Lausitzer Rundschau: Zur Haushaltsplanung der Bundesregierung / Schäubles Wunsch-Etat / Von Stefan Vetter
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deutscher Finanzminister mehr sonderlich mit Ruhm bekleckert. Es war
das letzte Jahr, in dem der Bund mehr eingenommen als ausgegeben hat.
Nun schickt sich Wolfgang Schäuble an, den Geist von 1969 neu zu
beleben. Nach dem aktuellen Haushaltsentwurf für das kommende Jahr
und der mittelfristigen Finanzplanung soll der Bund schon 2016 nicht
nur nicht mehr ausgeben als einnehmen. Schäuble will sogar mit dem
Tilgen der horrenden Bundesschulden beginnen. Schön wär's. Doch der
Plan ist eigentlich schon Makulatur, bevor die Regierung am heutigen
Mittwoch einen förmlichen Beschluss darüber fassen will. Das hat
mehrere Gründe. Nach langem Gefeilsche um die notwendige
Zweidrittelmehrheit für den europäischen Fiskalpakt haben die Länder
erst letzte Woche dem Bund kostenträchtige Zugeständnisse abgerungen,
die in Schäubles Zahlenwerk bislang keinerlei Berücksichtigung
finden. Zwar beteuert sein Ressort, dass die Neuverschuldung - 2013
immerhin noch knapp 19Milliarden Euro - deshalb nicht stärker
steigen müsse. Doch an eine Schuldentilgung ist praktisch nicht mehr
zu denken. Hinzu kommt, dass der Bund den Ländern einen
Freifahrtschein ausgestellt hat, den im Vergleich zur deutschen
Schuldenbremse noch steileren Schuldenabbaupfad im Fiskalpakt nicht
ganz so ernst zu nehmen. Laut Abmachung trägt der Bund mögliche
Strafzahlungen nämlich allein, egal ob die Länder dazu ihren Teil
beigetragen haben oder nicht. Das ist ein schlechtes Signal, denn es
suggeriert, dass der Bund aus dem Vollen schöpfen kann. Kann er aber
nicht. Erst am Montag wurde bekannt, dass die gesamtstaatliche
Verschuldung inzwischen einen Rekordwert von fast 2,1 Billionen Euro
erreicht hat. Weit mehr als die Hälfte davon zu Lasten des Bundes.
Als europäisches Sparvorbild taugt Deutschland trotz gegenteiliger
Darstellung also mitnichten. Womit ein weiteres Kardinalproblem der
aktuellen Haushaltsplanung umschrieben wäre. Die immer noch
vergleichsweise prächtige Konjunktur leistet dem politischen
Irrglauben an einen ewigen Aufschwung offenbar weiter Vorschub. Dabei
gibt es bereits genügend Vorboten für eine Eintrübung der Lage:
weniger Auftragseingänge, Personalabbau in großen Konzernen,
schwächelndes Wachstum und mittelfristig auch wieder höhere Zinsen
für deutsche Staatsanleihen. Von einer möglichen Pleite Griechenlands
und der Flucht solcher Schwergewichte wie Italien oder Spanien unter
den Euro-Rettungsschirm ganz zu schweigen. So wird die aktuelle
Regierungsvorlage zum reinen Wunsch-Haushalt. Ein Etat, der nahezu
alle Risiken ignoriert und die nationale Wirtschaftskraft
überschätzt. Schäuble läuft Gefahr, in Sachen Schuldenabbau schon
bald in einem Atemzug mit seinen Vorgängern Steinbrück und Eichel
genannt zu werden - engagiert, aber gescheitert.
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Datum: 26.06.2012 - 21:21 Uhr
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