"Lokale Medien können das Heimatgefühl stärken" / 10. Augsburger Mediengespräche über die Bedeutung des Lokalen in der digitalen Welt
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keine allgemeingültige Definition gibt. Es gibt eine Renaissance der
Heimat und des Lokalen und beides hat nicht nur in der realen Welt
Bedeutung, sondern auch im Netz. Darin waren sich die Diskutanten der
zehnten Augsburger Mediengespräche unter dem Titel "Global - lokal -
glokal: Wie wichtig ist das Lokale in der digitalen Welt?" am
gestrigen Donnerstag im Augsburger Rathaus einig.
"Es drängt sich der Eindruck auf, dass eine Sehnsucht nach Heimat
besteht, man entsprechende Angebote gerne wahrnimmt, aber zu wenige
bereit sind, sich im Lokalen zu engagieren", erklärte der Präsident
der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Siegfried Schneider,
bei der Begrüßung der rund 200 Gäste. Die lokalen Medien können hier
eine wichtige Rolle spielen, so Schneider weiter, da sie
Identifikation ermöglichen und Orientierung bieten.
Auch der Oberbürgermeister von Augsburg, Dr. Kurt Gribl, betonte
in seinem Grußwort, dass die lokalen Medien das Heimatgefühl stärken
können. Er lobte speziell die Augsburger Medien, "die ein Gespür
dafür haben, was die Menschen bewegt". Er selbst verfolge
mittlerweile auch im Urlaub über seinen Tablet-PC die
Berichterstattung der Lokalzeitung.
Im ersten Teil der Diskussion, die von Sabine Arndt, Moderatorin
bei 17:30 Sat.1 Bayern geleitet wurde, ging es vor allem um den
Begriff Heimat.
Prof. Dr. Hans Zehetmair, ehemaliger Kultus- und
Wissenschaftsminister und seit 2004 Vorsitzender der
Hanns-Seidel-Stiftung, mahnte an, dass Heimat nicht nur Nostalgie
sein dürfe. Heimat sei ein Wertebegriff, der gelebt werden müsse.
Zehetmair hatte in seinem ersten Jahr als Kultusminister für das
Schuljahr 1986/87 das Motto "Heimat bewusst leben" vorgegeben und ist
Autor des Buches "Heimat heute".
Für Volker Klüpfel, bekannter Krimiautor und ehemaliger Redakteur
u.a. bei der Augsburger Allgemeinen, für den das Allgäu nach wie vor
seine Heimat ist, auch wenn er jetzt in Augsburg lebt, ist Heimat vor
allem eine Chiffre: "Die Leute wollen ein Heimatgefühl. Es ist ein
Zeichen für das Bedürfnis nach Beschaulichkeit."
Prof. Dr. Marita Krauss, Inhaberin des Lehrstuhls für Bayerische
und Schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg,
betonte, dass Heimat etwas sehr Individuelles ist, das sich wandeln
darf, aber immer auch bewahrt und gepflegt werden muss. Heimat
bedeute auch, so Prof. Krauss, dass man Menschen, die neu an einen
Ort kommen, integrieren müsse: "Man muss Vielfalt als Chance
begreifen."
Deutlich kritischer als die anderen Podiumsteilnehmer sieht der
Kulturjournalist Dr. Alexander Kissler den Begriff Heimat: "Heimat
ist immer auch ein Sehnsuchtsort, der durch die Heimatindustrie
befriedigt wird." Für Kissler ist Heimat angesiedelt in einem
Geflecht zwischen Heimatgefühl, Heimattümelei und Heimatindustrie.
Man dürfe nicht vergessen, dass Heimat auch ausgrenzen könne und in
unserer heutigen "fluiden Existenz" wie eine Uniform getragen werde.
"Vielleicht ist Heimat am ehesten da, wo man begraben werden will",
so Kissler.
Horst Bonhorst, ehemaliger Chefredakteur der Augsburger
Allgemeinen, in Nürnberg geboren, im Ruhrgebiet aufgewachsen und seit
langem in Augsburg lebend, plädierte dafür, einen Plural für das Wort
Heimat zu schaffen, da er sowohl Augsburg als auch das Ruhrgebiet als
Heimat empfinde. Bonhorst war es auch, der als erster die Rolle der
Medien thematisierte, die den zweiten Teil der Diskussion
beherrschte. Seiner Ansicht nach werden die lokalen Medien, vor allem
die Lokalzeitung, auch in der digitalen Welt überleben: "Sie sind es,
die mit ihrem Qualitätsjournalismus ein ordnendes Element und
Seriosität ins Netz bringen", so Bonhorst.
Für Prof. Krauss liegt die Gefahr der Kommunikation im Netz vor
allem darin, dass vieles anonym publiziert wird. Manche Blogger
sitzen an einem "anonymen Weltstammtisch", so Krauss und äußern sich
entsprechend, während in der Lokalzeitung auch im Netz die jeweiligen
Autoren mit Klarnamen genannt werden.
Für Prof. Zehetmair ist das Problem im Netz die oft fehlende
Seriosität. "Das Netz ist in der Pubertät", so Zehetmair, "da gibt es
einen großen Erziehungsauftrag".
Deutlich weniger kulturpessimistisch sieht Volker Klüpfel das
Internet: "Das Internet demokratisiert den Zugang zu den Medien.
Jeder kann zum Autor werden, das ist gerade im Lokalen wichtig."
Kissler wehrte sich gegen die These, dass Zeitungen per se seriös
wären, das Netz dagegen unseriös. "Das Netz ist neutral. Dort
publizieren keine Marsmenschen, sondern wir. Also müssen wir uns
ändern." Der Publizist plädierte deshalb eindringlich für eine
Medienkunde in der Schule, die diesen Namen auch verdient.
Diese Informationen finden Sie auch im Internet unter: www.blm.de
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Datum: 21.09.2012 - 13:44 Uhr
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