliche Dickschiffe"
Berlin, 15. Juni 2011: Die Bundesregierung orientiert die
Verbrauchskennzeichnung von Pkw weiter an den Interessen der
deutschen Automobilindustrie statt an den Bedürfnissen der
Autokunden. Sie schreckt dabei auch nicht vor einer Verletzung von
EU-Recht zurück. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) im
Zusammenhang mit der im Mai im Bundeskabinett verabschiedeten und
inzwischen dem Bundesrat zur Abstimmung vorgelegten Novelle der
Pkw-Energieverbrauchskennzeich¬nungs-Verordnung (EnVKV) hingewiesen.
Der Umweltausschuss der Länderkammer berät am kommenden Dienstag (21.
Juni) über die Regierungsvorlage, das Plenum entscheidet
voraussichtlich am 8. Juli.
In Schreiben an die in den Bundesländern zuständigen Umwelt-,
Verkehrs- und Wirtschaftsminister fordert DUH-Bundesgeschäftsführer
Jürgen Resch die Ressortchefs auf, die Regierungsvorlage in der
vorliegenden Form in der Länderkammer abzulehnen. Der Entwurf vom 18.
Mai (Bundesrats-Drucksache 281/11) verstoße gleich an mehreren
Stellen gegen EU-Recht und diene im Ergebnis weder der Verbesserung
der Verbraucherinformation noch dem Klimaschutz. Resch: "Es kann
nicht sein, dass ein Audi Q7 Geländewagen mit CO2-Emissionen von
knapp 200 Gramm pro Kilometer (g CO2/km) eine hellgrüne
B-Kennzeichnung erhalte, während ein Smart oder Polo mit Emissionen
von weniger als 90 g CO2/km aber mit einem gelben C abgestraft wird."
Dies wäre aber der Fall und eine massive Irreführung der Verbraucher,
wenn die Vorlage der Regierung in Kraft träte. "Trotz aller
Klimaschutzrhetorik bleibt alles beim Alten: Wo Verbraucheraufklärung
draufsteht ist tatsächlich Verkaufsförderung für schwere und
klimaschädliche Dickschiffe enthalten", sagte Resch. "Die seit über
zehn Jahren bewährte Kennzeichnung der Energieeffizienz von
Elektrogeräten wird dazu missbraucht, den Autokäufer gezielt
fehlzuleiten."
Besonders ärgerlich sei, dass die Bundesregierung mit ihrem
Entwurf eine seit Jahren von Umweltverbänden und dem ökologisch
orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) vorgebrachte Forderung
nach Einführung eines vergleichenden Effizienzlabels für neue Pkw
nach dem Vorbild des bunten Energielabels für Kühlschränke,
Waschmaschinen usw. ( sog. "Weiße Ware") aufgreife, um sie dann in
ihr Gegenteil zu verkehren. Richtig und wichtig sei die geplante
Angabe der Kosten für die Jahressteuer sowie die jährlichen
Kraftstoffkosten bei einer Laufleistung von 20.000 Kilometern auf dem
neuen Energieeffizienzlabel.
Kardinalfehler des Entwurfs sei aber, dass Fahrzeuge mit höherem
Verbrauch und in der Konsequenz höheren CO2-Emissionen bei der
Ermittlung der Effizienzklassen durch ihr höheres Gewicht massiv
bessergestellt werden. Im Ergebnis komme es zu klaren Fehlanreizen,
weil Autokunden zum Kauf schwerer und hochmotorisierter Pkw animiert
würden, denen eine günstigere Energieeffizienz bescheinigt werde als
leichteren Kleinwagen mit geringerem Kraftstoffverbrauch und
entsprechend niedrigerem CO2-Ausstoß.
Außerdem wiederhole der Regierungsentwurf einen Fehler, der schon
seit Jahren die Wirksamkeit des Effizienzlabels für "Weiße Ware"
belastet, indem er für die Fortentwicklung A+ bis A+++
-Kennzeichnungen vorsehe und die Anpassung an die reale
Effizienzentwicklung ("Dynamisierung") nur alle acht - statt wie von
der DUH gefordert alle drei - Jahre vorsieht. Im Ergebnis würden in
schon wenigen Jahren alle relevanten Fahrzeugmodelle mit A, B
gekennzeichnet, was wiederum die Autokunden in die Irre führe und den
Druck auf die Hersteller reduziere, effizientere Fahrzeuge
anzubieten. Durch Stellungnahmen der DUH ist es offensichtlich
gelungen ist, eine Verschlechterung (und damit Verstoß gegen
EU-Recht) bei der Kennzeichnung der Neufahrzeuge im Verkaufsort
wieder rückgängig zu machen. Offensichtlich auf Wunsch von Autobauern
und Autohandel verzichtet der Staat hingegen nach wie vor auf die
auch von der EU geforderte eigene Kontrolle und Ahnung von Verstößen.
Resch betonte, die Regierungsvorlage verstoße klar gegen EU-Recht,
wonach die EU-Rahmengesetzgebung bei der Umsetzung in nationales
Recht der Mitgliedstaaten entweder eins zu eins oder weitergehend
("schutzverstärkend") umgesetzt werden müsse, niemals jedoch
abschwächend. Schon die aktuell geltende Regelung sei nicht mit
EU-Recht vereinbar, nun plane die Bundesregierung eine weitere
Verschlechterung des Verbraucherschutzes. "Wenn dieser
Regierungsentwurf in Kraft treten sollte, wird die DUH als
klageberechtigter Verbraucherschutzverband national und auf EU-Ebene
dagegen vorgehen", kündigte Resch an. In Brüssel werde die DUH in
diesem Fall die EU-Kommission zur Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland auffordern und hier
über eigene Musterklagen die EU-Rechts-Widrigkeit gerichtlich
feststellen lassen, so der DUH-Bundesgeschäftsführer.
Link:: http://www.duh.de/2559.html
-DUH-Hintergrund: "Rechtswidrigkeit der Regierungsvorlage
Pkw-EnVkV (BR-Drucksache 281/11) vom 18. Mai 2011" -Brief an
Länderminister zur Abstimmung im Bundesrat vom 03. Juni 2011
-NDR-Beitrag zu Energieverbrauchskennzeichnung
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10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171 3649170, E-Mail:
resch@duh.de
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4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-72, Mobil: 0151 16225862, E-Mail:
saar@duh.de
Agnes Sauter Leiterin Verbraucherschutz Fritz-Reichle-Ring 4, 78315
Radolfzell, Mobil: 0175 5724833, E-Mail: sauter@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politikund Presse, Hackescher Markt 4,
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Datum: 15.06.2011 - 11:07 Uhr
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