WAZ: Der Präsident und die Mailbox. Leitartikel von Ulrich Reitz

WAZ: Der Präsident und die Mailbox. Leitartikel von Ulrich Reitz

ID: 549374
(ots) - Man würde, nach aller geschriebenen Kritik schon aus
Gründen gefühlter Gerechtigkeit, den Bundespräsidenten gerne einmal
verteidigen. Nicht aus Neigung zu Christian Wulff, sondern aus
Respekt vor dem obersten Staatsamt. Nur: Welche Entlastungs-Argumente
ließen sich denn ins Feld führen? Es fallen einem einfach keine ein.
Der Präsident jedenfalls liefert sie nicht. Stattdessen erhebt er
sich erst zum Vorbild an Transparenz, um dann bei erster Gelegenheit,
bei der diese Offenheit zu belegen wäre, zu kneifen. Soll man allen
Ernstes der Erklärung Wulffs folgen, sein Anruf auf der Mailbox des
Bild-Chefredakteurs sei nur für diesen bestimmt gewesen und daher
nicht frei zur Veröffentlichung? Spätestens, als der Präsident im
Fernsehen behauptete, es sei ihm nicht um die Verhinderung von
Berichterstattung gegangen, sondern nur um deren Aufschub, hatte er
eine Tatsachenbehauptung in die Welt gesetzt. Eine, der Bild
widerspricht. Es geht also nicht mehr um die Frage: Private
Mitteilung oder nicht, sondern: Wer sagt die Wahrheit - die Zeitung
oder das Staatsoberhaupt? Bild besitzt den Beweis, der Präsident
nicht. Die Zeitung kann gar nicht anders: Sie muss den Anruf jetzt
veröffentlichen. Der Springer-Verlag sollte seine Weigerung, dies zu
tun, aus staatspolitischen Gründen überdenken. Sollte nämlich Wulff
im Fernsehen eine falsche Darstellung abgeliefert haben, wäre das der
berühmte Tropfen zu viel. Ein Staatsoberhaupt, das lügt -
unvorstellbar. Frage: Weshalb schreibt der Präsident an den
Bild-Chef, seine Version habe er "nach meiner Erinnerung" und "trotz
meiner emotionalen Erregung" zum Ausdruck gebracht? Will Wulff
vorbeugen? Würde der Wortlaut öffentlich, würde dabei klar, dass er
tatsächlich den Bild-Bericht stoppen wollte, dann handelte es sich
nicht mehr um eine Lüge, sondern nur noch um eine getrogene


Erinnerung. Sie wäre, so dann die nächste Verteidigungslinie, nicht
mehr eines Rücktritts wert. Wulff beschwert sich, dass Teile seiner
"Kriegs"-Mailbox-Nachricht anderswo veröffentlicht wurden. Er
verbiegt die Dinge. Er hätte den Anruf eben sein lassen sollen. Wäre
es ihm nur um Verschiebung der Berichterstattung um einen Tag
gegangen - weshalb hätte er sich dann für einen "schweren Fehler"
entschuldigen müssen? Fazit: Es naht der Zeitpunkt, da ein Verbleiben
Wulffs im Staatsamt mehr Schaden stiftet als ein Rückzug.



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Datum: 05.01.2012 - 19:29 Uhr
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