DER STANDARD - Kommentar "Zeiten fokussierter Unintelligenz" von Alexandra Föderl-Schmid
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Politiker. Noch gut in Erinnerung ist der 25. September 2008: drei
Tage vor dem Wahltermin wurden eine üppige Erhöhung der Pensionen,
ein Heizkostenzuschuss, eine Anhebung von Familienbeihilfe und
Pflegegeld sowie zahlreiche Steuerbefreiungen beschlossen.
Kostenpunkt der Geschenke, die in einer einzigen Sitzung zum Teil
einstimmig gewährt wurden: 2,8 Milliarden Euro. Mit etwas mehr
Vorlauf treffen fünf Jahre später die Regierungsparteien
Vorbereitungen, erneut Wahlzuckerl unters Volks zu schmeißen: Diesmal
geht es um die Pendlerpauschale. Auf 110 Millionen Euro Mehrkosten
summieren sich die von der ÖVP vorgestellten Pläne zur Neugestaltung
der Subvention jener, die mit dem Auto vom Wohn- zum Arbeitsplatz und
zurück pendeln. Damit werden nicht nur Bewohner strukturschwacher
Gebiete unterstützt, sondern es wird die Zersiedelung weiter
gefördert und auf eine ökologische Lenkungsmöglichkeit verzichtet.
Fast ein Viertel der Bezieher der Pendlerpauschale verdient mehr als
50.000 Euro brutto jährlich. Damit profitieren Besserverdiener
stärker als Menschen mit niedrigerem Einkommen. Diese Schieflage ist
auch der SPÖ bekannt. Selbst wenn Kleinverdiener nun einen kleinen
Ausgleich erhalten sollen: Diese Pauschale trägt zur Verstärkung der
sozialen Ungerechtigkeit in diesem Land bei. Aber ÖVP und SPÖ haben
stur die nächsten Wahlen im Blick: In Niederösterreich wird jeder
dritte Euro dieser Pauschale ausbezahlt - dort wird bekanntlich im
Frühjahr gewählt. Auch in Tirol und Kärnten, wo ebenfalls Urnengänge
anstehen, gibt es viele Pendler. Im Jahr 2011 haben 1,136 Millionen
Menschen die Pendlerpauschale bezogen. Zum Vergleich: Bei der letzten
Nationalratswahl gab es 6,350 Millionen Wahlberechtigte. Die Pendler
stellen somit ein beträchtliches Wählerpotenzial da, mit denen es
sich - so wie bei den Pensionisten - die sogenannten Volksparteien
nicht verderben wollen. Wie der dreistellige Millionenbetrag
finanziert werden soll, ist bisher von Finanzministerin Maria Fekter
(VP) nicht erklärt worden. Zumal im Februar erst ein Sparpaket
geschnürt worden ist, das beträchtlichen Teilen der Bevölkerung
einiges abverlangt. Trotz dieser von Regierungsseite vorgegebenen
Einschnitte wurde im Nationalrat eine Verdoppelung der
Parteienförderung auf 33,1 Millionen Euro beschlossen - um für den
Wahlkampf das nötige Körberlgeld zu haben. Keine Frage: Die
Demokratie braucht Parteien, die nicht vorwiegend von privaten
Sponsoren finanziert werden. Aber zu dem Zeitpunkt eine derartig
üppige Anhebung zu verkünden und gleichzeitig als Regierung dem
Parlament aus Spargründen eine Verkleinerung vorzuschreiben, ist
demokratiepolitisch schädlich. Dass diese Woche Mandatare von SPÖ und
ÖVP das Vorhaben, die Zahl der Abgeordneten von 183 auf 165 zu
verringern, ablehnten, ist ein Zeichen für selbstbewussten
Parlamentarismus. Nur mit anschwellenden Bocksgesängen in
Wahlkampfzeiten kann man versuchen, die Position von
Koalitionspolitikern in den EU-Budgetverhandlungen zu erklären: Die
Logik, dass Österreich auf jeden Fall einen Rabatt haben will, aber
bereit ist, unterm Strich mehr zu zahlen, ist nicht nachvollziehbar.
Aber wie sagte einst der Wiener Bürgermeister Michael Häupl:
"Wahlkampfzeiten sind Zeiten fokussierter Unintelligenz."
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Datum: 23.11.2012 - 20:05 Uhr
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Die Koalitionsparteien begehen erneut den Fehler, teure Wahlgeschenke zu verteilen Wien
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