Von der patriarchalischen Führungsstruktur zur Matrixorganisation

Von der patriarchalischen Führungsstruktur zur Matrixorganisation

ID: 1712

Die meisten mittelständischen Unternehmen sind durch einen patriarchalischen Führungsstil und eine entsprechende Führungsstruktur geprägt – besonders, wenn sie in Familienhand sind. Diese Form der Organisation stößt spätestens dann an ihre Grenzen, wenn das Unternehmen international wachsen will oder muss. Um diesen Schritt bewältigen zu können, empfiehlt sich die Umstellung auf eine Matrix-Organisation.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen aus dem Bergbausektor, welches seit 30 Jahren erfolgreich Fördertechnik für Güter und Menschen unter Tage produziert und vertrieben hat, gründet Niederlassungen in Brasilien und Australien. Deren Aufgaben beschränken sich zuerst auf die Montage vor Ort. Die Geschäfte laufen so gut, dass die Niederlassungen wenige Jahre später jeweils eine komplette Produktion aufbauen. Zudem hat das Unternehmen erkannt, dass auch ein großer Bedarf an Fördertechnik für Menschen, Infrastruktur und Informationen besteht, und sein Portfolio entsprechend erweitert. In der saarländischen Zentrale merkt man bald, dass die Bewältigung beider Herausforderungen – Internationalisierung und Portfolioerweiterung – das Unternehmen an seine organisatorischen Grenzen stoßen lässt.

Die Überforderung beginnt damit, dass in der Zentrale zu wenige Mitarbeiter verhandlungssicher Fremdsprachen sprechen können. Zudem stellen sich dringende Fragen wie „Wer entwickelt die Produkte für die regionalen Märkte?“, „Wer betreut die großen global agierenden Kunden?“, „Welche Produkte können mit unserem Anspruch fremdgefertigt werden?“, „Wie wird die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb, Marketing, Produktmanagement und Forschung und Entwicklung organisiert?“

Die Umstellung auf Matrix – worauf kommt es an?

In solchen Fällen empfiehlt es sich für das Unternehmen, auf eine dezentrale Matrixorganisation umzustellen, d. h. es muss sich so organisieren, dass Verantwortlichkeiten nicht strikt einer Führungskraft zugeordnet sind, sondern auf mehrere Köpfe in unterschiedlichen Funktionen verteilt werden. Es gilt das Wissen und die operative Leistungsfähigkeit des Unternehmens in einer schlanken, weltweiten Organisation abzubilden, ohne einen administrativen Wasserkopf aufzubauen. Über alle Standorte verteilt werden in dem Unternehmen für Bergbautechnik Verantwortliche für einzelne Anwendungen benannt, die weltweit ihr Spezialwissen intern bei Produktentwicklungen und extern bei Projekten einbringen. Das Marketing setzt sich aus marktnahen Regional-Marketingmanagern und einem zentralen Brandmanagement zusammen und bedient sich eines globalen Dienstleisternetzwerks, das sich nach Kompetenzen und Inhalten aufteilt. Das Produktmanagement entwickelt regional Lösungen, die am Standort gefertigt und montiert werden und im internen Cross-Selling auch anderen Niederlassungen für deren Märkte angeboten werden.




Voraussetzungen

Um von einer eher patriarchalischen Führungsstruktur auf eine Matrix-Organisation umzustellen, bedarf es eines oder mehrerer überzeugender Treiber in der Geschäftsführung, die den Handlungsbedarf herausstellen, die Ziele umreißen und allen am Prozess beteiligten Mitarbeitern konkrete einzelne Schritte für den Wandel vorgeben. Außerdem sollte die Unternehmenskultur auf ihre Veränderungsbereitschaft und Lernfähigkeit hin geprüft und dahingehende Defizite durch Maßnahmen wie Mitarbeiterversammlungen und Workshops geschlossen werden. Es ist wichtig, allen Mitarbeitern die strategische Richtung und die Ziele klar zu machen und jedem Einzelnen zu vermitteln, was diese in seiner täglichen Arbeit an Veränderungen mit sich bringen. Das erreicht man nur, wenn man den gesamten Prozess der Umstellung auf Matrix mit einer intensiven und workflowkompatiblen interdisziplinären Kommunikation begleitet.

