Deutschland versagt beim Kühlgeräterecycling: DUH-Beschwerde in Brüssel
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Mangelhafte Entsorgung FCKW-haltiger Kühlgeräte verursacht
jährlich Klimagasemissionen von umgerechnet fast sechs Millionen
Tonnen CO2 - EU-Vorgabe zur wirksamen Behandlung von FCKW-haltigen
Kühlgeräten nach den besten verfügbaren Techniken wird nicht
eingehalten - Deutsche Umwelthilfe fordert von Umweltkommissar
Potočnik Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen
Deutschland
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) hat bei der EU Beschwerde
wegen der seit Jahren andauernden, nicht ordnungsgemäßen Entsorgung
von Kühlgeräten in Deutschland eingelegt, die noch den Klima- und
Ozonschicht-Killer FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe) enthalten und
Umweltkommissar Janez Potočnik um die Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland gebeten.
Hintergrund der DUH-Initiative ist die von der Umweltorganisation
seit vier Jahren ohne erkennbaren Erfolg angeprangerte mangelhafte
Entsorgung von Kühlschränken und Kühltruhen in Deutschland. Weil
immer noch mehr als drei von vier ausrangierten Kühlgeräten FCKW
enthalten, summiert sich die jährliche unnötige Klimabelastung auf
umgerechnet fast sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Brüssel
schreibt in der EU-Altgeräterichtlinie 2002/96/EG eine umweltgerechte
Entsorgung von Kühlgeräten nach den besten verfügbaren Techniken vor.
Diese Vorgabe wird in Deutschland nach Überzeugung der DUH seit
Jahren nicht umgesetzt. Zudem verzichten die für den Vollzug
zuständigen Bundesländer EU-rechtswidrig auf eine wirksame Kontrolle.
Als beste verfügbare Technik gilt nach EU-Recht der effizienteste
und fortschrittlichste Entwicklungsstand, um Umweltauswirkungen zu
vermeiden bzw. zu vermindern. Eine Technik ist demnach dann
verfügbar, wenn ihre Anwendung unter wirtschaftlich und technisch
vertretbaren Verhältnissen möglich ist. Doch während in Deutschland
in den vergangenen Jahren nur durchschnittlich 40 bis 60 Prozent der
FCKW-Frachten aus alten Kühlgeräten zurückgewonnen wurden, liegt die
Quote in Recyclinganlagen anderer Länder bei nachgewiesenen mehr als
90 Prozent. "Eine Mindestrückgewinnung von 90 Prozent der FCKW aus
alten Kühlgeräten ist definitiv Stand der Technik. Die Tatsache, dass
hierzulande eine Recyclinganlage mit nur knapp über 50 Prozent
FCKW-Rückgewinnung legal operieren kann, beweist, dass Deutschland
die europäische Gesetzgebung nicht korrekt umsetzt", erklärt
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Deshalb habe die DUH nun,
nach vielen Fachgesprächen und jahrelangen vergeblichen Versuchen,
die Behörden und die betroffenen Recyclingunternehmen zu einer
EU-rechtskonformen Kühlgeräte-Entsorgung zu bewegen, "zu dem letzten
Mittel der EU-Beschwerde gegriffen". Auf insgesamt elf Seiten wird
die Situation dokumentiert.
Bei der Kühlgeräteentsorgung werden FCKW sowohl aus dem
Kältekreislauf als auch aus der Schaumisolierung zurückgewonnen und
unschädlich gemacht. In Kühlgeräterecyclinganlagen in anderen
Ländern, wie beispielsweise Österreich, Schweden, Griechenland oder
in der Schweiz, werden nachgewiesenermaßen durchschnittlich mehr als
90 Prozent der FCKW zurückgewonnen. Die Ermittlung der
Rückgewinnungsquoten erfolgt über so genannte Stoffstrombilanzen
aller in diesen Anlagen behandelten FCKW-haltigen Kühlgeräte. Dabei
wird die tatsächlich zurückgewonnene FCKW-Menge mit der in den
behandelten Kühlgeräten insgesamt enthaltenen FCKW-Menge verglichen.
In Deutschland wurden die Anforderungen an eine Behandlung nach
den besten verfügbaren Techniken (sog. Stand der Technik) im
Elektroaltgerätegesetz (ElektroG) zwar formal umgesetzt. Die
Präzisierungen zum Stand der Technik für die Behandlung von
FCKW-haltigen Kühlgeräten in der Technischen Anleitung zur
Reinhaltung der Luft (TA Luft) und im Altgeräte-Merkblatt der
Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA Merkblatt 31) stellen
jedoch die Behandlung nach den besten verfügbaren Techniken
offensichtlich nicht sicher. Dies belegen aktuelle Untersuchungen des
Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). Zwar
erwiesen sich die vier geprüften stationären Recyclinganlagen
gemessen an den Vorgaben der TA Luft als dicht, die Grenzwerte wurden
eingehalten. Dennoch wurden in keiner der untersuchten Anlagen im
Mittel mehr als 90 Prozent der in den Kühlgeräten enthaltenen FCKW
zurückgewonnen. Bei einer Anlage lag die Rückgewinnungsrate von FCKW
aus dem Kühlkreislauf sogar bei nur 65 Prozent durchschnittlich, bei
einer anderen bei nur 52 Prozent aus der Isolierung.
"Die Ergebnisse der ZVEI-Untersuchungen bestätigen eindrucksvoll,
dass das bisher in Deutschland übliche Verfahren von
Selbstüberwachung, jährlichen Leistungstests und Anforderungen an die
Dichtigkeit von Recyclinganlagen die Behandlung von FCKW-haltigen
Kühlgeräten nach den besten verfügbaren Techniken nicht
sicherstellt", betont die Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH,
Maria Elander. Umso ärgerlicher sei die standhafte Weigerung der
Bundesregierung, in Deutschland FCKW-Stoffstrombilanzen verpflichtend
einzuführen. "Jede weitere Verzögerung, hierzulande obligatorische
Stoffstrombilanzen nach dem Vorbild anderer EU-Staaten einzuführen,
kann nur als bewusste Billigung der miserablen Recyclingpraxis zu
Lasten des Klimas und der Ozonschicht verstanden werden." Deshalb
hoffe die DUH nun auf ein konsequentes Durchgreifen der EU.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: 0171 3649170, E-Mail:
resch@duh.de
Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil:
0160 5337376, E-Mail: elander@duh.de
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Datum: 14.07.2011 - 10:39 Uhr
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