Um die neuen Routinen zu etablieren, müssen Hierarchien und Abteilungsdenken aufgebrochen werden. Das lässt sich am besten über Impuls-Meetings, Denkzonen, Video-Konferenzen oder abteilungsübergreifende Projektgruppen erzielen. Natürlich müssen – falls noch nicht vorhanden – auch die technischen Voraussetzungen für transparente und konsistente Informationen geschaffen werden. Dazu gehören ein dialogfähiges Intranet, ein funktionierendes Customer-Relationship- (CRM) und Produktinformationsmanagement (PIM), welche aktiv im Workflow genutzt werden.

Fallstricke

Die Umstellung auf eine neue Führungsstruktur ist kein kleines Projekt, sondern ein komplexer Prozess, der auch einige Fallstricke bereithält. So kann es – etwa durch einen zu weitmaschigen Projektplan – zu einer Überforderung der Organisation kommen. Um dies zu vermeiden, sind enge, schnelle Abstimmungen zwingend notwendig. Die Führungskräfte müssen lernen zu delegieren und loszulassen, mit Kennzahlen und Vorgaben zu führen, nicht Teil jedes Projektes zu sein, sondern die Ergebnisse der Arbeits- und Projektgruppen kritisch und konstruktiv zu bewerten. Insgesamt sind Konfliktfähigkeit und Agilität gefordert.

Nicht selten steht das Unternehmen vor der Situation, dass Themen- und Verantwortungs-Fürstentümer aus Angst vor Machtverlust nicht aufgegeben werden. Von solchen Führungskräften müssen die Treiber absolute Konsequenz in der Umsetzung einfordern – nach dem Motto „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“. Selbstverständlich müssen die Verantwortlichkeiten klar definiert sein.

In einer Matrixorganisation kommt es automatisch zu einer Vielzahl von Schnittstellen. Damit der Überblick hierüber nicht verloren geht, müssen die Beteiligten lernen, im Netzwerk statt im Fließschema zu denken. Um eine Orientierungslosigkeit durch Verlust der alten Strukturen zu vermeiden, ist es wichtig, eine eindeutige Projekt-Benennung/-Indizierung mit präziser Aufgabenstellung und Zielsetzung aufzustellen, die klar zwischen Weg und Ziel, Prozess und Projekt trennt.

Besondere Herausforderungen bei internationaler Umsetzung

Stellt sich eine Organisation international auf Matrix um, hat sie einige weitere Herausforderungen zu bewältigen. Hier seien vor allem die unterschiedlichen Zeitzonen, mangelnde Sprachkenntnisse und interkulturelle Unterschiede genannt. In Indonesien etwa haben die Mitarbeiter ein anderes Verständnis von Standards wie Qualität, Kundenorientierung, Dienstleistung, Technologie, Nachhaltigkeit oder Sicherheit als in den USA. Auch die Unternehmenskulturen und Führungskonzepte sind regional meist sehr unterschiedlich. Hinzu kommen eine ungleiche technische Ausstattung sowie inkompatible Systeme.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen die Prozess-Treiber Begeisterung zur Selbständigkeit und Verantwortlichkeit auslösen, ohne Kolonialismus aufkommen zu lassen. Über Telekonferenzen und Workshops vor Ort gilt es, ein globales, kosmopolitisches, vernetztes Denken zu etablieren, welches dennoch Raum und Verständnis für den regionalen und persönlichen Charakter lässt. Statt in der Gleichschaltung, sollte die Chance in der Vielfalt gesehen und diese in der Organisation abgebildet werden. Nicht die Macht des Amtes oder Geldes gilt es zu kultivieren, sondern die Macht der Identifikation – sozusagen ein Crowdsourcing auf Unternehmensebene.

Die Umstellung von der patriarchalischen Führungsstruktur zur Matrixorganisation ist ein komplexer Prozess, bei dem nicht nur der organisatorische Wandel bewältigt werden will, sondern auch der kulturelle. Denn die Umstellung eines Systems ist das eine. Am Ende sind es die Menschen, die das System ausfüllen müssen. Diese Aufgabe der Organisationsentwicklung sollte nicht unterschätzt werden. Der Unternehmer, Geschäftsführer oder das Führungsgremium sollte sich von Anfang an fragen, ob ein solcher Prozess mit dem bestehenden Personal gestemmt werden kann oder ob man auf externe, darauf spezialisierte Berater zurückgreift.

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Datum: 23.05.2016 - 14:21 Uhr
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